Die Reiter der Sarmaten
werde ich das tun. Ihr solltet sie also heute nacht bringen.«
Erleichtert drückte er mir die Hand. »Danke. Ich wußte, daß ich auf Euch zählen konnte. Ich werde sie während der zweiten Wache bringen, dann ist alles ruhig. Ihr müßt Euren Männern Bescheid sagen, daß Ihr uns erwartet. Wie die Dinge im Augenblick stehen, werden sie vermutlich jeden, den sie dabei ertappen, wie er sich mitten in der Nacht an den Wagen ihres kostbaren Kommandeurs heranschleicht, zuerst in Stücke hauen und dann nach dem Namen fragen. Werden sie die Sache akzeptieren? Ihr braucht ihnen ja nicht auf die Nase zu binden, wem ich das Mädchen stehle.«
Ich nickte, dann gingen wir weiter. Kurz bevor wir das Gelände der Stallungen erreichten, fragte ich ihn: »Wer ist der Vater des Babys?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Facilis. »Irgendein Aufseher oder Pferdeknecht oder Sklave, der ihr einmal etwas Nettes gesagt hat und der nichts mehr von ihr wissen wollte, als sie in Schwierigkeiten kam. Sie ist überhaupt nicht an ihm interessiert, sie hängt nur an dem Baby.«
Als wir die Wagen erreichten, sagte ich meinen Männern, daß Facilis mitten in der Nacht ein gestohlenes Sklavenmädchen und ihr Baby herbringen werde, und erklärte ihnen, daß Römer unerwünschte Sklavenkinder töten. Sie waren darüber ebenso entsetzt wie ich, aber sie konnten es kaum fassen, daß ausgerechnet der ihnen noch immer verhaßte Facilis solche Ehrfurcht vor den Göttern, den Hütern des Lebens, hatte, daß er den Mut aufbrachte, sich über die Gebote seines eigenen Volkes hinwegzusetzen und die beiden zu retten – vor allem, da die Zählung der Monate ergab, daß das Kind auf keinen Fall von ihm sein konnte. Sie waren gern bereit zu helfen, und sie grinsten und schlugen Facilis anerkennend auf den Rücken, was ihn völlig durcheinanderbrachte.
Ich schlief fest in dieser Nacht, war aber sofort wach, als vorsichtig an die Seitenwand meines Wagens geklopft wurde. Ich stand auf, nahm für alle Fälle mein Schwert und sah Facilis und Banaspados vor der Tür stehen und zwischen ihnen eine unkenntliche Gestalt in einem weiten Mantel. Die Plane des Wagens war so steif vom Frost, daß sie klirrte, als ich sie mit der Hand streifte. Der Mond war untergegangen, es war finster und bitterkalt.
»Das ist Fürst Ariantes«, flüsterte Facilis dem Mädchen zu, dessen Gesicht nicht zu erkennen war. »Er wird dich morgen früh in seinem Wagen aus der Stadt bringen.«
»Aber …«, flüsterte das Mädchen stammelnd zurück, »aber dies ist der Mann, den meine Herrin töten will! Sie hat es schon zweimal versucht, und sie hat ihn mit dem Fluch des Todes belegt.«
Sogar in der Finsternis erkannte ich, wie Banaspados plötzlich erstarrte, und ich seufzte. Sein Latein war schon gut gewesen, bevor er unter Römern lebte, und er hatte keine Schwierigkeiten, das Mädchen zu verstehen.
»Banaspados!« befahl ich ihm rasch auf Sarmatisch, »du darfst den anderen nicht sagen, was du gerade gehört hast.«
»Mein Fürst«, gab er aufgebracht zurück, »wessen Sklavin war sie?«
»Wenn ich wollte, daß du es weißt, hätte ich es dir gesagt. Ich will jetzt keine Auseinandersetzungen zwischen unseren Männern und den Römern.«
Ich hätte wissen müssen, daß der Versuch, die Konfrontation zu unterbinden, vergeblich sein würde.
»Es ist eine Schmach, wie du uns behandelst!« rief er zornig, so laut, daß die Männer in den anderen Wagen aufwachten und unruhig wurden.
»Du hast dich mit Arshak gestritten, die Römer haben versucht, dich zu ermorden, und du behandelst uns, die du mit dem Schutz deines Lebens betraut hast, als hätten wir kein Recht, etwas darüber zu wissen! Statt dessen reitest du heimlich mit Eukairios in die Stadt und schmiedest Pläne mit Fremden. Ich bin dein Mann, ich bin es gewesen, seit ich meinen ersten Skalp nahm. Ich bin hinter dir nach Singidunum geritten, nach Budalia, zu all den anderen Orten, gegen die wir unsere Streifzüge unternommen haben. Ich bin dir im Krieg gefolgt, und ich bin dir von Aquincum nach Britannien gefolgt. Ich bin immer stolz auf meinen Fürsten und Kommandeur gewesen, und stolzer noch darauf, für den Schutz seines Lebens verantwortlich zu sein. Ich habe mich nie irgendeiner Treulosigkeit schuldig gemacht. Ich schwöre es auf das Feuer, keiner von uns hat sich dessen schuldig gemacht. Du hast kein Recht, uns so zu behandeln!«
»Banaspados!« sagte ich, sprang vom Wagen und legte ihm die Hände auf die Schultern.
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