Die Rettung
seines langjährigen Studiums asiatischer Kampftechniken erworbenen Selbstdisziplin hatte er energisch jeden Gedanken an das >Was-wenn?< verdrängt. Er wäre schon einmal auf dem Schlachtfeld fast gestorben, daher wusste er, wie sinnlos es war, sich mit düsteren Gedanken den Kopf zu zermartern, das lenkte nur vom eigentlich Wesentlichen ab. Dadurch, dass er die Dinge einfach auf sich zukommen ließ, konnte er sich einzig und allein auf das Hier und Jetzt konzentrieren, und er wusste, dass von dieser Fähigkeit sein Leben abhängen würde.
Weiter oben in der Schlucht brach zwischen zwei jungen Männern ein handgreiflicher Streit aus, und Dylan eilte auf sie zu, um für Ruhe zu sorgen. Doch einige der älteren Männer kamen ihm zuvor, trennten die Kampfhähne und herrschten sie an, mit dem Unsinn aufzuhören und sich ihre Energie für die Engländer aufzusparen. Dylan wandte sich ab und hielt nach Artair Ausschau.
Er fand den Grünschnabel an einem Feuer in der Mitte der Schlucht, umringt von einigen seiner engsten Freunde. Dùghlas, Tormod und ein paar andere saßen auf Felsbrocken und Baumstämmen und hörten andächtig zu, während der selbstherrliche junge Mann mit dem dünnen rötlichen Bart ihnen einen Vortrag über den Mut und Kampfgeist der Jakobiten hielt, die mit den verweichlichten englischen Schlappschwänzen sicherlich im Handumdrehen fertig werden würden. Als Dylan auf ihn zukam, blickte er auf, und sein Gesicht verfinsterte sich.
Erschöpft, hungrig und von Artairs Begeisterung nicht im Geringsten angesteckt, nickte Dylan ihm nur knapp zu, verkündete unfreundlich: »Da bin ich«, und wandte sich wieder ab, um den Blick über die vierzig Männer aus Ciorram schweifen zu lassen. Robin und Seumas hatten es sich auf einem Blätterhaufen gemütlich gemacht und schnarchten leise im Duett. »Ich warte dort drüben, bis wir das Lager abbrechen.«
Artairs herrische Stimme hielt ihn zurück. »Richte dich hier nur nicht häuslich ein, Dylan Dubh. Die Männer brennen darauf, endlich loszumarschieren.«
Dylan drehte sich wieder um; seine Augen wurden schmal. Es sah eher so aus, als brannte Artair selbst darauf, endlich loszumarschieren. Die Männer konnten eine kurze Rast sicherlich brauchen. Er verlagerte sein Gewicht auf sein unverletztes Bein und musterte die versammelten Mathesons. Viele lagen in tiefem Schlaf; sie konnten nicht viel länger hier sein als er selbst. Sogar Artair konnte sich höchstens vor ein paar Stunden am vereinbarten Treffpunkt eingefunden haben. Die heiße Wut, die Dylan in der letzten Zeit so gemartert hatte, flammte wieder auf. Sein Gesicht rötete sich, und er musste ein paarmal tief durchatmen, um sich zu beruhigen, Artair mit einem herablassenden Lächeln zu bedenken und die Schultern zu zucken.
»Ich denke, wir haben noch genug Zeit, um eine Weile auszuruhen«, widersprach er. »Nur ein Narr würde eine solche Schar schwer bewaffneter Männer - noch dazu illegal bewaffneter Männer - am helllichten Tag zum Schauplatz eines Aufstandes gegen die Engländer führen; es sei denn, er legt Wert darauf, eben diese Männer in sinnlosen Gefechten mit den Rotröcken zu verlieren. Und auf so einen Gedanken würdest du ja nie kommen, denn der Laird sähe es bestimmt nicht gern, wenn all seine kampffähigen Männer getötet oder gefangen genommen würden, noch bevor sie überhaupt Gelegenheit hatten, sich den Rebellen anzuschließen.«
Eine Weile herrschte angespanntes Schweigen. Artair war das Blut in die Wangen gestiegen. Er blickte die Männer am Feuer unsicher an, bevor er knurrte: »Sieh zu, dass du bei Sonnenaufgang wach bist und etwas gegessen hast, denn dann brechen wir nach Eilean Donan auf.«
»Aye. Einverstanden.«
Dylan ging zu dem Blätterhaufen hinüber, legte seine Waffen auf den Boden, setzte sich und holte das Säckchen mit Hafermehl aus seinem sporran. Er mischte eine Hand voll davon mit Wasser aus seinem Schlauch zu einem dicken, klebrigen, drammcch genannten Brei, den er mit den Fingern aß.
Seumas öffnete die Augen, blinzelte und nuschelte benommen: »Ich habe weiß Gott schon ein angenehmeres Beltanefest erlebt.«
Dylan kicherte, verstummte aber, als ihm ein bestimmter Beltaneabend vor fünf Jahren wieder einfiel. Damals hatte er die erste Nacht mit Cait verbracht, nachdem sie im Laufe eines uralten Fruchtbarkeitsrituals über ein Feuer gesprungen war. Bei der Erinnerung trat ein Lächeln auf sein Gesicht. »Aye, ich auch«, murmelte er, wischte sich die Hände
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