Die Rettung
»Ranald! Tu, was ich dir gesagt habe! Lauf!«
Doch der junge Mann hüpfte weiter quietschend auf und ab. Jetzt galt es, ihn möglichst noch rechtzeitig einzufangen und in Sicherheit zu bringen. Dylan wurde das Herz schwer. Er rannte auf Ranald zu und ließ dabei sein Bündel fallen.
Die Dragoner hatten den Schwachsinnigen bereits erspäht und zogen unter lautem Gelächter ihre Säbel. Der Anführer trieb sein Pferd zu einem Galopp an und jagte auf Ranald zu.
»Nein! Ranald!« Dylan hielt mitten im Lauf inne. Er war zu weit von Ranald entfernt, um ihn noch rechtzeitig erreichen zu können. »Großer Gott...«
Der junge Mann drehte sich stirnrunzelnd um, als er Hufgetrommel hinter sich hörte, und gab ein ärgerliches Knurren von sich. Der erste Dragoner holte aus, um ihm die flache Klinge seines Säbels über den Rücken zu ziehen. Ranald versuchte dem Hieb auszuweichen, war aber nicht schnell genug. Der Säbel schlitzte sein Hemd auf und hinterließ eine dünne rote Linie auf seiner schmutzigen Haut.
Vor Angst und Schmerz laut aufschreiend drehte sich Ranald zu dem zweiten Dragoner um, während der erste ihn umkreiste. Eine Blutspur rann an seinem Bein herunter. Entsetzt schlug er die Hände vor das Gesicht. Doch als der zweite Reiter näher kam, bückte er sich plötzlich und hob einen großen, scharf gezackten Stein vom Boden auf. Der Säbel des zweiten Dragoners pfiff durch die Luft und traf ihn am Gesäß. Wieder tropfte Blut aus der Wunde.
Dylan und Robin standen am Straßenrand und sahen hilflos zu, wie die Rotröcke ihr wehrloses Opfer peinigten. Gegen zwei Dragoner, die mit Säbeln und mit Musketen bewaffnet waren, konnten sie nichts ausrichten.
Wieder stieß Ranald einen lauten Schmerzensschrei aus; dann fuhr er herum und holte aus, um den Stein nach dem zweiten Reiter zu schleudern.
»Um Himmels willen!«, keuchte Robin. »Ranald ...« Er ließ das Huhn los, das gackernd davonflatterte.
Der Stein traf den Dragoner am Auge. Der Mann brach in einen Schwall angelsächsischer Obszönitäten aus und versuchte, sich das Blut von der Wange zu wischen. Ranald sprang vor Freude kreischend auf und ab und deutete dabei auf den blutenden Soldaten. Dylan, der ahnte, was gleich kommen würde, ging noch ein paar Schritte auf ihn zu. »Nein«, murmelte er zu sich selbst, weil er nicht wagte, die Aufmerksamkeit der Dragoner auf sich zu lenken. »Nein, tut das bitte nicht.«
»Na schön«, zischte der erste Reiter, der mit der Spitze seines Säbels auf Ranald zeigte. »Du hast es nicht anders gewollt.« Er galoppierte mit erhobener Waffe auf den schwachsinnigen jungen Mann zu, holte aus und trennte ihm Vinter den entsetzten Blicken von Dylan und Robin mit einem mächtigen Hieb fast den Kopf vom Rumpf. Eine Blutfontäne spritzte auf und ergoss sich über Pferd und Reiter. Ranald brach zusammen; sein Kopf knickte in einem unnatürlichen Winkel vom Hals ab. Eine große Blutlache bildete sich unter seinem Körper, ein letztes Zittern durchlief ihn, dann blieb er regungslos liegen.
Rot glühende Wut flammte in Dylan auf und schaltete jegliche Vernunft aus. Mit einem markerschütternden Gebrüll wollte er sich auf den mörderischen Rotrock stürzen, doch Robin gelang es gerade noch, ihn zu packen und zu Boden zu reißen. Dylan setzte sich mit aller Kraft zur Wehr, trat um sich und wand sich in Robins eisernem Griff, doch dieser hielt ihn fest.
»Verdammt«, fluchte der blutbespritzte Dragoner, der das ganze Unheil angerichtet hatte. »Nun schau sich einer diese Schweinerei an.« Dann musterte er seinen verletzten Kameraden. »Komm, Henry, sehen wir zu, dass wir zur Baracke zurückkommen.«
Henry belegte immer noch jeden Schotten nördlich der Hochlandlinie und deren Vorfahren bis hin zu den Pikten mit wüsten Verwünschungen, trieb aber gehorsam sein Pferd an und folgte seinem Kameraden zurück zur Garnison.
Erst als die Dragoner außer Sichtweite waren, ließ Robin Dylan los, der sich hochrappelte und ein paar halbherzige Hiebe gegen seinen Freund führte, aber dieser war zugleich auch sein Schüler und wich geschickt aus.
Die Bewohner der umliegenden Häuser kamen jetzt auf die Straße gerannt, um zu sehen, was geschehen war. Beim Anblick von Ranalds leblosem Körper brachen die Frauen in Tränen aus, die Männer fluchten leise, und die Kinder zeigten aufgeregt miteinander flüsternd auf die riesige Blutlache am Boden.
Auch Dylan betrachtete die Leiche traurig. Wieder einmal tränkte Matheson-Blut die Erde. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher