Die Rettung
Schlacht teilgenommen und hasste dieses sinnlose Blutvergießen. Dazu kam, dass er im Gegensatz zu seinen Kameraden bereits wusste, dass seine Leute unterliegen würden. In diesem Kampf konnte er sich nicht mit Ruhm und Ehre bedecken, er konnte nur alles daransetzen, ihn zu überleben.
Bevor er das Haus verließ, blieb er vor dem Feuer stehen und zog das Kruzifix und Caits Ehering unter seinem Hemd hervor. Dann sank er auf ein Knie, bekreuzigte sich, presste Kreuz und Ring fest gegen seine Stirn und murmelte ein leises Gebet: »Lieber Gott, gib mir die Kraft, mich den Prüfungen zu stellen, die das Schicksal mir auferlegt. Lass mich meine Pflicht gegenüber den Meinen erfüllen und hilf mir, stets nach Ehre und Gewissen zu handeln. Lass meine Kinder in Frieden und Sicherheit aufwachsen und vereine mich am Ende meines Lebens wieder mit meiner geliebten Cait. Amen.«
Dann ließ er Kruzifix und Ring wieder unter sein Hemd gleiten, erhob sich und griff nach seinem Mantel, der an einem Haken neben der Tür hing. In diesem Moment sah er Sarah in der Tür zur Schlafkammer stehen. Ihre dunklen Augen wirkten in dem geisterhaft blassen Gesicht riesig; ihr Haar floss ihr offen über die Schultern, und sie wirkte verletzlicher als je zuvor. Schlimmer noch, sie sah ihn an, als habe er ihr soeben den Todesstoß versetzt. Bei ihrem Anblick blutete ihm das Herz.
Doch dann sagte sie leise: »Es war dumm von mir.«
»Sarah ...«
»Schon gut.« Sie schüttelte den Kopf und schloss hastig die Schlafzimmertür hinter sich.
Verdammt. Ihm blieb keine Zeit mehr, ihr nachzugehen und sie zu trösten. Auch verspürte er wenig Lust, ausgerechnet jetzt über seine Gefühle für sie nachzudenken, und er wollte schon gar nicht mit ihr darüber reden. Wenn er sich nicht sofort auf den Weg machte, würde er den Treffpunkt zu spät erreichen. Außerdem lief er dann Gefahr, im Morgengrauen schwer bewaffnet von einer Sassunaich-Patrouille aufgegriffen zu werden.
Ohne ein weiteres Wort streifte er seinen Mantel über, drapierte sein Plaid, befestigte es mit einer schlichten Stahlbrosche, warf sich den Schild und das Bündel mit den Waffen über den Rücken und nahm einen Wasserschlauch vom Haken; dann verließ er das Haus und lief auf die dicht bewaldeten Berge zu.
18. Kapitel
Dylan traf bei Tagesanbruch am vereinbarten Treffpunkt ein. Alle anderen Männer aus Ciorram lagerten bereits in einer schmalen Schlucht, wo dichtes Buschwerk und Farngestrüpp ihnen Deckung bot und die Kronen der hohen Bäume den Rauch von den Lagerfeuern abfingen. Um weniger aufzufallen, hatten sich die Männer in kleinen Gruppen in der Schlucht verteilt, dösten, unterhielten sich oder schärften ihre Waffen. Alle schienen dem Kampf, in dem mit Sicherheit viele von ihnen umkommen würden, geradezu entgegenzufiebern.
Besonders die jungen Burschen wie Coinneach, der an dem Aufstand von 1715 aufgrund seiner Jugend noch nicht hatte teilnehmen dürfen, konnten ihre Erregung kaum zügeln. Nur wenige wirkten blass und verängstigt und starrten blicklos vor sich hin. Die Älteren, die die letzte Schlacht überlebt oder gar als halbe Kinder bei Killiecrankie mitgekämpft hatten, verhielten sich dagegen eher schweigsam und nachdenklich.
Dylan schritt langsam von Feuer zu Feuer, um seine Clansleute zu begrüßen. Im Vorübergehen hörte er, wie ein Mann seinen gebannt lauschenden Zuhörern von dem Aufstand von 1689 erzählte. Er blieb stehen, um einen Moment zuzuhören. Es ging um die Schlacht von Killiecrankie; die letzte Schlacht, aus der die Jakobiten siegreich hervorgegangen waren. Und daran würde sich auch im Lauf der nächsten sechsundzwanzig Jahre nichts ändern. Erst 1745, zu Beginn des letzten Aufstandes, würden König Georges Männer bei Prestonpans eine empfindliche Schlappe erleiden. So war Killiecrankie in diesem Teil des Landes ein beliebtes Gesprächsthema. Doch als der Erzähler sehr anschaulich beschrieb, wie einer der Jakobiten einen Rotrock mit seinem Zweihänder beinahe in zwei Hälften gespalten hatte, ging Dylan weiter. Obwohl er die englische Armee bis aufs Blut hasste, verabscheute er solche blutrünstigen Kampfgeschichten. Die furchtbaren Szenen der Schlacht von Sheriffmuir standen ihm noch allzu lebhaft vor Augen.
Zwar konnte er weder Gedanken lesen noch mit Sicherheit wissen, wie die Männer wirklich über das dachten, was vor ihnen lag, doch er nahm an, dass sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatten. So wie er selbst auch. Mit der während
Weitere Kostenlose Bücher