Die Reise Zur Stadt Der Toten
daß er bald schwer zu keuchen anfing. Ohne die gleichmäßige Sauerstoffzufuhr aus dem Atemgerät hätte er es nicht geschafft.
»Lehrer, kann ich dir helfen?« Yulour watschelte neben ihnen her. Etwas krachte links von ihm auf den Boden und zerschlug einen kleinen Busch zu Kleinholz. Die Na-Keule war größer als Yulour selbst.
Etienne hätte sich gern umgesehen, um festzustellen, wie nahe die Verfolger bereits waren, hatte aber dafür nicht genügend Atem. Das Stadttor war bereits nahe, und der inzwischen reparierte Torflügel gähnte ihnen einladend entgegen. Diesmal warteten bewaffnete Tsla auf den Mauern. Sie winkten und schrien und beschworen ihn, schneller zu laufen. Aber die Art von Aufmunterung brauchte er nicht.
Seine Beine fühlten sich bereits an, als bestünden sie aus Blei und warteten nur darauf, in den Boden zu versinken, und Lyra, die süße, liebliche Lyra … wenn sie nur noch so schlank und zierlich gewesen wäre, wie er sie in Erinnerung hatte!
Etwas traf ihn am Rücken, und er wäre fast gestürzt. Er taumelte, gewann das Gleichgewicht wieder zurück und rannte weiter. Ein stumpfer Schmerz fing dicht über seinem Kreuz zu brennen an, während wartende Hände ihn von seiner Bürde befreiten.
Sie setzten Lyra neben ihm ab, während er die letzte Luft aus seiner Atemmaske sog und dabei atmete, als hätte er die letzten dreißig Meter unter Wasser zurückgelegt. Schreie und Rufe drangen durch den Schleier seiner Erschöpfung.
»Ich bin zu müde, um mich aufzusetzen«, keuchte er. »Was passiert denn?«
»Frag mich nicht! Ich bin die mit dem verstauchten Knöchel - erinnerst du dich?«
»Ein Jammer, daß du dir nicht den Mund verstaucht hast.«
»Sei guten Mutes, Lyra«, sagte der beflissene Yulour. »Ich werde es feststellen.« Er bewegte sich auf das Tor zu.
Lange Augenblicke verstrichen, in denen Lyra ihren Knöchel massierte und Etiennes Kräfte langsam in ihn zurückfluteten.
»Das war richtig dumm von dir«, meinte sie schließlich. »Du hättest dir einen Bruch heben können.«
»Entschuldige«, sagte er, immer noch kurzatmig, »das nächste Mal laß ich dich fallen.«
»Das nächste Mal erschieße ich mich, ehe ich mich von denen mitnehmen lasse.« Sie bemerkte seinen Gesichtsausdruck und sah weg. »Dann ist es eben eine Sünde für einen Xenologen. Ich kann auch nichts dafür. Ich hab auch meine Gefühle. Was in aller Welt hat dich dazu veranlaßt, so etwas zu versuchen?« Als er keine Antwort gab, stieß sie ihn an der Schulter an. »Dreh dich um! Ich will deinen Rücken sehen. Ich hab gesehen, wje dich diese Keule erwischt hat.«
Unter einiger Mühe drehte er sich auf die Seite. Ihre Finger strichen prüfend über seine Hüfte; er zuckte zusammen.
»Die hätten dir das Rückgrat brechen können«, murmelte sie. »Du hast einen ganz schönen Bluterguß.«
»Das kann ich mir denken. Wo ist Yulour?«
Sie sah zum Tor hinüber. »Ich kann ihn nicht sehen, aber bis jetzt sieht es ganz gut aus. Auf den Mauern herrscht immer noch Geschrei. Aber das neue Tor sieht kräftiger aus als das alte.« Ihr Blick wandte sich wieder ihm zu. »Du bist ein Idiot, Etienne. Du hast mir das Leben gerettet.«
»Das war meine Absicht.«
»Warum?«
Er wälzte sich langsam zurück und starrte ausdruckslos zum Himmel. »Verdammt will ich sein, wenn ich das weiß.« Sein Gesicht verzerrte sich, als das Feuer an seinem Rücken neue Nervenenden erreichte.
»Ich werde wohl immer wieder darüber staunen, Etienne, wie oft du das Richtige tun und dann genau das Gegenteil sagen kannst. Bleib, wo du bist! Ich hole etwas aus dem Boot.« Sie schickte sich an aufzustehen und sackte gleich wieder zusammen. »Oh, verdammt! Ich habe vergessen, daß ich nicht gehen kann.«
»Was für ein vernünftiges Paar wir abgeben - stets auf unserer Hut«, murmelte er. »Wenn uns jetzt unsere Geldgeber sehen könnten.« Wenn er nicht zu erschöpft gewesen wäre, hätte er laut gelacht.
»Danke, daß du mir das Leben gerettet hast, Etienne - was auch immer du für Motive dafür gehabt hast.«
»Gern geschehen. Meinst du, du könntest mir beim Aufsitzen behilflich sein?«
»Sei vorsichtig!« warnte sie ihn.
Mehrere Gesichter starrten plötzlich auf sie herab; eines davon war ihnen vertraut.
»Hallo, Tyl!« Etienne zog die Knie an die Brust und versuchte so die Schmerzen in seiner Rückenpartie etwas erträglicher zu machen; die dortigen Nerven freilich waren damit nicht einverstanden.
Tyl vollführte eine höchst
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