Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
Italienzug Eures Vaters?«
»Natürlich erinnern wir uns. Aber das war nur eine Handvoll.«
»Es waren zwei Dutzend, die dreißig Eurer Ritter und vierzig Mann Fußvolk niedergemacht haben, weil niemand mit ihnen gerechnet hat. Weil sie Euch in den Rücken gefallen sind.«
Karl schauderte. Fast hätten die Meuchelmörder damals seinen Vater und ihn umgebracht. Wie aus dem Boden gewachsen waren die Feinde in die Flanke der Nachhut eingebrochen. Wären ihnen nicht die Bogenschützen zu Hilfe geeilt, hätte er den Tag nicht überlebt. Aber daraus hatte er gelernt. Selbst wenn der Feind von Himmel fallen sollte, wäre er gerüstet.
»Wir danken Euch für Eure Achtsamkeit. Doch jetzt genug gezögert«, rief Karl. »Vorwärts!«
Der Hauptmann wendete abrupt sein Pferd und ließ die Truppe vorrücken.
Die Sonne stand bereits über dem Horizont, als sie sich der Burg Pasovary näherten. Die Tage waren kurz, die Nächte umso länger. Gegen das Abendlicht konnten sie sehen, dass auf dem Bergfried ein Mann Wache stand, der sie alsbald entdeckte und mit einer Glocke Alarm schlug.
Der Hauptmann klopfte, Karl konnte weder hören noch sehen, was hinter den Mauern vor sich ging. Nach ein paar Augenblicken öffnete sich das Tor. Sie pferchten sich in den Burghof, stiegen ab. Karl sah sich um. Die Burg schien gut in Schuss. Alle Holzteile glänzten frisch. Der Geruch nach Pech und Bienenwachs lag in der Luft. Auch Salpeter konnte Karl riechen. Das passte ganz und gar nicht zu dem Bild, das Pasovary von außen abgab.
Der Hauptmann kam zu ihm. »Riecht Ihr das, Herr? Seltsam, nicht?«
Karl nickte. Bilder überfluteten ihn. Italien. Sommer. Sein Vater konnte noch sehen. Sie waren auf eine Burg vorgerückt und hatten mit einem Katapult Brandsätze über die Mauern geschleudert. »Gütiger Gott!«, schrie Karl. »Eine Brandfalle!«
»Alle raus aus der Burg«, brüllte der Hauptmann.
Sofort rissen die Männer das Tor auf, doch sie kamen nicht weit. Sechs fielen in einem Bolzenhagel, bevor sie das Tor wieder schließen konnten.
»Wo kommen die Angreifer her?« Karl bemühte sich, keine Angst zu zeigen, doch er hörte seine Stimme leicht zittern.
Der Hauptmann atmete schwer. »Sie hatten sich vergraben, saßen in den Bäumen, weiß der Teufel. Wir müssen Euch hier rausschaffen, bevor …«
Ein Zischen unterbrach den Hauptmann. Brandpfeile schlugen ein, trafen Männer, die schreiend zu Boden gingen, zerstoben, wenn sie auf Stein trafen.
Die Brandpfeile jedoch, die im Holz stecken blieben, entfachten sogleich die Hölle. Pech, Wachs und Salpeter – alles war damit getränkt. Karl schwitzte. Nichts würde von ihnen übrig bleiben als Asche, wenn sein Rettungsplan nicht aufging. Er versuchte, etwas zu hören. Die Verstärkung, die er heimlich herbestellt hatte, müsste längst vor Ort sein. Wenn Matyas Romerskirch nicht bald mit den Soldaten eintraf, würde niemand diesen Tag überleben.
Karl hob den Kopf. Die Hälfte seiner Männer war bereits tot oder verwundet. Schreie gellten durch den Hof.
Karl deutete auf die Soldaten, die in seiner Nähe standen. »Folgt mir! Und legt Eure Rüstungen ab. Behaltet lediglich Wams und Mantel. Und nehmt so viel Wein und Wasser mit, wie ihr tragen könnt. Wir werden es brauchen.«
Karl rannte los, noch immer gingen Brandpfeile auf die Burg nieder. Einige Männer hatten es auf den Bergfried geschafft. Sie schossen mit ihren Bögen in die Dunkelheit, aber es war hoffnungslos. Das Licht des Feuers machte sie zu einfachen Zielen. Einer nach dem anderen wurde von Pfeilen und Bolzen niedergestreckt.
Karl eilte dem Palas entgegen, dessen Dach lichterloh in Flammen stand. Er trat gegen die Tür, sah, dass das Feuer noch nicht im Inneren wütete. Lediglich ein paar brennende Schindeln lagen herum. Hinter ihm kamen die Männer hineingestolpert. Sie würden ihm selbst in die Hölle folgen, aber nicht heute.
Karl sah sich um. Einen Moment lang musste er sich orientieren, sich den Plan ins Gedächtnis rufen. Er wandte sich nach rechts, stieß einen Tisch beiseite und riss einen Teppich von der Wand, der von oben schon brannte. Die Männer reagierten sofort und schafften ihn beiseite. Karl zählte die Steine ab. Achtzehn von oben, sechs von links. Er drückte die Hand auf den Stein, der lautlos in der Wand verschwand und den Mechanismus einer Geheimtür auslöste. Einige Mauerziegel schwangen zur Seite, doch es waren keine massiven Steine, sondern bemalte Holztafeln.
Karl stürzte sich sofort in den
Weitere Kostenlose Bücher