Die Reise zum Ich
ermöglicht wurde, die den Strom aus der Tiefe der Seele und die Möglichkeit zur Realitätserfahrung
blockierten. Diese Aufhebung der Hindernisse läßt sich mit der
Betäubung durch Alkohol, durch N20, durch Sauerstoffmangel
und so weiter vergleichen, die in Enthemmung oder Affekt
resultieren. Stimmt dieses neurophysiologische Modell, muß
sich die Wirkung der in diesem Buch behandelten Drogen auf
einem anderen Plan abspielen, denn die Enthemmung, die sie
hervorrufen, ist von anderer Qualität.
Dennoch vermittelt die erlebte Befreiung von den gewohnten
Hindernissen nur einen ersten Blick auf das, was die schließliche
Überwindung solcher Blockierungen oder die Umstrukturierung
dysfunktionaler
Persönlichkeitsmuster
freigeben
wird.
Werden beide auch auf gleiche Weise erlebt, sehen wir uns im
einen Fall einer bedingten Freiheit, im anderen dagegen einer
unumschränkten Freiheit gegenüber, die allen Widrigkeiten
zum Trotz Freiheit ist. Kommen wir noch einmal auf das Analo34
gon des Gefängnisses zurück: Es ist, als hätte man die Wache nur
eingeschläfert, nicht aber überwältigt oder erschlagen, da das Ich
von der Erleuchtung des Mystikers erschüttert wird. Der »alte«
oder »äußere Mensch« stirbt in dem Augenblick, da der »neue«
oder »innere Mensch« im Geiste geboren wird.
Vieles vom oben Gesagten gilt zu gewissem Grade auch für
Erfahrungen, die durch gewisse spirituelle Techniken, unter
bestimmten Umweltbedingungen oder durch personale »Übertragung« erreicht wurden. Zurückgezogenheit von der Welt zum Beispiel, ob in Form des »einfachen Lebens« oder mönchischer Abgeschiedenheit oder des sannyasin der Inder, bei dem alles Anhaften überwunden wird, gehören zur gleichen Kategorie; sie sind hilfreich für die Überwindung bestimmter Hindernisse, Ablenkungen und Konflikte, die jener Suche nach der transzendenten Erfahrung im Wege stehen. Es ist sicher eine
weit größere Leistung, den Zustand der Konzentration und
Lauterkeit inmitten eines bewegten Familienlebens in einer
städtischen Umwelt aufrechtzuerhalten, als in einer Höhle im
Himalayagebirge. Dennoch kann Abgeschiedenheit dem unschätzbare Hilfe leisten, der zu sich selbst finden muß, bevor er zu erkennen vermag, was er von anderen erwartet und was er
mit seinem eigenen Leben anfangen möchte. Ebenso dienen die
verschiedensten Formen der Meditation der Befreiung von der
gewohnten Erregtheit, die jene angestrebten Zustände transzendenten Erlebens ausschließen. Auch hier werden visionäre Erlebnisse nur durch die Ausschaltung aller Reize möglich, in
deren Fluten sie gewöhnlich unterzugehen pflegen. Dennoch ist
dieser - in Einsamkeit vor einer weißen Wand unter Ausschaltung aller Gedanken erreichte-vorübergehende Zustand nicht als Ausweichen vor den Komplikationen des Lebens zu verstehen. Vielmehr erweist er sich als Quelle der Stärke, die dem Individuum Kraft verleiht, ins Leben zurückzukehren um mit
den gestellten Problemen besser fertig zu werden.
Bei den durch Drogeneinwirkung ausgelösten visionären Erlebnissen wird bisweilen deutlich, daß hier spontan eine ähnliche Umgehung der personalen Konfliktbereiche stattfindet.
Und so dürfen wir sie mit der gleichen Elle messen, wie die auf
meditativem Wege erreichten. Doch haben sie eine negative
Seite: daß sie nur in einem engen Erfahrungsbereich den gesunden Realitätsbezug zulassen, wobei der Bereich der Persönlichkeitsdefekte vermieden wird. Positiv daran ist aber, daß solches Umgehen der Schwierigkeiten sich als funktional notwendiger
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Schritt zur partiellen Integration erweisen kann. Ist einmal eine
gewisse Zentrierung erreicht, wird der nächste Schritt sein, sie
auf die ganze Persönlichkeit auszudehnen, so wie die Meditation in ihrer äußersten Ausdehnung in Form ständiger Selbst-Bewußtheit und Tiefe auch das gewöhnliche Leben umfaßt.
Man mag den Verdacht hegen, daß solches Umgehen Voraussetzung jenes Zustandes ist, den ich als partielle transzendente Erfahrung bezeichnen möchte, und die sich trotz ihrer Intensität nur auf einen Bruchteil der Skala möglicher Qualitäten erstreckt. Manche Personen zum Beispiel erleben sehr angenehme ästhetische und religiöse Empfindungen, lassen indes im Bereich der menschlichen Empfindungen, die man irgendwo
dieser Wertskala zurechnen möchte, deutliche Ausfälle erkennen. Wollte man die betreffende Person in diesem Zustand auf ihre menschlichen Beziehungen ansprechen, würde
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