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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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schon nicht als Waffe einzusetzen vermag, könnte man es immerhin als Licht-und Wärmequelle nutzen, denn im Augenblick ist nicht die Armee der Zwergameisen ihr größter Feind, sondern die Nacht – und das Feuer vermag die Nacht zu besiegen.
    Gegen Mitternacht kann man deshalb etwas Unglaubliches sehen: einen Lichterzug, der auf das feindliche Lager zumarschiert. Mit Hilfe der Laternen aus Pappelblättern, die sie auf dem Rücken tragen, können die roten Ameisen im Dunkeln sehen und sich mühelos bewegen, während der Feind fest schläft.
    Das Biwak der Zwerginnen sieht wie eine große schwarze Frucht aus, aber in Wirklichkeit ist es eine lebendige Stadt, deren Mauern und Straßen aus starren Insekten bestehen.
    Die Prinzessin dringt zusammen mit ihren Kriegerinnen ins Feindeslager ein. Glücklicherweise ist die Nacht so kalt, daß alle so gut wie betäubt sind.
    Welch seltsames Gefühl, durch Korridore zu laufen, deren Wände, Decken und Böden aus Ameisen bestehen!
    Unser einziger wirklicher Feind ist die Furcht, macht die Prinzessin sich selbst Mut. Die Nacht ist ihr Verbündeter, denn die Zwerginnen werden noch mehrere Stunden schlafen.
    Nr. 5 warnt, man dürfe nicht zu lange an einem Ort verharren, denn sonst würden die Mauern durch die Wärme der Laternen zum Leben erwachen, und dann könnte es zum Kampf kommen. Deshalb beeilen sich die Belokanerinnen, ihren regungslosen Feinden mit ihren Mandibeln die Kehle durchzuschneiden, allerdings nur zur Hälfte, denn viele herabrollende Köpfe könnten in ihren eigenen Reihen großen Schaden anrichten.
    Während der Nacht Krieg zu führen ist für die Ameisen eine so neue Erfahrung, daß sie ständig improvisieren müssen.
    Beispielsweise dürfen sie nicht zu tief ins Biwak eindringen, weil ihre Laternen sonst aus Luftmangel erlöschen würden.
    Auch muß man zunächst die äußeren Schichten der Feinde töten und vorsichtig abschütteln, weil es sonst ein Chaos gäbe.
    Die Prinzessin und ihre Kriegerinnen morden ohne Unterlaß, wobei Wärme und Licht der Laternen wie ein Aufputschmittel wirken, so daß sie in einen Blutrausch verfallen.
    Nur Nr. 103 behält einen halbwegs klaren Kopf und denkt: Ist so etwas wirklich notwendig, um dem Fortschritt zum Sieg zu verhelfen?
    Der sensible Prinz hält dieses Gemetzel nicht lange durch, und die Prinzessin hat dafür Verständnis. Man weiß ja, daß Männchen die reinsten Mimosen sind! Sie bittet ihn nur, draußen auf sie zu warten.
    Das viele Töten ermüdet die Ameisen, und sobald der erste Blutrausch verflogen ist, verspüren sie auch Skrupel. Ein fairer Zweikampf ist eben doch etwas ganz anderes als dieses Abschlachten eines schlafenden Feindes.
    Der Oleinsäuregestank, den die Leichen verströmen, ist so unerträglich, daß die Belokanerinnen das Biwak zwischendurch verlassen müssen, um frische Luft zu schnappen, doch Nr. 103 mahnt zur Eile, denn die Nacht ist kurz. Ihre Mandibel lassen durchsichtiges Blut aus den Kehlen hervorspritzen, das die eine oder andere Laterne löscht. Ihrer Wärmequelle beraubt, schlafen diese Ameisenträgerinnen sofort mitten zwischen ihren Feinden ein.
    Das Verhalten der Finger muß ansteckend sein, wenn Ameisen sich jetzt auf diese feige Weise bekriegen, überlegt die Prinzessin, aber sie weiß auch genau, daß alle Zwerginnen, die am Leben bleiben, am nächsten Morgen das neue Bel-o-kan angreifen werden.
    Ihr bleibt keine andere Wahl, als zu morden. Krieg beschleunigt nun einmal den Lauf der Geschichte.
    Nr. 5 hat vom Töten einen Krampf in den Mandibeln. Sie ruht sich einen Augenblick aus, stärkt sich an einer toten Zwergin und putzt ihre Fühler, bevor sie sich wieder an die Arbeit macht.
    Im Morgengrauen kehren die Kriegerinnen erschöpft und blutverkrustet in ihre Stadt zurück, während die ersten Sonnenstrahlen das Biwak wecken.
    Die Prinzessin begibt sich wieder auf die Kuppel, um die Reaktion des Feindes zu beobachten, und sie braucht nicht lange zu warten. Vom Schlaf erwacht, können die Zwerginnen nicht begreifen, was während der Nacht vorgefallen ist. Wer hat ihre Gefährtinnen meuchlings ermordet? Die Überlebenden treten hastig den Rückzug an, und kurz darauf bitten Abgesandte der roten Ameisen, die gegen ihre Hauptstadt rebelliert haben, um Einlaß und unterwerfen sich demütig.
    Die Kunde von der Niederlage der Zwerginnen macht sehr schnell die Runde, und aus allen Ameisenbauten der Nachbarschaft strömen Soldatinnen zuhauf herbei und wollen der neo-belokanischen

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