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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Lairds.
    Für eine kurze Zeit war er sogar als Iains Erbe im Gespräch gewesen. Gemäß der Tradition hatte er einen ebenso großen Anspruch auf den Titel wie Iains Halbbruder Artair. Dylan wusste, dass viele ihn gern als Nachfolger des Lairds sehen würden. Ebenso viele unterstützten aber eher Artair, und jedem war klar, dass Dylan durchaus im Stande war, dem jungen Mann den Anspruch streitig zu machen. Artair begegnete Dylan seit dessen Verlobung mit Cait mit offener Feindseligkeit und scheute auch vor Tätlichkeiten nicht zurück, wie die Narbe an Dylans rechtem Ohr bewies. Dort hatte ihn zwei Tage nach der Bekanntgabe der Verlobung eine Kugel aus Artairs Pistole getroffen.
    Dylan verdrängte die unerfreuliche Erinnerung, knöpfte seinen Mantel ganz auf, um sich am Feuer zu wärmen, und musterte dabei den Besucher aus den Lowlands, der dem Laird gegenübersaß. Für einen Händler drückte sich der Mann entschieden zu gewählt aus, und er schien um seine Sicherheit zu bangen. Sein gehetzter Blick verriet, dass er sich auf der Flucht befinden musste. Gebildet... vermutlich aus der Oberschicht... Flüchtling ... wahrscheinlich ein hochrangiger Jakobit. Dylan meinte, den Mann schon mal gesehen zu haben, aber er konnte sich nicht erinnern, wo das gewesen sein sollte.
    Der Laird wandte sich auf Englisch an den Lowlander. »Mylord, ich möchte Euch zwei meiner tapfersten Männer vorstellen.« Er deutete auf Artair, der rechts von ihm saß. »Dies ist mein Bruder Artair.« Dann nickte er zu Dylan hinüber. »Und dies ist Dilean Dubh, der Sohn meines Onkels. Er hat bei Sheriffmuir für Euch mitgekämpft.«
    Mit einem Schlag fiel Dylan wieder ein, woher er den Mann kannte. Hass stieg in ihm auf und würgte ihn in der Kehle, als er leise krächzte: »Mar!«

5. Kapitel
    Der Besucher war John Erskine, sechster Earl of Mar. Dylan hatte den Anführer des letzten Jakobitenaufstandes noch nie persönlich und aus der Nähe gesehen, erkannte ihn aber, weil ihm vor einer halben Ewigkeit das Foto eines Porträts einmal in einem Geschichtsbuch aufgefallen war. Er hatte immer gemeint, Mar sähe mit seinen schmalen Lippen, dem schwächlichen Kinn, den dunklen Schatten unter den Augen und der riesigen Lockenperücke wie Rodney Dangerfield in Frauenkleidern aus. Jetzt trug der Earl eine kürzere, weniger pompöse Perücke und wirkte wie ein junger Rodney Dangerfield in Frauenkleidern.
    Mar nickte Dylan lächelnd zu. »Ihr wart also 1715 dabei?« Er sprach mit einem geschliffenen englischen Oberklasseakzent, der Dylan sofort an Bedford denken ließ.
    Er verspürte den nahezu übermächtigen Drang, seinem ehemaligen Kommandanten an die Gurgel zu fahren, bezwang sich aber und blieb ruhig sitzen. Trotzdem wurde das Summen in seinem Kopf immer lauter, und das Rauschen seines eigenen Blutes dröhnte ihm in den Ohren. Er musste all seine Selbstbeherrschung aufbieten, um kurz und knapp zu antworten: »Allerdings.«
    Mar hatte mit dieser barschen Reaktion offenbar nicht gerechnet, fuhr aber unbekümmert fort: »Ein schwarzer Tag für uns alle. Viele tapfere Männer sind gefallen. Entschieden zu viele.«
    »Längst nicht genug.« Die Worte waren heraus, bevor er sich besinnen konnte. Dylan biss sich auf die Unterlippe und schalt sich insgeheim einen Narren.
    Mar runzelte die Stirn. »Wie bitte? Ihr hättet es lieber gesehen, wenn noch mehr Blut vergossen worden wäre?«
    »Ja, wenn wir gesiegt hätten. Aber wir haben verloren. All diese Männer sind umsonst gefallen.«
    Sinann erhob sich neben Dylan in die Luft. »Worauf willst du hinaus, mein Freund?« Ihre Stimme klang erschrocken. »Es gibt Dinge, die besser ungesagt bleiben.«
    Mar presste die Lippen zusammen und straffte sich. »Die Hälfte der Männer ist einfach davongerannt.« Er krallte die Hände so fest um die Lehnen seines Stuhls, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Dylan ...«, warnte Iain. Er beugte sich vor, als mache er sich bereit, Dylan notfalls mit Gewalt am Weitersprechen zu hindern.
    Dylan blickte in das gerötete Gesicht des Lairds. Er verstand die Drohung wohl, brachte es aber nicht fertig, den Mund zu halten. Auch sein Gesicht lief vor Zorn rot an, während er Mar fest in die Augen sah. »Ihr habt Euch vom Schlachtfeld zurückgezogen und uns einfach unserem Schicksal überlassen!«
    »Dylan! Hast du den Verstand verloren?« Sinann fuchtelte mit den Händen vor seinem Gesicht herum, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, erreichte aber nur, dass sein Ärger noch

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