Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
eine schwache Mauer, keine Quelle, nur eine Zisterne, die im Sommer den Wasserbedarf nicht decken kann. Eine Schmiede, immerhin, und Ställe. Außerhalb der Mauern befinden sich eine Kapelle und drei Höfe.«
»Keine Wehrburg«, stellte der Hauptmann fest.
»So ist es. Eher ein befestigtes Landgut. Pasovary soll auf den Mauern eines uralten Klosters errichtet worden sein.«
Der Hauptmann sagte nichts dazu.
»Es könnte eine Falle sein«, ergänzte Karl.
»Dann müssen wir Leute vorschicken, das Gelände erkunden und uns in Geduld üben, bis wir einrücken.«
»Sorgt für alles!«
»Das werde ich, mein König!«
Der Hauptmann verbeugte sich, ging zu seinen Männern und erteilte leise Befehle. Einige machten sich sofort auf. Sie würden in einem Umkreis von einer Achtelmeile jeden Stein umdrehen. Ihnen würde nichts entgehen.
***
Frierend wachte Rebekka auf. Das undurchdringliche Schwarz der Nacht hatte der Morgendämmerung Platz gemacht, Licht sickerte durch die Ritzen zwischen den Holzbohlen. Rebekka verspürte das dringende Bedürfnis, sich zu erleichtern. Und zunehmenden Durst.
Plötzlich hörte sie ein Pferd schnauben, einen Moment später wurde die Tür aufgestoßen. Vojtech trat vorsichtig über die Schwelle, das Schwert in der Hand. Als er Rebekka gefesselt und wehrlos sah, schien er erleichtert und schob das Schwert zurück in die Scheide. Er ging in die Hocke. »Verzeiht …«
»Ausgeburt der Hölle!«, schrie Rebekka gegen die Angst und das Kratzen in ihrem Hals an. »Elender Verräter! Wie viele Silberlinge bekommst du für deine feige Tat?«
»Ihr müsst durstig sein«, sagte er, ohne auf ihre Beschimpfungen einzugehen.
Rebekka schwieg.
Vojtech nahm einen Schlauch vom Gürtel und hielt ihn ihr an den Mund. Der verdünnte Wein war das Köstlichste, das Rebekka jemals getrunken hatte. Gierig begann sie zu schlucken.
»Langsam, Amalie, langsam. Es tut mir aufrichtig leid, aber ich wurde aufgehalten, ich konnte nicht eher zurückkommen.«
Rebekka verschluckte sich, hustete. Einige Weinspritzer landeten in Vojtechs Gesicht, aber er zuckte nicht zurück, wischte die Flüssigkeit nicht weg, sondern hielt ihr den Schlauch wieder an den Mund. Sie trank langsamer, Wärme breitete sich in ihrem Körper aus.
Der Wein ging zur Neige, Vojtech beugte sich über Rebekka und betastete die Beule und das verkrustete Blut an ihrem Kopf.
»Das tut weh!« Sie zog den Kopf weg, sah ihn nicht an. »Was für ein Spiel spielt Ihr mit mir, Vojtech von Pilsen? Warum verstoßt Ihr gegen all Eure Eide? Warum riskiert Ihr, vom König zum Tode verurteilt zu werden für Euren Verrat?«
Vojtech seufzte tief. Er setzte sich im Schneidersitz vor sie. »Es geht um meine Familie. Meine Frau und meine Kinder sind in der Gewalt eines furchtbaren Mannes. Kylion Langenmann heißt er. Ich habe ihn beim Würfeln kennengelernt. Gutgläubig brachte ich ihn mit in mein Heim. Als ich eines Abends vom Wachdienst heimkehrte, war meine Familie verschwunden. Er hatte sie entführt, meine zwei Töchter, meinen Sohn und meine Frau. Er stellte mich vor die Wahl: ›Entweder Ihr haltet mich auf dem Laufenden, was Engelbert von der Hardenburg und das Weib in seiner Begleitung vorhaben, oder Eure Frau und Eure Bälger werden mir und meinen Männern zum Vergnügen dienen.‹ Es tut mir leid.«
»Ihr habt Spuren gelegt!« Rebekka fuhr zu ihm herum. »Deshalb konnten sie uns in Znaim auflauern.«
»So ist es. Aber ich konnte Langenmann nicht davor warnen, dass wir als Mönche verkleidet im Kloster untergeschlüpft waren. Ich wusste nicht, wie ich zu ihm in Verbindung treten sollte. Außerdem war mir bis zu diesem Augenblick nicht bekannt, dass es ihm eigentlich um Euch ging.«
»Und dann?«
»Als Langenmann und seine Leute das Kloster überfielen, hat er mich absichtlich verschont und entkommen lassen. Er gab mir den Auftrag, Euch zu entführen. Er verriet mir auch Euren wahren Namen.«
»Für wen arbeitet dieser Langenmann?«, flüsterte Rebekka. »Was will sein Auftraggeber von mir?«
»Das weiß ich nicht. Langenmann hat nie von seinem Auftraggeber gesprochen. Und er ist nicht am vereinbarten Treffpunkt aufgetaucht. Dabei hat er mir versichert, dass er oder einer seiner Männer jeden Tag dort auf mich warten würde. Doch niemand ist aufgetaucht. Deshalb bin ich so spät zurückgekommen. Ich habe lange gewartet. Und ich muss gleich wieder dorthin, sonst wird er meine Familie töten.« Vojtech blickte zu Boden. »Bitte verzeiht, dass ich
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