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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Falls er die obszöne Geste noch bemerkte, die Wulfhard hinter seinem Rücken machte, kommentierte er sie nicht. Als er an Rodericus vorbeikam, der stumm am Fenster stand und in den Nieselregen hinaussah, befahl er: »Geh in die Kammer, bis ich zurück bin, Bruder.«
    Rodericus nickte müde. »Keine Sorge, ich will nicht so enden wie Bruder Warmund. Ich weiß immer noch nicht, wie ich das seinem Probst beibringen soll.«
    Eckhard stutzte, sagte aber nichts. Er schlug nur die Kapuze über den Kopf und verließ mit Gerald die Weinrebe. »Ich hoffe, Wulfhard zügelt sich ein bisschen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er hat Angst.«
    »Vielleicht hat er das auch.«
    »Ach? Weißt du etwas, was ich nicht weiß?«
    Gerald sah die strenge Linie, die sich um Eckhards Mund eingrub. Er rieb verlegen die Hände aneinander.
    »Nun?«
    »Frag Wulfhard«, bat er.
    Eckhard musterte das gerötete Gesicht des Schmieds eine Weile von der Seite, ehe er sich wieder auf den schlammigen Weg konzentrierte. »Das sind ja interessante Entwicklungen. Aber mir soll es recht sein, wenn ihr aufhört, euch gegenseitig zu zerfleischen. Wir haben genug Feinde. Und jetzt noch ein Mönch!« Als er die Hände in die Ärmel der Kutte schob, schien er für Augenblicke alles Menschliche zu verlieren. Schweigend und dunkel stapfte er durch den kalten Regen.
    Sie verließen den ausgetretenen Weg zwischen den Häusern und folgten dem schmalen, durch Nässe, Tauwetter und Gestrüpp fast unkenntlichen Pfad zum Fluss. Die Weide war ein uralter Baum, bei dessen Anblick Gerald unwillkürlich an heidnische Götter und düstere Opferzeremonien denken musste. Ihre herabhängenden Astspitzen streiften das aufgewühlte Wasser der Schussen. Tauwetter und Regen hatten den gemütlichen kleinen Fluss zu gefährlicher Wildheit anschwellen lassen. Abgesehen vom Rauschen des Wassers und den Stimmen einiger Krähen in den Zweigen war es totenstill.
    Gerald sah nach rechts und links. »Er ist nicht da.«
    »Danke, Gerald. Das sehe ich auch.«
    »Aber wir wollten uns doch hier treffen.«
    »Ja, Gerald.«
    Der angespannte Unterton in Eckhards Stimme bewog Gerald, den Mönch mit seinen Gedanken allein zu lassen. Er hob eine Handvoll Steine auf und begann, sie nach den Krähen zu werfen, die krächzend auf sie herabsahen. Ab und zu flatterte einer der Vögel auf und ließ sich auf einem anderen Ast nieder. Nach einer Weile gab Gerald auf. Er schob die Hände unter die Achseln und zog den Kopf ein. Eckhard hatte sich zum Ufer vorgewagt, aber Gerald konnte sich nicht vorstellen, was sein Freund in den reißenden Wellen zu finden hoffte. Nichts regte sich.
    »Glaubst du, Hunfried hatte einen Unfall?«, fragte er endlich.
    Eckhard drehte sich um, und Gerald schrak zurück. Die dunklen Augen des Mönchs schienen sich unter der Kapuze in glühende Schlitze verwandelt zu haben. »Gerald«, stieß er heiser hervor. »Hunfried wird nicht kommen. Ich habe mich übertölpeln lassen wie der dümmste Narr! Wir müssen zurück zu Rodericus.«
    »Dann glaubst du …«
    »Hunfried hat mich weggelockt, damit er Rodericus’ habhaft werden kann. Oh, ich gottverlassener Narr! Beten wir, dass wir noch rechtzeitig kommen!« Er raffte seine Kutte bis zu den Knien und begann, stolpernd und schlingernd zum Dorf zu rennen.
     
    Als Eckhard die Tür der Weinrebe aufriss, prallte er mit dem Wirt zusammen.
    Der Mann war blass und begann, kaum dass er den Mönch sah, wild zu gestikulieren. »Herr, das geht zu weit. Ich habe Euch geglaubt, dass Eure Begleiter unschuldig sind, und das waren sie ja auch. Ich habe Euch geglaubt, dass Ihr mit dieser Schlägerei, die mich fast ruiniert hätte, nichts zu tun habt. Aber jetzt sitzt da in der Stube ein blutender, fluchender Mann, und der Neffe des Herrn tobt und …«
    »Wulfhard!«, schrie Eckhard. Er stieß den Wirt beiseite und stürzte in die Stube.
    Wulfhard saß vorübergebeugt da, die Arme auf den Knien, während die Schankmagd eine Platzwunde an seinem Hinterkopf mit einem feuchten Lappen abtupfte. Als er seinen Namen hörte, scheuchte er das Mädchen mit einer Handbewegung beiseite und richtete sich auf. Seine Lippen bebten vor Wut. »Ich will keinen Vorwurf hören, Mönch. Ich kann nichts dafür, dass dieser Trottel von einem Wirt Hunfried zu uns gelassen hat. Er hat mich kalt erwischt.«
    »Wo ist Ottmar?«
    Wulfhard fletschte die Zähne. »Rein und wieder raus. Hat etwas gefaselt, dass sein Oheim nicht noch einen toten Mönch in

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