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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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schleuderte. Während er benommen zu Boden sackte, verschwand Hunfried wie ein Schatten in der Gasse.

IV
    Gerald stapfte frierend hinter den beiden Mönchen her. Im Frühdunst, der in den Gassen der Unterstadt aufstieg, erinnerten sie ihn an magere Krähen, insbesondere Eckhard, der gestikulierend auf seinen jüngeren Ordensbruder einredete. Von hinten sah er beinahe komisch aus, aber Gerald konnte den Anblick der hässlichen Schwellung in Eckhards Gesicht nicht vergessen, mit der er am vergangenen Abend zurückgekommen war. Bislang hatte sein Freund sich geweigert, darüber zu sprechen, aber Gerald hatte nicht vor, es dabei zu belassen.
    Der Schmied vertrieb sich die Zeit damit, unter den wenigen Menschen, die ihnen entgegenkamen, nach bekannten Gesichtern zu suchen, doch nur die Gerüche, die schwer in der feuchten Luft hingen, erinnerten ihn an seine Zeit als Schmied von Bregenz. Mit einem tiefen Atemzug schob er die von der Kälte geschwollenen Finger in die Achselhöhlen und schloss zu den beiden Mönchen auf.
    »Die Menschen, Bruder Rodericus, haben nicht nur das Bedürfnis, sich zu reinigen, sie wollen sich auch unterhalten«, dozierte Eckhard. Plötzlich begriff Gerald, dass sein Freund Rodericus zu erklären versuchte, was ein Badehaus war. Unauffällig, aber mit einem breiten Grinsen, rückte er näher.
    Eckhard fuhr fort: »Einem frommen Christen sollte das Gebet zur inneren Reinigung genügen, doch diese Häuser erfüllen noch andere Zwecke. Dort verkehren die Menschen, um sich von einem Medicus behandeln zu lassen oder um Geschäfte abzuschließen. Geschäfte der verschiedensten Art.«
    Rodericus runzelte missbilligend die Stirn. »Ich denke, wenn Gott uns Krankheiten schickt, sollten wir sie annehmen und nicht menschliche Hilfe suchen.«
    »Daran erinnere ich dich, wenn du mal Zahnschmerzen hast«, brummte Gerald und blies in seine geröteten Hände.
    »Auch wir helfen den Kranken«, gab Eckhard gleichzeitig zu bedenken.
    »Dann billigst du diese Häuser?«, fragte Rodericus.
    Eckhard öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Nein«, sagte er endlich, »aber ich meide sie aus anderen Gründen.«
    »Und welche Gründe sind das?«
    Gerald spitzte die Ohren, aber Eckhard blieb die Antwort schuldig.
    Sie bogen in eine schmale Gasse, die von der Straße nach Rorscahun abzweigte. Eckhard deutete auf ein frei stehendes zweistöckiges Haus, das trotz seiner imposanten Größe heruntergekommen und traurig wirkte. Rodericus hätte gern eine Frage gestellt, aber Eckhard marschierte schon auf die Tür zu und klopfte gegen das dicke Holz. Ein Sehschlitz wurde auf- und blitzschnell wieder zugeschoben, und Sekunden später schwang die Tür auf.
    Eine dicke Frau in einem abgetragenen Leibrock sah den drei Männern entgegen. Sie musterte die frühen Gäste ausdruckslos, dann legte sie den Kopf schief und schnalzte mit der Zunge. »Na, wenn ich euch nicht kenne!«
    Rodericus’ Kopf flog zu Eckhard herum. »Du kennst diese Frau doch nicht etwa?«
    Die Badehausbesitzerin fing an zu lachen. »Und wen bringst du diesmal mit? Einen Novizen? Ist der auch so schlau wie du?« Sie wurde unvermittelt ernst und bekreuzigte sich. »Aber diesmal gibt’s keine Leichen, Mönch. Dem Herrn sei Dank!«
    Auch über Eckhards Gesicht fiel ein Schatten. »Gebe Gott, dass du recht hast. Ich bete darum, denn wir suchen einen Mönch meines Ordens. Warmund ist sein Name. War er hier?«
    »Sieht das aus wie ein Kloster?«, fragte die Frau spöttisch. »Außerdem dachte ich, ihr Mönche hättet Armut gelobt!« Sie lachte so heftig, dass ihr Busen wogte. »Hier kommt nur rein, wer zahlt.«
    »Sie hat recht«, raunte Rodericus Eckhard ins Ohr. »Woher sollte Bruder Warmund das Geld gehabt haben? Unsere Börse war schmal und nicht für solche Zwecke gedacht.«
    »Tja, woher?«, wiederholte Eckhard mit einem dünnen Lächeln. Er wandte sich wieder der Wirtin zu. Seine dunklen Augen waren kalt, obwohl er immer noch verbindlich lächelte. »Bruder Warmund wird vermisst, und seine Spur endet in deinem Haus. Es ist gut möglich, dass ihm nach dem Besuch hier etwas zugestoßen ist. Es wäre deinem Geschäft sehr abträglich, wenn das bekannt würde.«
    Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Willst du damit andeuten, ich raube meine Gäste aus? Pfui!«
    Eckhard hob die Hände. »Das liegt mir fern! Aber du weißt, wie schnell die Leute reden. Sag mir, was du weißt, und es wird nicht zu deinem Schaden sein.« Er gab Gerald einen Wink. Der zog

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