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Die Reise Zur Stadt Der Toten

Die Reise Zur Stadt Der Toten

Titel: Die Reise Zur Stadt Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Rekorder, der ihr um den Hals hing, baumelte gegen ihre Brust.
    Neugierde gewann die Oberhand über seine Sorge, als er die Kabine verließ und nach achtern ging. Das Hinterdeck war von Fackellicht erleuchtet und ließ erkennen, was Lyra so schockiert hatte. Seine Reaktion war nicht ganz so heftig wie die ihre. Nicht, daß der Anblick ihn entzückt hätte; aber da er von den Tsla nicht viel hielt, war er nicht ganz so angewidert und enttäuscht wie seine Frau.
    Die Tsla waren ganz in ihr Beerdigungsritual versunken, und nur Tyl löste sich lange genug aus ihrer Mitte, um ihn zu begrüßen. Er blickte besorgt. Aber das Blut, das ihm aus dem Mund und von der Schnauze tropfte, milderte diesen Ausdruck etwas.
    »Lyra hatte es so eilig. Ich hoffe nur, wir haben sie nicht beleidigt.«
    Etienne beschwor unerwartete Reserven an Diplomatie in sich herauf. »Meine Frau sieht, daß du und deine Leute edler sind, als irgendeiner von uns sein darf. Das ist ein Nachteil, mit dem viele von uns Menschen sich abfinden müssen.«
    Tyls Nase zuckte, und seine großen, seelenvollen Augen wandten sich wieder der Tür zu. »Verstehe. Aber du empfindest da anders?«
    »In gewisser Weise ja. Ich billige das nicht. Aber ich verurteile auch nicht. Lyra würde das auch nicht tun, wenn sie ihre wissenschaftliche Ausbildung nicht aus den Augen verloren hätte.«
    »Ich bin sehr besorgt«, fuhr Tyl fort. »Es ist Teil des Rituals. Es muß am selben Tag geschehen, so schnell wie möglich nach dem Tod, weil sonst …«
    Etienne unterbrach ihn. »Die Gründe liegen auf der Hand, Tyl.« Er konnte den Blick nicht von der Szene auf dem Deck abwenden. »Es ist nur so, daß die Sitten bei uns … ah … eben ganz anders sind.«
    »Das kann ich nachfühlen.« Er deutete mit der Hand hinter sich. »Uon ist von ihren Freunden und Freundinnen sehr geliebt worden. Es wäre uns nie in den Sinn gekommen, ihre Seele in die Ewigkeit zu schicken, ohne diese Zuneigung in angemessener Weise zu zeigen.«
    »Wir empfinden dasselbe, nur daß wir uns dafür entschieden haben, bei unserer Gattung diese Liebe für den Hingeschiedenen mehr in metaphysischer als in unmittelbarer Weise auszudrücken.«
    »Sitten und Gebräuche sind überall unterschiedlich. Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt - ich muß teilnehmen, sonst wird Uons Seele mich nicht zu ihren Freunden zählen.«
    Etienne deutete. »Du hast Blut im Gesicht.«
    Tyl wischte es weg. »Das Resultat rituellen Kontakts. Sie ist sehr hart auf das Deck aufgeprallt.«
    Etienne verließ die Zeremonie, um in die Kabine zurückzukehren, und schloß die Tür hinter sich. Lyra saß auf dem Bett und starrte ausdruckslos auf einen xenologischen Chip, der sich auf dem Betrachter abrollte. Er bezweifelte, daß sie die Worte wahrnehmen konnte. Er setzte sich hinter sie und legte ihr beide Hände auf die Schultern.
    »Ich weiß, wie dir zumute ist«, sagte er hilflos. »Es ist nie angenehm, wenn einem Illusionen zerschlagen werden.«
    »So große Hoffnung«, murmelte sie enttäuscht. »Ich hatte solche Hoffnung auf sie gesetzt. Sie schienen so weit fortgeschritten zu sein, ohne das entsprechende technologische Trauma erlebt zu haben.«
    »Sie sind weit fortgeschritten«, sagte er zu seiner eigenen Überraschung. »Trotzdem ist es eine fremde Kultur, Lyra. Das darfst du nicht aus den Augen verlieren und darfst auch nicht zulassen, daß deine persönlichen Gefühle deine wissenschaftlichen Beobachtungen beeinträchtigen. Du darfst ihre Kultur ebensowenig anthropomorphisieren wie ihre Physiognomie.«
    »Wenn ich das getan habe«, erwiderte sie, »dann aus Hoffnung.«
    »Das sehe ich ein, und deshalb wirst du deinen Bericht-über die Beisetzungsgewohnheiten der Tsla ebenso detailliert und informativ wie jeden anderen Teil deiner Aufzeichnungen machen. Das ist sehr wichtig und wird mithelfen, deine Objektivität zu bestätigen. Andernfalls würde man den Rest deiner Arbeit bei diesen Leuten nicht für voll nehmen.«
    »Du hast natürlich recht.« Sie legte das Chip-Lesegerät beiseite und hantierte an ihrem Rekorder, während sie sich gegen Etienne lehnte. »Ich habe wohl keine Wahl, oder?«
    »Als Lyra Redowl schon. Als Xenologin, die die Interessen eines jeden Xenologen vertritt, der diese Reise nicht unternehmen konnte, hast du keine.«
    Sie nickte und stand auf. »Es war unprofessionell von mir, einfach so wegzurennen. Das hätte ich besser wissen müssen. Bei neuen Völkern muß man immer mit ein oder zwei Schocks

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