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Die Reise Zur Stadt Der Toten

Die Reise Zur Stadt Der Toten

Titel: Die Reise Zur Stadt Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Grat zwischen Zorn und Hysterie bewegte. »Als du den Fahrthebel betätigt hast, hast du vergessen, die zweite Sperre am Autopiloten zu lösen. Deshalb hat die Notschaltung auch nicht funktioniert.«
    »Das weiß ich«, murmelte sie. Sie war auf sich selbst wütend, das sah er, und nicht auf ihn. »Ich hab’ das Ding auf dem Bildschirm gesehen und Angst bekommen. Ich denke … ich habe wohl ein bißchen durchgedreht.«
    »Das hätte jedem passieren können«, sagte er mit weicher Stimme. Eigentlich wollte er das nicht sagen. In Wirklichkeit hätte er viel lieber seine Spannung abgebaut und sie eine hysterische blöde Gans genannt; aber das tat er nicht. Er gab sich sanft und verständnisvoll. Wahrscheinlich war das das Intelligenteste, was er getan hatte, seit er vor vielen Monaten in der Homanx-Station aus dem Shuttle gestiegen war.
    Was ihn aber wirklich konfus machte, war, daß er nicht wußte, warum er so handelte.
    »Ich wird’ jetzt alles durchchecken«, sagte er zu ihr. »Dieses Ding, das da plötzlich unter unserem Kiel heraufgekommen ist, hat uns einen ganz schönen Schubs gegeben. Ich möchte sicherstellen, daß dabei nichts abgebrochen ist.«
    Sie nickte. »Ich wird’ im Laderaum nachsehen.«
    Das dauerte ein paar Minuten, und dann kam sie früher als erwartet zurück. Ihre Miene war finster.
    »Etienne, wir haben einen Verlust erlitten.«
    »Was?« Er wirbelte den Sitz herum und starrte sie ungläubig an. »Wie? Wir sind doch rechtzeitig losgekommen.«
    »Einer der Träger. Sie hieß Uon. Als du Fahrt aufgenommen hast, wurde ich gegen die Wand geschleudert. Alle draußen wurden aufs Deck geworfen. Aber Uon stand oben in der Nähe des Mastes. Als wir nach vorn schossen, verlor sie den Boden unter den Füßen und stürzte. Es scheint, daß sie sich den Schädel gebrochen hat. Sie ist tot.«
    Seine Finger krampften sich in die Sitzlehne. »Ich hatte keine Wahl«, knurrte er. »Noch eine Sekunde, und das Biest hätte uns verspeist.«
    »Das habe ich bereits Tyl und den anderen erklärt. Die verstehen vollkommen. Sie haben … eine Bitte geäußert.«
    Er blickte nicht auf. »Was wollen sie?«
    »Es wäre ihnen angenehm, wenn wir die Nacht über hier anhalten könnten, damit sie Uon in gebührender Form beisetzen können. Einzelheiten habe ich nicht gehört, aber anscheinend gehört dazu ein gewisses Ritual. Sie wollen, daß wir irgendwo in Ufernähe ankern.«
    »Ich denke, wir werden einen ruhigen Ort finden. Das ist das Wenigste, was wir tun können. Mir tut das wirklich leid, Lyra.«
    »Es war ebensosehr auch meine Schuld.« Sie lächelte kläglich. »Die haben es ernst und würdevoll hingenommen. Sie finden sich sehr gut mit dem Tod ab.«
    Jetzt blickte er auf. »Vielleicht besser als wir? Wenn das ein Zeichen sozialer Reife ist, will ich das einräumen.«
    Aber deswegen fühlte sie sich auch nicht besser.
    Sie fanden eine winzige Bucht, die die Strömung des Skar aus dem Flußufer herausgespült hatte. Der Nachthimmel war infolge der dichten Wolkendecke, die sich von einem Rand des Guntali zum anderen erstreckte, von stumpfem Grau.
    Lyra überwand ihre Sorge, indem sie sich in ihre Studien vergrub, und versuchte jede winzige Feinheit der Tsla-Beisetzungszeremonie aufzuzeichnen, die auf dem offenen Hinterdeck des Tragflächenbootes stattfand. Das erforderte den Einsatz von Fackeln, einem speziellen Pulver, das die Tsla bei sich trugen, und viel Gesang. Homat, der nicht den Wunsch verspürte, daran teilzuhaben oder auch nur zuzusehen, hatte auf seine Matte verzichtet und statt dessen am Bug, wo niemand ihn störte, ein Lager gefunden. Dort lag er und murmelte Geisterreime, während er sich über die Reling beugte, um phosphoreszierenden Wassertieren zuzusehen, winzigen superschnellen, muschelähnlichen Lebewesen mit zwei Kammern, die im Schatten des Schiffes Lichtwirbel erzeugten.
    Da sich Etienne wesentlich weniger als seine Frau für Eingeborenenriruale interessierte, hatte er sich in ihre Kabine zurückgezogen. Als sie dann hereinplatzte, riß ihn ihr Gesichtsausdruck aus seiner Lektüre. Sie taumelte gegen ihn, und er legte ihr beide Hände auf die Schultern, um sie zu beruhigen. Sie sah aus, als wäre ihr übel.
    »Was ist denn, Lyra? Was ist denn los?« Sie hatte die Tür hinter sich offen gelassen, und der gleichmäßige Gesang der Tsla hallte in ihren Schlafraum.
    »Bestattungsritual«, flüsterte sie und wäre an den Worten beinahe erstickt. Sie schob sich an ihm vorbei auf die Toilette zu. Der

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