Die Reiter der Sarmaten
dem Knie gekreuzt hatte. »In zehn Jahren«, sagte ich ruhig, eine andere schmachvolle Wahrheit eingestehend, über die ich mir seit einiger Zeit klar war, »wird es keine echten Sarmaten mehr in Britannien geben. Ich bin nicht, was ich war, auch mein Bruder Arshak ist es nicht, niemand von uns ist es. Wenn man an einem festen Platz lebt, einem fremden Disziplinkodex unterworfen ist, viermal im Jahr seinen Sold ausgezahlt bekommt und die Zeit mit Exerzieren und Patrouillieren zubringt, dann ist man nicht der gleiche Mensch wie ein Nomade, der von seinen Herden lebt und aus Lust am Kampf Krieg führt. Die einzige Frage ist gewesen: ›Was werden wir statt dessen?‹ Meine Antwort war: ›Römische Soldaten‹. Arshak sagte: ›Britische Krieger‹. Vielleicht ist das im Grunde kein so großer Unterschied, doch sollte man bedenken, daß wir als Soldaten dieses Land und seine Bewohner verteidigen würden, während wir als Krieger eines brigantischen Königreichs ihre Unterdrücker wären. Auch gefällt mir die Gesellschaft nicht, in der wir uns als britische Krieger befinden würden, und ich befürchte, gerade wenn wir Erfolg hätten, würde eine solche Allianz zur Zerstörung alles dessen führen, was unserem Volk heilig ist. Wir Sarmaten haben immer die Wahrheit geliebt, unsere Freunde geachtet und unsere Eide gehalten; wir haben immer fair gekämpft und die Wehrlosen geschont. Das sind Sitten, die ich zu bewahren wünsche, was immer wir sonst auch verlieren mögen. Ich schwöre auf das Feuer« – ich hob die rechte Hand und streckte sie gegen das Kohlenbecken aus –, »daß ich um Eure Hilfe in einer guten Sache gebeten habe, die, so glaube ich, von Rechts wegen auch Eure Sache sein sollte, und daß ich Euch gegenüber ehrenhaft handeln und keinen Verrat begehen werde.«
»Es ist unsere Sache«, sagte der Mann mit den hellblauen Augen. »Sie ist es nicht !« sagte der Dunkeläugige. »Christus ist unsere Sache«, sagte der romanisierte Christ. »Er, und er allein – aber ihm zu dienen, kann auch bedeuten, der Nächstenliebe und der Gerechtigkeit zu dienen, wo immer wir sie finden mögen. Denn es steht geschrieben: ›Dann werden (sie) sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben? Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? … Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan!‹«
»Er ist kein Bruder!« rief der Dunkeläugige zornig. »Weder der geringste noch der höchste.«
»Aber er ist ein Nächster«, gab der Helläugige heftig zurück. »Und er ist in einen Kampf mit unseren Feinden verwickelt, die nach allem, was man hört, die Dämonen zu Hilfe gerufen haben, um ihn zu verfluchen, und die hier in unserer Stadt versucht haben, ihn zu ermorden. Sollen wir es vielleicht wie der Priester im Gleichnis halten und an dem Mann vorübergehen, der unter die Räuber gefallen ist, in der vergeblichen Hoffnung, daß die Räuber nicht uns bedrohen werden?«
»Wir setzen unser Vertrauen auf Gott, komme, was kommen mag«, entgegnete der Dunkeläugige, »nicht auf Fürsten.«
»Wir haben darüber bereits diskutiert und haben gebetet«, sagte der romanisierte Christ. »Ich hatte schon vorher die feste Überzeugung, daß der Herr uns diesen Weg führt, und die Begegnung mit unserem Besucher hat mich nur bestärkt. Es tut mir leid, Bruder, daß es dir nicht geholfen hat.«
Der Dunkeläugige blickte finster. »Er hätte schlimmer sein können. Du bist also entschlossen, dich darauf einzulassen?«
»Um Christi willen!« rief der dritte Mann aus. »Es geht um unsere eigene Stadt, um unsere eigenen Familien!«
»Wir haben eine klare Wahl«, erklärte abschließend der romanisierte Sprecher der Christen. »Entweder helfen wir einem Mann, der sich für den Frieden einsetzt, oder wir waschen unsere Hände in Unschuld und lassen die Kräfte der Zerstörung und Gewalt ihren unheilvollen Lauf nehmen. Ich bin für Frieden.«
Er stand auf und reichte mir die Hand. »Ihr habt Euer Bündnis.«
13
Sobald die Christen ihre Entscheidung getroffen hatten, zeigten sie sich sehr hilfsbereit, sogar der Dunkeläugige, der sich nur widerstrebend der Mehrheit gefügt hatte. Sie gaben mir den Namen eines Mannes, der Briefe für Siyavak schreiben konnte, dazu ein Losungswort und den Weg, mit dieser Person Kontakt aufzunehmen. Sie versprachen, jeder Brief, den er schreibe, werde rasch
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