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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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wuchs. Er scheuchte sie weg wie eine lästige Fliege, um Mar ins Gesicht schauen zu können. Sinann schwirrte davon. Der Ausdruck in seinen Augen jagte ihr Angst ein.
    »Argyll hatte uns zum Fluss zurückgetrieben«, fuhr Dylan mit mühsam aufrechterhaltener Beherrschung fort. »Die Männer, die bei Euch am Moor warteten, hatten kaum Gelegenheit zu kämpfen, sie haben höchstens ein paar Rotröcke durch die Gegend gescheucht. Als Ihr endlich kamt, waren wir am Ende unserer Kräfte, Eure Leute dagegen frisch und ausgeruht. Ihr hättet den Feind von hinten angreifen können. Nein, Ihr hättet es tun müssenl«
    »Och! Willst du jetzt endlich den Mund halten, Mann?«
    Dylan achtete nicht auf Sinann. Wutentbrannt sprang er auf. »Stattdessen habt Ihr tatenlos zugesehen, wie die Engländer uns abschlachteten. Sie haben unsere Verwundeten niedergemetzelt und ausgeraubt. Wer fliehen konnte, musste seine Hab- Seligkeiten im Stich lassen. Wir hatten keine Kilts mehr, keine Waffen, keine Vorräte. Der Aufstand war vorüber. Uns blieb nichts anderes übrig, als nach Hause zurückzukehren, wenn wir dazu noch in der Lage waren.«
    Mars bleiches Gesicht verfärbte sich fleckig rot, seine Augen wurden dunkel vor Zorn.
    »Dylan, das reicht!« Iains Tonfall verriet deutlich, dass er Dylan niederschlagen würde, wenn dieser es wagte, noch ein Mal den Mund aufzumachen. Die anderen Männer flüsterten jetzt leise miteinander.
    Sinann schlug Dylan heftig ins Gesicht und wich geschickt aus, als er sie zu packen versuchte. Endlich begriff er verschwommen, was er hier tat, und hätte beinahe erschrocken nach Luft geschnappt. Er war zwar noch immer wütend, aber wenigstens wieder halbwegs bei Verstand. Langsam ließ er sich auf seinen Stuhl zurücksinken. »Ich bitte um Entschuldigung, Mylord. Ich wurde in diesem Kampf selbst schwer verwundet und wäre beinahe gestorben.«
    Sinann landete auf einem der Tische und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augen blitzten vor Zorn.
    Dylan öffnete seinen Mantel und seine beiden Hemden, um Mar die Narbe zu zeigen, die ein englischer Kavalleriesäbel hinterlassen hatte. Ein Soldat hatte ihm den Säbel mitten durch den Leib gestoßen, und er hatte nur überlebt, weil Sinann ihn in das 20. Jahrhundert zurückgeschickt hatte, wo er durch eine Notoperation gerettet worden war. Nachdem er sich erholt hatte, war er von der Fee wieder auf das Schlachtfeld versetzt worden. Als Mar die Narbe sah, schluckte er hart.
    »Ihr seht, wir sind nicht davongelaufen, sondern haben nur den Rückzug angetreten, als alle Hoffnung verloren war«, erklärte Dylan müde.
    »Ich verstehe, was Ihr meint.« Mar hatte seine Fassung zurückgewonnen, obwohl er die Lippen noch immer ärgerlich zusammenpresste. »Allerdings denke ich doch, dass Ihr vom Ende der Schlacht nicht allzu viel mitbekommen haben könnt, wenn Ihr so schwer verwundet wart.«
    Dylan stieg das Blut in die Wangen. Seine Ohren liefen rot an, während er Hemden und Mantel wieder zuknöpfte. Da er Mar weder von den Berichten über die Schlacht erzählen konnte, die er gelesen hatte, während er sich von den Folgen der Operation erholt hatte, noch zugeben durfte, dass die letzten Minuten des Kampfes nach dieser sechswöchigen Ruhephase bei guter Gesundheit an ihm vorbeigezogen waren, beschränkte er sich auf ein resigniertes Schulterzucken. »Nein, das habe ich wohl nicht.«
    »Dylan Dubh«, sagte Mar von oben herab, »Ihr müsst begreifen, dass ein gewöhnlicher Soldat meist keine Ahnung von den Gründen für Entscheidungen hat, die auf dem Schlachtfeld gefällt werden.« Er sprach mit der Überzeugimg eines erfahrenen, kampferprobten Befehlshabers, eine Bezeichnung, die er, wie Dylan nur zu gut wusste, nicht beanspruchen durfte. Ihm war aber klar, dass Mar ihm sein ungebührliches Benehmen nachsehen würde, wenn Dylan ihn mit seinen Belehrungen fortfahren ließ, und so tat er, als kaufe er dem Earl seine Geschichte ab. »Der gemeine Fußsoldat kann derartige Erwägungen nicht nachvollziehen.«
    Dylan zuckte bei dem Wort >gemein< unwillkürlich zusammen, fragte aber ruhig: »Zum Beispiel?«
    Mar kniff die Augen zusammen. »Zum Beispiel ergab es für uns keinen Sinn, noch mehr Männer in einem Kampf zu opfern, von dem wir dachten, wir hätten ihn gewonnen.«
    Dylan verkniff sich die Bemerkung, dass der Kampf eben nicht gewonnen worden war, und nickte nur stumm.
    »Also versteht Ihr jetzt, warum ich den Befehl zum Angriff nicht geben konnte?«
    Wieder nickte

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