Die Revolution der Ameisen
Roboter gelang es, auch Gonzagues Freunde zu erledigen.
Gleich darauf lagen drei Schwarze Ratten bewußtlos am Boden.
David band Julie los.
»Uff, diesmal dachte ich wirklich, es wäre um mich geschehen.«
»Konnte gar nicht sein! Du warst nicht in Gefahr.«
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Weil du die Heldin bist, und in Romanen sterben die Heldinnen nie«, scherzte er.
Seine Bemerkung verblüffte Julie. Sie beugte sich über den Hund.
»Armer Achille! Er dachte, die Menschen seien die besten Freunde der Hunde.«
Sie schaufelte mit den Händen ein Loch und begrub den Hund mit den Worten: »Hier ruht ein Hund, der viel zu naiv war … Gute Reise, Achille!«
Die fliegende Ameise schwirrte um sie herum und summte ungeduldig, aber Julie wollte sich erst noch ein wenig erholen.
Sie lehnte sich an David, aber nicht lange, denn sobald ihr bewußt wurde, was sie machte, trat sie verlegen zurück.
David tat so, als wäre nichts geschehen. »Komm, gehen wir, die Ameise hat es eilig.«
Das Insekt dirigierte sie ins Dickicht.
182. ENZYKLOPÄDIE
Eine Frage des Maßstabs: Alles hängt davon ab, mit welchem Maßstab man irgend etwas betrachtet. Der Mathematiker Benoit Mandelbrot hat nicht nur die Fraktale erfunden, sondern auch aufgezeigt, daß wir von der Welt, die uns umgibt, nur Parzellen wahrnehmen. Mißt man beispielsweise einen Blumenkohl, so hat er einen Durchmesser von – sagen wir mal – dreißig Zentimetern. Würde man aber jede Windung verfolgen, käme man auf den zehnfachen Durchmesser.
Untersucht man einen glatten Tisch unter dem Mikroskop, erkennt man eine Gebirgskette, und würde man all diese Vertiefungen messen, hätte der Tisch eine unglaubliche Länge.
Alles hängt von dem Maßstab ab, den man bei dem Tisch anlegt.
Benoit Mandelbrot hat uns die Augen dafür geöffnet, daß es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt, daß ein ehrlicher Mensch bei all seinem Wissen so manche Ungenauig-keit akzeptieren muß, die von der nächsten Generation zwar verringert wird, aber nie völlig eliminiert werden kann.
EDMOND WELLS,
Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
183. DER GROSSE FRIEDENSMARSCH
Seit dem frühen Morgen sind die Reisevorbereitungen in Neo-Bel-o-kan in vollem Gange. In der ganzen Stadt wird nur über den großen Friedensmarsch zu den Fingern geredet.
Diesmal ist es keine einzelne Ameise, sondern eine riesige Menge, die sich zur Begegnung mit der höheren Dimension aufmacht, zur Begegnung mit den Fingern … vielleicht sogar zur Begegnung mit den Göttern.
Im Saal der Soldatinnen füllen alle ihre Hinterleiber randvoll mit Säure.
»Glaubst du wirklich, daß es die Finger gibt?«
Eine Kriegerin schüttelt verwirrt den Kopf. Sie ist davon nicht ganz überzeugt, aber am Ende dieses Friedensmarsches wird man Gewißheit haben. Sollte es die Finger nicht geben, werden sie einfach zurückkehren und ihr normales Leben wieder aufnehmen.
Andere Ameisen diskutieren noch hitziger.
»Glaubst du, daß die Finger uns als gleichberechtigte Partner behandeln werden?«
Die Gefragte kratzt sich an den Fühlern. »Wenn nicht, wird es Krieg geben, und wir werden uns verteidigen.«
Vor der Stadt werden die Schnecken beladen. Sie sind wirklich die besten Lastenträger, die vorstellbar sind, obwohl sie sich so langsam bewegen. Ihr größter Vorzug besteht darin, daß man sie notfalls verspeisen kann, und von einer einzigen Schnecke können sehr viele Ameisen satt werden. Während man ihnen riesige Nahrungsmittelvorräte und Kieselsteine mit Glut aufbürdet, gähnen sie teilnahmslos und entblößen dabei ihre 25600 kleinen Zähne.
Einige Schnecken sollen die Eier schleppen, die mit Met gefüllt sind, denn die Ameisen haben entdeckt, daß dieser Alkohol gegen die Kälte der Nacht schützt und Mut verleiht.
Andere müssen die Zisternenameisen transportieren, jene berühmten unbeweglichen Insekten, deren Hinterleib fünfzigmal größer als der übrige Körper ist, weil sie als lebendige Honigtaufässer dienen.
»Mit diesen Lebensmittelvorräten könnten wir sogar zweimal den Winterschlaf überstehen!« ruft Nr. 24.
Die Prinzessin erwidert, seit sie die Wüste durchquert habe, wisse sie, daß Nahrungsmittelmangel jede noch so tüchtige Expedition zum Scheitern bringen könne, und deshalb wolle sie jedes Risiko ausschließen.
Während die Ameisen mit den Reisevorbereitungen beschäftigt sind, kreisen verbündete Wespen und Bienen wachsam über
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