Die Rettung
nirgendwo herum, denn bis ich die Ausgangssperre wieder aufhebe, werden meine Männer im Tal verstärkt auf Streife gehen. Jeder, der sich heute Nacht noch irgendwo draußen herumtreibt, wird verhaftet.«
Verdammt. Ciaran und Sile waren noch in der Burg. Dylan würde sie entweder nach Hause schmuggeln oder in Tigh a'Mhadaidh Bhäin übernachten müssen. Am liebsten hätte er Artair, dem der ganze Ärger zu verdanken war, den Hals umgedreht.
Einen Moment lang herrschte Stille. Niemand wagte sich zu rühren. Dann befahl Bedford seinen Männern: »Treibt sie auseinander!«
Die Soldaten hängten ihre Musketen um, zogen ihre Säbel und trieben ihre Pferde vorwärts. Die Männer von Ciorram sprangen zur Seite, um nicht unter die Hufe zu geraten, und wurden von den lachenden Dragonern in die Dunkelheit hinausgescheucht. Dylan ließ sich bis zur Zugbrücke treiben und schlug dann gemeinsam mit Dùghlas, Seumas, Robin und Artair den Weg zur Burg ein.
Artair blieb nach kurzer Zeit stehen und zischte seinen Kameraden zu: »Es ist eine Schande, dass wir wie aufgescheuchte Hühner vor den Sassunaich weglaufen. Ein Matheson sollte sich nicht so leicht einschüchtern lassen!« Er starrte finster zu Boden und stampfte dabei zornig mit dem Fuß auf.
Dylan konnte ihm da nur Recht geben. Es verdross ihn zutiefst, Bedford widerstandslos gehorchen zu müssen, aber die einzige Alternative wäre ein blutiger Kampf gewesen, den sie keinesfalls hätten gewinnen können. Missmutig stapfte er hinter Artair her, der sich wieder in Bewegung gesetzt hatte.
»Alle mir nach!«, befahl der junge Mann plötzlich. Er duckte sich, um den Pfad, der zum Torhaus führte, zu verlassen und sich in die Büsche zu schlagen, doch Dylan packte ihn gerade noch rechtzeitig am Mantel und riss ihn zurück. Artair befreite sich wütend aus Dylans Griff und drohte ihm mit der Faust.
Dùghlas, der ungefähr in Artairs Alter war, wollte empörte Einwände erheben, doch Dylan ignorierte ihn und fuhr Artair an: »Bist du verrückt geworden? Siehst du denn nicht, dass der Dragoner dort hinten dich beobachtet?« Artair und die anderen drehten sich erschrocken um, nur Dylan würdigte den Rotrock, der sein Pferd kurz vor der Zugbrücke gezügelt hatte und sie schweigend beobachtete, keines Blickes. Artair öffnete schon den Mund, um den Soldaten mit einem Schwall von Beschimpfungen zu überschütten, doch wieder griff Dylan ein, packte ihn und versetzte ihm einen kräftigen Stoß. »Geh weiter!«
»Du vergisst wohl, mit wem du sprichst.« Artair dämpfte seine Stimme zu einem drohenden Flüstern.
»Ich wünschte, ich könnte es. Und jetzt geh weiter, sonst helfe ich nach.«
Artair trottete voran. Er wusste nur zu gut, dass Dylan seine Drohung wahrmachen würde. Trotzdem konnte er sich eine bösartige Bemerkung nicht verkneifen. »Habt ihr das gehört? Große Worte aus dem Mund eines Mannes, der den Mórder seiner Frau frei herumlaufen lässt!«
Wieder stieg heiße Wut in Dylan auf. Er gab Artair noch einen Stoß und sah zu, wie der junge Mann am Torhaus vorbei in den Burghof taumelte. »Halt dein dreckiges Maul, verstehst du mich? Halt einfach das Maul!« Mehr brachte er nicht heraus, der Zorn schnürte ihm die Kehle zu.
Doch Artair war nicht gewillt, klein beizugeben. Er drehte sich um, wippte auf den Zehenspitzen auf und ab und bedachte Dylan mit einem höhnischen Grinsen. »Keiner hier im Tal versteht, warum Bedford noch am Leben ist. Ich erinnere mich noch genau, wie du geschworen hast, ihn mit deinen eigenen Händen zu töten, wenn wir ihn dir überlassen. Du hast Caits Vater versprochen, sie zu rächen, und du hast dein Wort gebrochen. Du hast Schande über uns alle gebracht, sage ich. Findet ihr nicht auch, Dùghlas? Robin? Seumas?« Er blickte die anderen Männer auffordernd an, doch die drückten sich hastig an ihm vorbei. Sie wollten keinesfalls in diesen Streit verwickelt werden und weder Artair noch Dylan offen beleidigen.
Nur Dùghlas murmelte ein nahezu unverständliches »Aye«. Robin gab keine Antwort. Dylan hatte ihm einst das Leben gerettet, und seitdem waren sie enge Freunde. Doch Dylan sah ihm an, dass auch er sich fragte, warum Bedford nicht für seine Tat zur Rechenschaft gezogen worden war. Das ganze Tal wusste doch, dass er Cait ermordet hatte. Auch Seumas schwieg. Nachdenklich nagte er an seiner Unterlippe.
In diesem Moment kam Ranald Matheson, ein geistig zurückgebliebener junger Mann, aus der großen Halle gestürmt und entdeckte die
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