Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)
passt.«
Fulbach nickte mehrmals. »Stöbert sie auf, und bringt sie zu mir nach Münchaurach. Egal, wie. Ich muss sie haben. Nein, besser noch. Ich komme ebenfalls nach Prag. Ihr reitet voraus und ergreift sie. Ich möchte, dass sie auf mich wartet, wenn ich in der Stadt eintreffe. Bei Gott! Siebzehn Jahre habe ich nach ihr gesucht.« Er griff unter sein Gewand, zog einen Beutel mit Münzen hervor und warf ihn Kylion zu. »Gute Arbeit! Wenn sie bei mir ist, gibt es mehr. Aber Gnade Euch Gott, wenn Ihr scheitert!«
*
Engelbert schüttelte den Kopf. »So könnt Ihr noch nicht einmal eine Fliege ernsthaft verletzen.«
»Aber warum soll ich denn überhaupt jemanden verletzen?« Rebekka verschränkte die Arme vor der Brust.
Engelbert hätte ihr gerne gesagt, warum, aber es war noch zu früh. Die Gefahr, dass Rebekka die Mitarbeit verweigerte, wenn sie die ganze Wahrheit erfuhr, war zu groß. Wenn sie erst in Znaim waren, konnte sie nicht mehr zurück.
»Um Euch zu verteidigen, wenn Euch jemand angreift. Wir werden im Auftrag des Königs quer durch das Reich reisen, Ihr wisst doch, wie viel Gesindel sich auf den Landstraßen herumtreibt.«
Rebekkas Miene verdunkelte sich, eine Erinnerung schien sie heimzusuchen, doch sie sagte nichts.
Engelbert nahm ihr Schweigen als Einlenken. Er ging in Kampfposition. »Also noch einmal. Ich mache einen Schritt auf Euch zu, das Stück Holz in meiner Hand ist ein Messer.«
Rebekka grinste. »Ihr seht lächerlich aus!«
Engelbert ließ die Hand sinken. Wie konnte er ihr nur klarmachen, dass es überlebenswichtig war, sich zur Wehr setzen zu können, und kein albernes Spiel? Vielleicht halfen rabiatere Mittel. Mit zwei Schritten war er bei ihr, umfasste ihren Hals mit beiden Händen.
Sie sah ihn verwundert an, doch sie rührte sich nicht. Sie hatte keine Angst vor ihm. Das musste er ändern. Sie musste vor jedem auf der Hut sein, selbst vor den Menschen, denen sie vertraute.
Langsam drückte er zu.
Ihr Blick veränderte sich, wurde ungläubig. »Engelbert von der Hardenburg, was tut Ihr da?«, krächzte sie. Sie spannte ihre Halsmuskeln an, noch war ihre Kraft groß genug, seinem Druck standzuhalten.
Engelbert drückte fester zu.
Ihre Augen wurden groß. Sie packte seine Hände und wollte sie wegziehen, doch er lockerte seine Finger nicht. Sie ging in die Knie, um sich nach unten zu entziehen, doch das verstärkte seinen Griff nur. Rasch drückte sie die Knie wieder durch. Jetzt wusste sie, dass sie auf keinen Fall versuchen durfte, sich auf den Boden fallen zu lassen.
Sie begann mit dem ganzen Körper zu zappeln, aber Engelbert hielt sie ohne Mühe fest. Nur noch einige Augenblicke, und sie würde ernsthaft in Atemnot geraten. Endlich trat Panik in ihre Augen, und etwas anderes, das Engelbert zu spät erkannte.
Plötzlich explodierte ein höllischer Schmerz in seinen Lenden. Er löste seine Hände, sackte zu Boden und sah nichts als Feuerräder vor seinen Augen tanzen. Mit Mühe konnte er sich auf den Knien halten, die Hand zwischen seine Beine gepresst. Durch den Schmerz hindurch spürte er etwas Kaltes an seinem Hals. Er blickte nicht auf. Er wusste auch so, dass die zitternde Spitze seines Schwertes die empfindliche Haut an seiner Kehle ritzte.
»Wenn Ihr so etwas jemals wieder machen solltet, töte ich Euch!« Rebekkas Stimme schnitt klar und hart durch die Luft.
Engelbert schloss die Augen. Er hatte es geschafft. Sie hatte die natürliche Hemmung zur Gegenwehr überwunden, die den meisten Frauen eigen war. Dabei war es die wichtigste Überlebensregel und das Erste, was sein Lehrer ihm vor Jahren beigebracht hatte: Zuerst den Gegner ausschalten, egal wie. Wenn es um Leben und Tod ging, gab es keine Anstandsregeln.
Rebekka hatte jedoch viel heftiger reagiert, als er erwartete hatte. Fast so, als hätte sie diese Grenze schon einmal überschritten. In dieser jungen Jüdin steckte viel mehr, als das bloße Auge zu erfassen vermochte. Mehr und mehr wurde ihm klar, dass er noch nicht einmal an der Oberfläche gekratzt hatte.
Vorsichtig schob Engelbert mit den Fingerspitzen die Klinge zur Seite. »Ich schwöre Euch bei allem, was mir heilig ist, dass ich das nie wieder tun werde. Denn Ihr habt gelernt, was Ihr lernen musstet. Und ich ebenfalls. Darf ich aufstehen?«
Rebekka trat zwei Schritte zurück, hielt jedoch weiterhin mit beiden Händen das Schwert fest. Immer noch flackerten Wut und Angst in ihren dunklen Augen. Leuchtend rot zeichneten seine Finger sich auf
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