Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
Finger. »Alles zu seiner Zeit, mein Kind. Ihr habt den König beeindruckt. Sorgen wir dafür, dass es so bleibt. Wir müssen Euch eine Ausstattung kaufen. Ihr braucht Gewänder und den ganzen Tand, den wohlhabende Frauen eben brauchen.«
»Aber ich benötige nichts dergleichen. Und Geld habe ich auch nicht.«
Der Ordensritter rückte näher, sie roch die Salben und die Medizin und einen herben Duft, ähnlich wie Myrrhe. »In dem Brief, den ich von Karl erhalten habe, stand, dass er Eure Dienste begehrt.«
Rebekka erschrak. »Ich? Dem König dienen?« Ihr fiel nur eine Art von Dienst ein, die ein mächtiger Mann wie Karl von einer jungen, mittellosen Frau wie ihr begehren konnte.
Engelbert schien ihre Gedanken zu lesen. »Keine Sorge. Sein Wunsch beinhaltet nichts, was Eurer Ehre schaden könnte, Rebekka bat Menachem. Ganz im Gegenteil: Er hält Euch für fähig, einen besonders heiklen Auftrag für ihn auszuführen, einen Auftrag, den nur eine Frau ausführen kann.«
»Was für ein Auftrag sollte das sein?«, fragte Rebekka misstrauisch.
»Es geht um eine weitere Reliquie, die in einem Frauenkloster aufbewahrt wird.« Engelbert drückte ihre Hand. »Unser König ist ein sehr frommer Mann.«
Rebekka senkte resigniert den Blick. »Habe ich eine Wahl?«
Von der Hardenburg schüttelte langsam den Kopf. »Bedenkt: Wenn Ihr in Karls Auftrag durchs Land reist, stehen Euch alle Türen offen. Niemand wird Euch bedrohen, und niemand wird Euch einen Gefallen abschlagen, auch wenn Ihr gelegentlich mit Gold nachhelfen müsst. Und dieses Gold könnt Ihr Euch ehrlich verdienen, indem Ihr dem König dient. Das ist ein sehr guter Handel, und glaubt mir, es gibt viele, die Euch darum beneiden werden.«
Rebekka fühlte sich wie betäubt, aber der Ordensritter hatte vermutlich Recht. Sie hatte keine Wahl. Sie spürte ihr Herz in der Kehle schlagen. »Was genau soll ich tun?«
Von der Hardenburg richtete sich auf, nickte und lächelte. »Ich habe mich nicht in Euch getäuscht, Amalie.«
Rebekka wandte den Blick ab und starrte auf die violett blühenden Eisenhutstauden zu ihren Füßen. Es irritierte sie, wie der Ordensmann im Wechsel ihre Namen benutzte.
Er erhob sich und hielt ihr die Hand hin. »Schlagt ein, ich biete Euch meine unverbrüchliche Freundschaft an.«
Rebekka stand ebenfalls auf. Einen Augenblick zögerte sie, dann schlug sie ein. Auch wenn sie Engelbert von der Hardenburg nicht völlig vertraute, war ihr bewusst, dass sie keinen besseren Verbündeten hier in der Fremde finden würde.
»Als Allererstes geht Ihr zu Tassilo. Ich gebe Euch ein Schreiben mit, das ihn instruiert. Mit seiner Hilfe werdet Ihr Euch in der Stadt mit allem eindecken, was Ihr braucht, auch wenn Ihr es nicht für nötig erachtet.«
»Ich habe kein Bargeld«, wandte Rebekka ein.
Engelbert winkte ab. »Lasst das meine Sorge sein. Ab morgen werde ich Euch in den Dingen unterrichten, die Ihr beherrschen müsst, um Euren Auftrag zu erfüllen. Könnt Ihr reiten?«
Rebekka schüttelte den Kopf. Sie hätte gern reiten gelernt, doch ihr Vater hätte es nie erlaubt.
»Dann wissen wir, womit wir beginnen werden.« Engelbert ergriff ihren Arm und führte sie durch den Garten. »Jetzt solltet Ihr aufbrechen. Euer Onkel wartet sicherlich schon sehnsüchtig auf Euch.«
***
Diese Amalie Severin war schnurstracks in die Deutschherrenkommende gelaufen, genau wie sie sollte. Zwei Mal hatte sie auf dem Weg Halt gemacht, einmal um einer Bettlerin eine Münze zuzustecken, offensichtlich mehr als einen Pfennig, wenn die wortreichen Dankesbekundungen ein Maßstab waren, und ein weiteres Mal, um einen Jungen anzuheuern, ihr den Weg zu weisen. Schließlich war sie in der Kommende verschwunden.
Seitdem hatte Matyas Romerskirch mehrmals seine Position wechseln müssen, um nicht aufzufallen. Die Glocken hatten bereits zur sechsten Stunde geläutet, die Sonne senkte sich, es wurde unangenehm kalt. Irgendetwas stimmte nicht. Sie hätte nur den Brief abliefern und Vollzug melden müssen, das dauerte vielleicht den vierten Teil einer Stunde.
Schon seit Längerem vermutete Matyas, dass dieser Engelbert von der Hardenburg ein Geheimnis hatte. Warum nur hatte Karl an diesem Kerl einen Narren gefressen? War es nicht schon verdächtig genug, dass von der Hardenburg als Mönch durchs Land zog und dennoch das Schwert trug? War er angesichts des Blutes auf dem Schlachtfeld feige geworden und versteckte sich deshalb hinter einer Kutte?
Matyas misstraute normalerweise
Weitere Kostenlose Bücher