Die Reiter der Sarmaten
herunter. Ich rolle mich wieder auf den Rücken, versuche mein eigenes Schwert hochzubringen, und das Schwert kommt herunter. Dann schaffe ich es irgendwie, aus dem Sitz sein Schwert mit meinem zu treffen, und schlage es ihm aus der Hand. Schließlich trifft mich noch ein Schlag in den Rücken, und ich werde nach vorn auf mein Gesicht geworfen. Meine letzte klare Erinnerung ist, daß ich im Schlamm liege, mit Blut überströmt, zu kalt, um Schmerz zu empfinden, und beobachte, wie das Mondlicht den bronzenen Augenschutz meines vor mir liegenden Streitrosses silbern färbt.
Ich schob Comittus’ Hand von meinem Bein weg. »Ich brauche keinen Arzt«, sagte ich. »Es schmerzt, aber es ist nichts Ernstes.«
Die Apfelverkäuferin reichte mir ein stark abgenutztes, aber sauberes Leinentuch. »Ihr könnt das als Verband nehmen, Herr, und ich werde Euch ein schönes Stück rohes Fleisch holen, das Ihr auf die schlimme Stelle legt. Es gibt nichts Besseres in einem solchen Fall.«
»Danke für den Verband«, sagte ich und band das Tuch um mein Bein. »Das Fleisch brauche ich nicht.« Ich zog das Hosenbein herunter, brachte das andere Bein unter mich und stand vorsichtig auf. Das ganze Volk auf dem Marktplatz war jetzt um mich versammelt und sah mir zu. Der Hengst war links von mir an einem Pfosten angebunden. Ich kam mir vor wie ein Idiot.
»Möchtet Ihr die fünfzehn Denare haben, die ich für das Einfangen des Pferdes versprochen habe?« fragte Comittus.
»Ich fange keine Pferde für Geld ein«, sagte ich, während ich meinen Mantel zurechtzog und mich nach meinem Hut umsah.
»Ich habe das auch nicht angenommen«, sagte Comittus grinsend, »aber ich dachte, ich sollte es anbieten. Kann ich Euch auf einen Becher Wein einladen? Oder würdet Ihr mit mir zu Abend essen? Ihr habt mir praktisch das Leben gerettet.«
Ich entdeckte meinen Hut unter dem Fuß des rotgesichtigen Mannes und humpelte mühsam hinüber. »Mein Hut«, sagte ich zu ihm und sah betont hin. Er nahm sofort den Fuß weg, hob den Hut auf und versuchte, ihn abzustauben. Ich nahm ihn dem Kerl aus der Hand und rieb ihn an seinem Umhang sauber. Er knurrte wütend, wagte es aber nicht, zu protestieren.
»Wir sind auf dem Flottenstützpunkt einquartiert«, sagte Comittus zu mir. »Ich habe Aurelia Bodica zum Tempel der Minerva begleitet, der etwas außerhalb der Stadt liegt, und wir hatten eine kurze Pause eingelegt, weil sie noch etwas einkaufen wollte, als das Pferd sich irgendwie losriß. In meinem Quartier auf dem Stützpunkt habe ich leider nicht viel Platz, aber es gibt nicht weit davon eine gute Taverne …«
»Vielen Dank, nein«, sagte ich. Ich wandte mich an die Äpfelverkäuferin. »Laßt die Äpfel zum Haus des Valerius Natalis auf dem Flottenstützpunkt bringen. Laßt dort sagen, daß Ariantes sie gekauft hat und daß sie morgen mit dem Boot nach Bononia gebracht werden sollen.«
»Ihr seid Sarmate, nicht wahr?« fragte Aurelia Bodica plötzlich.
Ich drehte mich zu ihr um, und meine Augen begegneten kurz ihrem Blick. »Ja«, antwortete ich.
Einen Augenblick lang war ich versucht, mich vorzustellen: Ariantes, Sohn des Arifarnes, Zepterträger und Azatan der sarmatischen Jazygen, Fürst-Kommandeur des Sechsten Drachen; aber welchen Sinn hätte das schon? Die Titel würden ihr nichts sagen, und ich war jetzt kein Zepterträger oder Fürst: Ich war Kommandeur einer Abteilung berittener römischer Hilfstruppen.
»Tatsächlich?« rief Comittus erfreut. »Dann sind wir Kameraden! Wir sind von Eburacum nach Dubris gekommen, um euch in Empfang zu nehmen.«
»Wie meint Ihr das?« fragte ich, ihn verblüfft ansehend. »Mein Kommandeur, Julius Priscus, ist Legat der Sechsten Legion Victrix in Eburacum und Oberbefehlshaber aller Streitkräfte im Norden der Provinz. Wir erhielten den Bescheid, daß drei Abteilungen sarmatische schwere Reiterei, die zum Einsatz in Nordbritannien vorgesehen sind, auf dem Marsch von Aquincum nach Bononia sind und bald erwartet werden. Wir sollen sie nach der Überfahrt in Dubris treffen. Ich werde den Befehl über eine der Abteilungen übernehmen.«
»Ihr?« fragte ich verwirrt und ungläubig. »Ihr werdet – sagtet Ihr, den Befehl übernehmen?«
»Nun ja … als Präfekt der Abteilung, der ala , wie sie in der Auxiliarreiterei genannt wird. Die Abteilungen werden ihre eigenen Offiziere behalten – ich nehme an, Ihr seid einer von ihnen –, aber als Präfekten werden römische Offiziere eingesetzt, da die
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