Die Reise zu den Elfeninseln
nicht wirklich stört. Aber ich ärgere mich über die Zeit, die ich verliere. Sollte mir nicht längst jemand zu Hilfe gekommen sein? Vizekonsul Zitzerius, zum Beispiel. Oder Makri. Wenigstens sie hätte mich längst besuchen müssen. Vielleicht quält sie ja immer noch dieses unselige Elfenkind. Als ich endlich einschlafe, bin ich wütender als ein angeschossener Drache, und als ich am nächsten Vormittag aufwache, ist mein Zorn nicht schwächer geworden.
Es ist fast Zeit fürs Mittagessen, und allmählich nähere ich mich dem Punkt, an dem ich ernstlich erwäge, die nächste Person, die meine Zelle betritt, niederzuschlagen und einen Ausbruch zu riskieren. Der nächste Besucher ist Lord Khurd.
»Boah ist eine schmutzige Droge.« Er kommt recht schnell zum Punkt. »Es ist eine Geißel der Menschenländer und wurde noch nie auf Avula gesehen.«
»Nur, weil Ihr Euch nicht die Mühe gemacht habt, genauer hinzusehen. Und erspart es Euch bitte, mir einen Vortrag über Zauberei in der Nähe des Hesuni-Baums zu halten. Wenn ich das nicht getan hätte, wüsstet Ihr immer noch nichts von dem Boah.«
»Ihr behauptet immer noch, dass Ihr diese Substanz nicht selbst mitgebracht habt?«
»Natürlich habe ich das nicht getan. Glaubt Ihr ernsthaft etwas anderes?«
»Warum sollte ich das nicht tun?«, erkundigt sich der Elfenlord. »Ihr habt Euch bisher schwerlich als ein Mann präsentiert, der gern nüchtern ist. Ihr habt ein Fass Bier auf mein Schiff gebracht, und als es leer war, habt Ihr gestohlen, um Eure Sucht zu befriedigen. Ihr habt vielleicht geglaubt, dass Ihr unbeobachtet gewesen seid, als Ihr drei große Weinschläuche aus Sosaths Küche entwendet habt, aber ich versichere Euch, dass dies keineswegs der Fall war. Seit Eurer Ankunft auf Avula seid Ihr beinah pausenlos auf der Jagd nach Bier, die schließlich in einem, wie ich aus verlässlicher Quelle hörte, bisher noch nie dagewesenen Exzess am bevorzugten Treffpunkt der Waffenschmiede gipfelte. Und das nur einen Tag, nachdem Ihr und Eure Gefährtin so viel Thazis inhaliert hattet, dass Ihr nicht einmal mehr wusstet, wer Ihr selbst wart. Die Geschichte, wie Ihr mit den Schmetterlingen geredet habt, wird schon auf ganz Avula zum Besten gegeben.«
»Ich habe nicht mit den Schmetterlingen geredet«, widerspreche ich ihm so würdevoll wie möglich. »Und wohin soll das Gespräch eigentlich führen?«
»Es führt zu dem Schluss, dass Ihr eine Person mit höchst schlechtem Einfluss seid. Thazis ist zwar auf Avula nicht verboten, aber wir raten dringend von ihrem Verzehr ab. Und jetzt hat einer meiner ehrbarsten Ratgeber mir hinterbracht, dass er nicht nur drei Thazisrollen im Zimmer seiner Tochter gefunden hat, sondern sie hat ihn auch darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie nach Turai reisen will, um Gedichte zu schreiben. Seine Frau fürchtet, dass ihre Tochter mit einer durchbohrten Nase und einem Andenken orgkischer Liebe zurückkehren könnte.«
Irgendwie kommen wir ein bisschen vom Thema ab. Ich versichere Lord Khurd-al-Dah, dass er mich gern so viel kritisieren kann, wie er will, er jedoch nicht bestreiten kann, dass ich Beweise für höchst merkwürdige Vorgänge auf seiner Insel gefunden habe.
»Und was genau sind das für Merkwürdigkeiten?«
»Ich muss noch mehr Ermittlungen anstellen.«
»Nichts, was Ihr findet, kann die Tatsache ändern, dass Elith-la-Gipt Gulag-al-Floros erstochen hat. Ihr habt selbst mit einer Zeugin geredet.«
»Ich muss noch mehr Ermittlungen anstellen.«
Lord Khurd hat aber nicht vor, mich freizulassen. In drei Tagen fängt das Fest an, und mir wird allmählich die Zeit knapp.
»Ihr könnt doch Vases-al-Gipts Tochter nicht einfach ohne gründliche Untersuchung exekutieren.« Ich bleibe hartnäckig.
»Über ihre Strafe ist noch nicht entschieden worden.«
»Aber ihre Schuld scheint beschlossene Sache zu sein. Ihr müsst mir einfach gestatten, mit meinen Ermittlungen fortzufahren.«
Lord Khurd fühlt sich von meinem Tonfall beleidigt und erwidert scharf, dass seine Geduld mit mir langsam zur Neige geht.
»Na schön«, erwidere ich. »Obwohl es mich ehrlich überrascht, dass ein Elfenlord ein derartig schlechter Verlierer ist. In Turai würde sich die Aristokratie niemals so niederer Taktiken bedienen, wenn sie sich einer Niederlage gegenübersieht.«
Lord Khurds Kopf ruckt verblüfft herum.
»Was wollt Ihr damit sagen?«
»Na ja, es ist doch ganz klar, dass Ihr mich hier nur deshalb festhaltet, weil ich Euch auf dem
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