Die Reliquie von Buchhorn
Grenze bringen zu lassen, ich bin sicher, der Graf von Buchhorn wäre über diesen Beweis nachbarschaftlicher Hilfe sehr erfreut.«
»Das glaube ich auch«, antwortete Heinrich mit schwerem Spott. »Wie gesagt, ich werde alles Nötige veranlassen. Ich wünsche Euch eine glückliche Heimreise.«
Er erhob sich, und die beiden Mönche taten es ihm gleich. Sekundenlang standen sie sich stumm gegenüber, während die herabbrennende Fackel unsichere Schatten warf. Eckhard schlug das Zeichen des Kreuzes in die kalte Luft und verließ, gefolgt von Rodericus, mit einem heimlichen Lächeln den Saal.
VIII
Der Regen prasselte monoton auf die ohnehin durchweichte Erde und in das flache Grab, um das sich der Pfaffe von Altdorf und eine beträchtliche Anzahl von Benediktinern geschart hatten. Der Klang von Gebeten mischte sich mit dem Geräusch der Tropfen auf den Ästen. Etwas abseits stand Ottmar von Altdorf mit mürrischem Gesicht. Er hatte die Überführung der Leiche beaufsichtigt, die nun in saubere Leintücher gehüllt ihre letzte Ruhestätte im Schatten der kleinen Kirche fand.
»Hast du ihn gesehen?«, fragte Wulfhard und nickte zu dem Toten hinüber. Er stand in einiger Entfernung mit Gerald und Eckhard unter einem der riesigen Bäume, die ihre verwaschenen Schatten über den Kirchhof warfen.
Eckhard schüttelte den Kopf. Als Wulfhard die Brauen hob, erklärte er: »Ich glaube Ottmar, dass die Leiche in keinem Zustand war, der noch viel verraten hätte. Nicht so, wie sie gestunken hat.«
Wulfhard verzog den Mund. Gleichzeitig tastete er nach seiner geschwollenen Lippe. »Autsch, das tut weh! Verdammter Mistkerl!« Sein hasserfüllter Blick traf Ottmar.
Eckhard seufzte. Er fragte sich, welchen Anblick sie bieten mussten, er mit seinem abklingenden Veilchen, Wulfhard mit der geplatzten Lippe und Gerald mit geschwollener Nase.
»Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte der Schmied leise.
Eckhard zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Bruder Warmund ist tot. Heinrich sagt, dass er von Räubern erschlagen worden ist.«
»Was Ihr aber nicht glaubt«, unterbrach Wulfhard trocken. »Oder etwa doch?«
»Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist Bruder Warmund gefoltert und dann erschlagen worden.«
»Wie Dietger.«
»Wie Dietger«, bestätigte Eckhard. »Aber was verbindet einen Mönch mit einem Imker? Wenn ich ehrlich sein soll, ich habe keine Ahnung mehr, wie ich die Täter finden soll. Jede Spur scheint ins Nichts zu führen.«
»Das heißt, wir kehren zurück nach Buchhorn?«, fragte Gerald.
Wulfhard fuhr auf. »Aber wenn wir dem Grafen keinen Mörder präsentieren können, dann …«
»… stirbt Isentrud. Oder du.«
»Oder ich«, wiederholte Wulfhard dumpf. Er strich sein vom Regen dunkles Haar zurück und starrte in den wolkenverhangenen Himmel. Schlagartig drehte er sich auf dem Absatz um. »Ihr findet mich im Wolf. Ich brauche etwas zu trinken.«
»Geh in die Weinrebe«, rief Eckhard ihm nach. »Das Bier ist besser. Sag dem Wirt, ich übernehme die Rechnung.«
»Was glaubst du, was er jetzt tun wird?«, fragte Gerald, als Wulfhard zwischen den Häusern verschwunden war.
»Saufen? Spielen? Du kennst ihn so gut wie ich«, erwiderte Eckhard mit einem schiefen Lächeln. »In einer beneidenswerten Lage ist er nicht. Ebenso wie Bruder Rodericus. Wenn ich nur wüsste, was er mir verheimlicht.«
Rodericus kniete noch immer auf der feuchten Erde. Sein Kopf war gesenkt, und als für einen Moment die Wolkenfetzen auseinandertrieben, verfing sich ein einzelner Sonnenstrahl in seinen Haaren.
Gerald fühlte, wie ihn ein Schauer überlief. »Wie kommst du darauf, dass er etwas vor uns verbirgt?«
»Nur ein Gefühl«, antwortete Eckhard ausweichend. »Und dann ist da noch dieser Mönch. Warum sollte ein Mönch Rodericus entführen wollen? Warum sollte ein Mönch einen Bruder töten?«
Der Schauer verstärkte sich zu einer eisigen Hand im Nacken des Schmieds. »Vielleicht ist es ein entlaufener Mönch. Jemand, der eine Rechnung mit Warmund und Rodericus offen hat. Wie sieht es denn in eurem Orden aus mit dem Tragen weltlicher Kleidung?«
Eckhard schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall.«
»Also ist er entweder kein Mönch mehr«, wiederholte Gerald. »Oder …«
»Oder er ist extrem skrupellos.« Eckhard schob die Hände in die Ärmel seiner Kutte und zog die Schultern zusammen, als fröstele er. »Ein Mann, der alles für ein Ziel tun würde. – Bruder Rodericus!«
Der junge Benediktiner hatte seine
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