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Die Reise Zur Stadt Der Toten

Die Reise Zur Stadt Der Toten

Titel: Die Reise Zur Stadt Der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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hast du das vergessen? Wenn ich unten bin, bist du oben, und umgekehrt.«
    »Und ich dachte, du wolltest nach Turput zurück.«
    »Ich hätte nie gedacht, daß wir so weit kommen würden. Jetzt, wo wir hier sind, sterbe ich vor Neugierde, um zu lernen, wie die Tsla von Jakaie sich an diese rauhe Umgebung angepaßt haben. Die Architektur müßte hier völlig anders sein, die Anbaumethoden, das Kochen - eben alles. Gesellschaft als eine Funktion der Höhe. Darüber kann man eine ganze Arbeit schreiben.«
    »Die müssen sehr gut zusammenhalten.«
    »Das glaube ich auch. Aber wie kommst du darauf? Normalerweise kümmerst du dich doch nicht um mein Fach.«
    »Es muß einfach so sein. Anders können die sich doch gar nicht warmhalten.«
    »Denk nur immer an die armen Mai, wenn es dir kühl wird, Etienne.« Sie deutete auf die lange Reihe von Vroqupii und Brul. »Ich frage mich, wie weit die Temperatur noch absinken muß, bis sie Frostbeulen bekommen.«
    »Bis zum Gefrierpunkt, nehme ich an. Aber wenn man sie ansieht, glaubt man das nicht. Die Hälfte von ihnen frieren so, daß sie nicht einmal mehr zittern können. Völlig erstarrt.«
    Tatsächlich hatte seit Tagen kein einziger Brul mehr aufgegeben. Für diejenigen, die bisher durchgehalten hatten, war das Ganze zu einer Art Wettbewerb geworden. Jetzt würde keiner mehr so dicht vor dem Ziel aufgeben, aus Angst, diejenigen, die weitermachten, würden ihn verspotten.
    Was die Vroqupii anging, so konnten die zwar ohnehin keine Klagen vorbringen, schienen sich aber dem kalten Wetter viel besser als ihre Herren und Meister anzupassen. Ihr Tempo war jetzt langsamer geworden, gemessener, aber kein einziges Tier war ausgefallen. Ohne Zweifel bot ihr kurzes, helles Fell einigen Schutz gegen den Klimawechsel. Außerdem half es auch, daß sie immer wieder ausgespannt wurden, wenn eine besonders steile Stelle erreicht wurde, worauf dann Etienne oder Lyra das Boot und seine Räder auf den Repellern anhoben. Die Brul warteten immer voll Erleichterung auf solche Pausen.
    Sie erreichten viertausendachthundert Meter, dann viertausendneunhundert.
    »Morgen früh«, meinte Etienne, vor dem tragbaren Wärmegerät kauernd, das sie alle paar Tage aus den Batterien des Bootes aufluden. Er sehnte sich nach der Behaglichkeit ihrer geheizten Kabine. Auf Homats eindringlichen Rat hin schliefen sie im Freien; wenn sie das nicht taten, hatte der Mai sie gewarnt, gingen sie das Risiko ein, den Respekt der Brul zu verlieren. »Morgen früh werden wir den höchsten Punkt erreicht haben.«
    Er stellte seine sich selbst erhitzende Teetasse weg und schlüpfte unter die wärmeempfindliche Decke. Die Decke selbst war warm, aber der Boden darunter sehr hart. Ein Blick verriet ihm, daß die Temperatur elf Grad betrug.
    Morgen also, dachte er. Dann noch zwei Tage über Land nach Jakaie. Dort würden sie Freunde, ein Dach über dem Kopf und Feuer finden, die groß genug waren, um selbst die Brul zu erwärmen.
    Lyra saß immer noch vor dem Wärmegerät und starrte ihren Mann an. »Du kannst wohl nie nein sagen, wie, Etienne? Eine schlechte Angewohnheit, die uns eines Tages noch beiden das Leben kosten wird.« Sie lächelte. »Und die ganze Zeit hast du mich mitgeschleppt, wo ich doch am liebsten aufgegeben hätte und umgekehrt wäre, zurück nach Hause.«
    »Nach Hause?« Er hob die Brauen.
    »Nun, nach Turput eben. Für mich ist das inzwischen so etwas wie ein zweites Zuhause geworden.«
    »Trotz der unangenehmen Begräbnisrituale seiner Einwohner?«
    »Ich habe mit den Toten nicht viel Zeit verbracht. Das kann ich ja jeden Tag auf dem Boot tun.«
    »Sehr komisch.« Aber sie lächelte noch immer. Tyl saß ganz in der Nähe und gab den anderen Tsla für ihre nächtlichen Gesänge den Takt an. Etienne beobachtete sie, wie sie sich den Gesang anhörte, ohne nach ihrem Rekorder zu greifen. Das Licht vom Feuer der Träger erhellte ihr Profil und brannte die Jahre weg.
    Zehn Jahre beisammen. Sie war vor zehn Jahren sehr schön gewesen. Jetzt hatte die Arbeit im Feld sie hart und zäh gemacht und die vielen Stunden fern der Zivilisation - aber schön war sie immer noch. All die Giftigkeit und die gelegentliche Schärfe in ihrer Stimme konnten das nicht ändern.
    Sie bemerkte seinen Blick und wandte sich wieder ihm zu. »Ich muß mich wohl bei dir entschuldigen, daß ich umkehren wollte.«
    »Wie wär’s, wenn du mir statt dessen einen Kuß geben würdest? Es ist lange her, daß ich einen bekommen habe.

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