Die Reiter der Sarmaten
Euch niemals angelogen, Legat, und ich habe nie in irgendeiner Weise den Eid gebrochen, den ich in Aquincum geleistet habe. Das schwöre ich hier auf das Feuer.«
Ich zog die Hand zurück und umklammerte die Lehne der Kline, denn meine Finger begannen zu zittern. »Wenn Ihr es wünscht«, fügte ich hinzu, »werde ich meinem Schreiber eine Erklärung diktieren, was nach meiner Überzeugung die wahren Hintergründe dieser Angelegenheit und wer die Täter sind; und sollten die Anschläge meiner Feinde Erfolg haben, wird Euch das Schriftstück ausgehändigt werden.«
»Was sollen diese Ausflüchte? Wovor habt Ihr Angst?« fragte Priscus. »Glaubt Ihr im Ernst, ich würde in Ruhe abwarten, daß Ihr ermordet werdet, während die Angelegenheit untersucht wird?«
»Ich habe Euch gesagt, edler Herr, daß ich keine Beweise habe und keine Zeugen benennen kann, und solange das der Fall ist, kann ich nicht sprechen.«
Ich stand schwankend auf – ich fühlte mich zerschlagen, als wäre ich den ganzen Tag hart geritten. »Darf ich mich entfernen, Legat? Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen, und ich bin erschöpft.«
Priscus starrte mich zornig an und fluchte. Facilis stand auf. »Mit Eurer Erlaubnis, Legat, werde ich ihn zu seinen Freunden zurückbegleiten.«
»Ihr werdet auch nichts aus ihm herausbekommen, Zenturio«, knurrte Priscus. »Ariantes, Ihr verweigert einem direkten Befehl Eures Oberbefehlshabers den Gehorsam. Das ist krasse Insubordination. Werdet Ihr mir jetzt die volle Wahrheit sagen – oder muß ich Euch ins Gefängnis schicken?«
Ich sagte nichts. Ich stand Priscus gegenüber und sah ihn an; der Wein kreiste in meinem Kopf. Einen Augenblick dachte ich an mein Schwert, das neben mir an der Seitenlehne der Kline hing, der Griff nur wenige Zoll von meinen Fingern entfernt. Es würde nichts lösen. Die Wahl war Gefängnis für Insubordination oder Gefängnis für Verleumdung: Tod und Schande in beiden Fällen. Und was würden meine Männer dann tun?
Verinus Secundus, der die ganze Zeit mit unbewegtem Gesicht dagesessen hatte, nahm jetzt zum erstenmal das Wort: »Aber angenommen, Legat, er hat recht? Die Art von Mord, die es in Corstopitum gegeben hat – das ist kein Einzelfall. Selbst in der Legion gibt es Gerüchte. Ich habe gehört, wie die Soldaten darüber tuscheln. Wir können seinen eigenen Männern trauen, daß sie ihn nicht töten; aber wenn wir ihn ins Gefängnis stecken, wer wacht da über seine Wächter?«
Priscus brummte vor sich hin. Nach einer Weile nickte er und gab mir ein Zeichen, ich sei entlassen. Ich hängte mein Schwert um und ging hinaus. Facilis folgte mir.
Als wir das Haus verlassen hatten und ein Stück die menschenleere Straße hinuntergegangen waren, die vom Licht das abnehmenden Mondes erhellt war, blieb ich stehen und wandte mich ärgerlich Facilis zu: »Warum habt Ihr ihm das berichtet? Wißt Ihr, was mir in einem Gefängnis passieren würde? Wißt Ihr, was meine Männer tun würden, wenn man mich einsperrte?«
»Er schickt Euch nicht ins Gefängnis«, erwiderte Facilis. »Und was hätte ich sagen sollen, als er mich fragte? Er mag ein Hahnrei sein, aber ein Dummkopf ist er nicht. Er verdächtigt sie noch nicht, aber das wird kommen, und warum sollten wir Beweise unterdrücken, um diesen Prozeß zu verlangsamen? Aber ich bin nicht mit Euch gegangen, um darüber zu reden. Ariantes, ich brauche Eure Hilfe.«
»Meine Hilfe? Marha!« Ich drehte mich auf dem Absatz um und marschierte mit großen Schritten steifbeinig los. Jetzt, wo ich noch einmal davongekommen war, packte mich die Wut – auf den Legaten, auf seine niederträchtige mörderische Frau, auf die Römer im allgemeinen, auf mich selbst wegen meiner Zusammenarbeit mit ihnen, und insbesondere auf Marcus Flavius Facilis, der sich zu meinem Verbündeten gemacht und mich dann, so sah ich es jedenfalls im Augenblick, verraten hatte. Und ich hatte keine Ahnung, was als nächstes passieren könnte, ob man mir gestatten würde, Eburacum zu verlassen, wenn ich nicht preisgab, was ich wußte, und ob ich am nächsten Tag überhaupt noch am Leben sein würde.
»Eure Hilfe, ja!« rief Facilis, der mir nacheilte. »Seht, dieses Mädchen …«
»Welches Mädchen?«
»Vilbia. Bodicas kleine Sklavin. Ich habe sie in meinem Haus.«
»Was!« Ich blieb wieder stehen, und Facilis kam heran.
»Ich hatte auf dem Weg von Dubris herauf ein paar freundliche Worte mit ihr gesprochen, und letzte Nacht tauchte sie an meiner Tür auf,
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