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Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Reliquienjägerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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ihrem blassen Hals ab. Eine Strähne ihrer braunen Haare hatte sich gelöst und hing ihr ins Gesicht. Es würde noch ein wenig dauern, bis sie sich wieder beruhigt hatte, wahrscheinlich ebenso lang, wie sein Gemächt ihn daran erinnerte, wie empfindlich es war.
    Engelbert richtete sich auf, zog scharf Luft ein, um nicht aufzustöhnen. Wann hatte ihn jemand zum letzten Mal so erwischt? Das war einige Jahre her. Engelbert fühlte sich plötzlich alt und verbraucht. Rebekkas Knie war ihm so schnell zwischen die Beine gefahren, dass er nicht mehr hatte reagieren können. Ein Beweis, dass er noch nicht ganz genesen war und umso besser aufpassen musste, falls er zu einem Kampf gezwungen wäre.
    Er ließ sich auf seinem Lager nieder, streckte sich und sah zu ihr auf. »Diese Prüfung habt Ihr bestanden, Rebekka. Und ich habe bekommen, was ich verdiene. Ihr müsst Euch wehren können, wenn es darauf ankommt. Merkt Euch: Euer Leben hängt davon ab, ob Ihr mit aller Härte zuschlagen könnt. Dass Ihr dazu fähig seid, habt Ihr bewiesen.«
    Rebekka sah ihn verächtlich an. »Ihr seid ein furchtbarer Mann! Wie viele Menschen habt Ihr schon ermordet?« Sie war den Tränen nahe, ihre Stimme zitterte.
    Engelbert seufzte. »Ich habe mich immer nur verteidigt. Mein Gewissen ist rein.«
    »Wart Ihr Söldner?«
    Engelbert lachte kurz. »Söldner kämpfen für alles und jeden, Hauptsache, man bezahlt sie gut. Sie sind meistens Herumtreiber, entflohene Leibeigene, nachgeborene Bauernsöhne oder der Abschaum der Städte; viele sind Verbrecher, Mörder und Schänder. Ich habe immer nur für die Ehre Gottes und die Belange des Ordens gekämpft. Ich bin mit achtzehn Jahren zum Ritter geschlagen worden und bin dann als Ritterbruder in den Orden eingetreten, weil ich der Zweitgeborene meines Vaters bin und damit ohne Erbe, ohne Land und ohne Titel. Immerhin hat mein Bruder meine Ausrüstung bezahlt, eine noble Geste und alles andere als selbstverständlich. Vielleicht wollte er mich auch nur möglichst schnell loswerden. Auf jeden Fall ist seine Frau fruchtbar und hat ihm bereits mehrere Söhne geschenkt. Ich werde also nie Burggraf werden.«
    Rebekka senkte das Schwert und ließ es fallen. Klirrend schlug es auf dem Steinboden auf. »Ihr seid mit der Zunge ebenso gewandt wie mit dem Schwert, denn Ihr habt meine Frage nicht beantwortet und mir stattdessen eine rührselige Geschichte erzählt. Wie viele?«
    »Und Ihr seid hartnäckig und auch nicht auf den Mund gefallen und durchaus wehrhaft. Ich muss zugeben, ich weiß es nicht. An den einen oder anderen erinnere ich mich, aber in einer Schlacht zählt Ihr nicht die Gegner, die Ihr tötet. Von einer Schlacht behaltet Ihr so gut wie nichts in Eurer Erinnerung. Sie ist wie ein Traum, alles scheint unwirklich und fremd. Irgendwann wacht Ihr auf und stellt fest, dass Ihr noch am Leben seid. Erst später kommen die Erinnerungen, aber nicht an jede Einzelheit, eher wie ein Rausch von Gefühlen, eine Mischung aus Triumph und Abscheu. Manchmal allerdings spukt ein einziger Augenblick für Jahre in Euren Gedanken herum, und Ihr werdet fast wahnsinnig davon.«
    Engelbert setzte sich auf, die Schmerzen ließen allmählich nach. »Ich erinnere mich an einen Sommertag. Wir hatten eine Räuberbande gestellt, die ein abgelegenes Kloster geplündert und alle Brüder ermordet hatte. Wir waren zu siebt, standen gegen zwanzig. Aber wir saßen auf Schlachtrössern, trugen Rüstungen und Schwerter, unsere Gegner nur Wams, Messer und Keule. Wir saßen ab, um es uns nicht zu einfach zu machen. Sie glaubten tatsächlich, dass sie uns besiegen könnten. Drei Männer drangen auf mich ein, ihre Schläge glitten an dem Metall ab, ich schlitzte dem ersten die Kehle auf, dem zweiten trennte ich einen Arm ab, und dem dritten rammte ich mein Schwert durch den Leib. Er schrie nach seiner Mutter, ich drehte das Schwert in seinen Eingeweiden, damit er schneller starb. Ein junger Bursche, vielleicht dreizehn Jahre alt. Er hatte geholfen, den Abt zu schlachten wie ein Stück Vieh, dennoch hatte ich Mitleid mit ihm und bat Gott in seiner unendlichen Gnade, seine Seele aufzunehmen. Das Gesicht dieses Jungen hat mich zwei Jahre lang Nacht für Nacht heimgesucht.
    Dann lernte ich unseren König kennen. Mein Großmeister hatte mich ihm empfohlen, und seitdem ziehe ich als Ordensritter durchs Land und diene Karl, und zwar vor allem mit meiner geschickten Zunge, nicht mit meinem Schwert.«
    Rebekka betrachtete ihn wortlos. Es schien ihr

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