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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Versicherungsfall, den er als Privatdetektiv für die betroffene Firma hatte sortieren sollen, war längst geklärt, mit Hilfe von Medina Cross, Leutnantin der Commonwealth-Polizei SIC. Die offenbar zu beschäftigt war, um ihm beim Trinken und Mopsen zu helfen. Als er am dritten Morgen verkatert am Frühstücksbuffet des Kennel stand und sich fragte, ob er überhaupt etwas essen konnte, kam sie in den Salon des teuren Hotels. Mungo versuchte ein Lächeln und legte den Finger auf die Lippen, als sie ihn ansprechen wollte.
    Mit einem Becher Kaffee setzte sie sich zu ihm, schwieg und sah widerwärtig frisch aus. Als er sicher war, daß sein Kaffee und auch der Toast mit Butter und Zylana-Rogen ihn nicht wieder verlassen würden, sagte er etwas über obszöne Morgenfrische.
    »Du dagegen scheinst furchtbar gelitten zu haben. Bist du unter mehrere Fässer dehydrierten Wein geraten oder so was?«
    Er nickte, vorsichtig; der Kopf barst nicht. »Die sonstigen Zerstreuungen von Kynossa finde ich nicht so hinreißend.«
    »Wir haben ganz gute Theater, interessante Musiker, TriVi-Kinos mit netten Klassikern; du könntest auch was lesen.«
    »Bist du hergekommen, um mich zu erziehen?«
    Sie lachte. »Hoffnungslos, wahrscheinlich. Nein.« Sie wurde jäh ernst. »Ich habe ein kleines Problem.«
    »Wie sieht das aus?« .
    Medina sah sich im halbbesetzten Speisesalon des Kennet um. »Nicht hier«, sagte sie leiser. »Kannst du gleich – wenn du fertig bist – mit ins SIC-Büro kommen?«
     
    Medinas Assistent, ein Garmate namens Toggel, hatte inzwischen ein paar Visifongespräche geführt.
    »Unergiebig«, sagte er, als die beiden anderen sich setzten. »Niemand weiß was. Angeblich.«
    »Also fünf Selbstmorde?« Carteret kratzte sich den Kopf. »Alle in eurer alten Hauptstadt Anubis?«
    »Und Umgebung.«
    »Wieviel habt ihr sonst?«
    Medina schnitt eine Grimasse. »Es gibt keine verläßlichen Zahlen, und die meisten derartigen Dinge behandeln die örtlichen aboyeurs . Aber ich schätze mal, daß es pro Jahr vielleicht drei oder vier sind. Auf dem ganzen Planeten.«
    Mungo pfiff leise. »Klingt nach Epidemie.«
    »Eben. Deshalb bitten die örtlichen Ermittler um Hil fe. Und weil wir so gut zusammengearbeitet haben, dachte ich, ich frag dich, ob dir was dazu einfällt.« Sie sah ihm in die Augen. »Mir nämlich nicht, ehrlich gesagt.«
    »Laß mal die Unterlagen sehen.«
    Aber nach Betrachtung der Unterlagen fiel auch Carteret nichts ein. Abgesehen von der Stadt beziehungsweise Gegend und dem Zeitpunkt (alle Opfer waren innerhalb von zwei Tagen gefunden worden) hatten die fünf Selbstmorde nichts gemein.
    Die Personen waren zwischen 22 und 78, zwei von ihnen waren Frauen, und so weit die aboyeurs von Anubis hatten feststellen können, gab es keine Berührungen zwischen ihnen. Ein 22jähriger Streuner in den Ruinen von Anubel, nördlich der Stadt, hatte sich erhängt; eine 31jährige Geschäftsfrau (Besitzerin eines Textilladens) in Anubis-Ost hatte Gift genommen; ein 40jähriger Verwaltungsbeamter aus dem Zentrum war vom Dach des höchsten Gebäudes gesprungen; eine 42jährige Witwe, Herrin eines reichen Landguts im Westen der Stadt, hatte sich in einem zum Gut gehörenden See ertränkt; ein 78jähriger Maler, angesehen und auf ganz Garm beliebt, hatte sich in seinem Atelier am Ufer des großen Cerberio erschossen. Keiner hatte an unheilbaren oder schmerzhaften Krankheiten gelitten, und außer dem Streuner, der aber an diesen Zustand gewöhnt gewesen sein sollte, hatte niemand wirtschaftliche Sorgen gehabt. Bei keinem der Toten ließen sich Spuren von Fremdeinwirkung oder Gewalt erkennen; Familienprobleme schieden ebenfalls aus, und der Leiter des Rudels der aboyeurs von Anubis hatte hinter seine Unterschrift fünf dicke Fragezeichen gemalt.
    »Das einzige, was unwahrscheinlich ist«, sagte Mun go, nachdem sie alles viermal hin und her beredet hatten, »ist diese Häufung. Wenn ihr kaum Selbstmorde habt, kann es eigentlich nicht sein, daß fünf Leute sich mehr oder minder gleichzeitig umbringen.«
    »Statistik«, murmelte Medina. »Aber alles passiert irgendwann zum ersten Mal.«
    »Hinfliegen?«
    Sie runzelte die Stirn. »Tja. Das wird wahrscheinlich ein sinnloser Ausflug, aber …«
     
    Anubis lag in der Nähe des Zusammenflusses mehrerer Ströme, am Fuß der sanft ansteigenden Doggo-Kette, umgeben von wildreichen Waldgebieten und fruchtbarem Schwemmland.
    Es war die offensichtliche Standortwahl für eine neu anzulegende

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