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Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition)

Titel: Die Residenz des Doktor Rattazzi: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ugo Riccarelli
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Verrückten im Hof, an Maras Weinen, kaum dass sie aus ihrem Bauch gekommen war, Ignazios Marktstand mit den Stoffen, die auf dem Schreibtisch ihres Sohnes zurückgelassenen Bücher und das verfluchte kaputte, verdrehte Bein. Alles vermischte sich in diesem Moment, wurde zerrieben und gekaut wie die Rosenblätter und verschwand hinter der Gartenmauer ihres Hauses, um Platz zu machen für die Szene, die sie vor Augen hatte, die sich in diesem Moment ereignete und doch Jahre entfernt war, die außerhalb von ihr geschah und doch in ihr selbst war, verborgen im Herzen ihres an einen Zaun geklammerten kleinen Jungen. Das sah Elemira und legte sich eine Hand auf den Mund, um ihre Überraschung zurückzuhalten, während sie sich nach Mara umdrehte, als suchte sie in ihrer Tochter einen Rettungsanker, an den sie das heftige Gefühl klammern konnte, das sie überwältigte.
    Als Beniamino den verzweifelt nach einem Halt suchenden Blick seiner Mutter sah, erkannte er, dass Worte nicht ausreichen würden, um zu erklären, was sie einander in so vielen Jahren niemals hatten sagen können. Aber er stand endlich mitten unter den Verrückten, teilte sein Leben mit ihnen und warf alles von sich, was ihn allzulang an die Vorstellung gekettet hatte. Und so ließ er seine Aufrichtigkeit sprechen: »Versuch, mir ein Bein zu brechen«, sagte er zu Malfatti, der neben ihm stand.
    Der arme Mann, eifrig damit beschäftigt, seine Blütenblätter aus Nichts zu kauen, verstand nicht. Er hielt inne und blieb reglos stehen, um Beniamino anzustarren.
    »Was ist los, Malfatti, bist du nicht fähig, einem Christenmenschen ein Bein zu brechen?«
    »Wie hat der Castellucci es bei dir gemacht, Dottore?« schaltete sich Renzo Bardi ein. »So!« schrie er gleich darauf und verpasste der Luft einen kräftigen Fußtritt.
    Beniamino lachte.
    Da kam Malfatti nach vorne und sagte: »Ich bin mal vom Birnbaum gefallen und hab mir die Knochen gebrochen.«
    »Lass sehen«, sagte Beniamino, und Malfatti nahm einen Stuhl, mit dessen Hilfe er auf den Küchentisch stieg, der nun kein Tisch mehr war, sondern ein Birnbaum auf dem Land.
    »Ich bin auf dem Ast«, sagte Malfatti.
    Die anderen Verrückten ringsumher beobachteten ihn aufmerksam.
    »Was siehst du von dort oben, Malfatti?« fragte Mita, neugierig wie immer.
    »Ich sehe das Irrenhaus.«
    »Ist Schwester Delia da?« fragte Giovanni.
    »Das Irrenhaus hat hohe Mauern, man kann nicht hineinsehen.«
    Hinter den anderen tauchte langsam Cavani auf.
    »Schau durch die Fenster, Junge, versuch durch die Fenster zu schauen.«
    Malfatti beugte sich über den Ast. Die Hand an der Stirn, schärfte er seinen auf die Mauer gerichteten Blick.
    »Es qualmt«, sagte er.
    »Was ist das? Was ist los?« fragten fast alle im Chor.
    Stille hatte sich über das Land ringsum, über die Küche gesenkt, wie um die Bemühungen des Mannes zu unterstreichen, der aus der Höhe des Baumes etwas zu erspähen versuchte.
    »Das Irrenhaus qualmt!« rief er aus. »Es ist bombardiert worden!«
    Auf allen Seiten brachen Jubelschreie los. Giovanni umarmte Mita, Bardi und Fosco klatschten in die Hände. Auch Elemira und Mara umarmten sich, und sogar auf Brunis stets so ernstes Gesicht trat ein Lächeln. Nur Renatina blieb abseits, blickte von unten auf, wagte nicht zu sprechen.
    Malfatti beugte sich noch weiter vor und rutschte dann vom Stuhl, um geräuschvoll auf dem Boden aufzuprallen. Im Liegen fasste er sich an den Kopf, dann an einen Arm: »So bin ich vom Birnbaum gefallen und hab mir den Arm gebrochen.«
    Beniamino ging zu ihm hin. Sein Schritt war noch schleppender als sonst, ein schwerer Gang, als hinge ihm ein Gewicht von hundert Kilogramm am Bein.
    »Gibt es noch jemand, der sich mal was gebrochen hat?« fragte er.
    »Mein Vater hat mir einen Stock auf dem Kopf zerschlagen, weil ich ihm eine freche Antwort gegeben habe«, sagte Giovanni.
    »Zeig mir, wie er das gemacht hat. Renzo, du tust so, als wärst du Giovannis Vater.«
    Renzo machte zwei Schritte auf seinen Kameraden zu, straffte den Oberkörper, wischte sich die Handflächen an der Hose ab und brüllte los: »Elendes Stück Scheiße, so antwortest du deinem Vater? Peng!« Und er ließ seinen Arm auf Giovannis Kopf fallen. Giovanni hielt sich sofort den Kopf mit beiden Händen und stieß schrille Schreie und Schluchzer aus.
    »Mir hat der Gozzoli mal den Arm gebrochen, im Schlafsaal, als er die Riemen zu fest angezogen hat. Genau hier, an dieser Stelle war das«, sagte Mita mit

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