Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
Vom Netzwerk:
Mittel finden, um sich zu identifizieren und von der Welt abzusondern, und es wird begreifen, daß es diese Welt erobern muß.
    Katzen machen diese Phase niemals durch. Wenn sie sich in einem Spiegel sehen, versuchen sie dahinter zu gelangen, um die andere Katze zu fangen, und an diesem Verhalten wird sich bis zu ihrem Tod nichts ändern.
    EDMOND WELLS,
    Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Band III
     

222. TRAGISCHER FALL IM GEWÖLBE
     
    Welch ein Anblick!
    Im ersten Augenblick glaubte Maximilien, er träume von der elektrischen Eisenbahn, die er sich als Kind so sehnlichst gewünscht hatte, denn vor ihm lag eine fantastische Stadt in verkleinertem Maßstab.
    In der oberen Pyramide hatte Arthur mit seinen Freunden gewohnt. Die untere war eine Ameisenstadt.
    Eine Hälfte für die Menschen, die wie Ameisen lebten, eine Hälfte für die Ameisen, die wie Menschen lebten.
    Der Kommissar beugte sich wie Gulliver über diese Lilliputanerstadt. Er fuhr mit den Fingern die Straßen entlang und verweilte in den Gärten. Die Ameisen schienen nicht beunruhigt zu sein. Zweifellos waren sie an häufige Besuche von Arthur und den anderen gewöhnt.
    Welches Meisterwerk! Es gab Straßenlampen, Häuser und Gärten. Links weideten Blattläuse auf Feldern aus Rosensträuchern, rechts ein Industriegebiet mit rauchenden Schornsteinen. In der Stadtmitte mit ihren schönen Bauten gab es eine Fußgängerzone.
    MYRMECOPOLIS – Ameisenstadt – stand auf einem Straßenschild am Stadtrand.
    Ameisen fuhren in Autos durch die Straßen. Anstelle von Lenkrädern waren die Fahrzeuge mit Rudergriffen ausgestattet, weil die mit Greifern leichter zu bedienen waren.
    Auf Baustellen wurden mit Hilfe von Mini-Bulldozern neue Gebäude errichtet. Instinktiv bevorzugten die Ameisen runde Dächer.
    Es gab eine Stadtbahn und Sportstadien. Maximilien kniff die Augen zusammen. Es kam ihm so vor, als spielten zwei Ameisenmannschaften American Football, nur konnte er keinen Ball erkennen. Es sah eher nach einer Schlägerei aus.
    Er konnte es einfach nicht fassen. MYRMECOPOLIS.
    Das also war das große Geheimnis der Pyramide! Arthur und seine Komplicen hatten den Ameisen zur schnellsten Evolution der Weltgeschichte verholfen. Innerhalb weniger Monate waren sie aus der Urgeschichte in die Neuzeit geschleudert worden.
    Maximilien fand eine Lupe auf dem Boden und konnte nun alles noch besser erkennen. Auf einem breiten Kanal fuhren Raddampfer, Miniaturausgaben der Mississippiboote, und Zeppeline flogen über sie hinweg.
    Es war märchenhaft – und erschreckend.
    Der Kommissar war überzeugt, daß die Königin Nr. 103 sich irgendwo in dieser Science-Fiction-Ameisenstadt befand. Wie sollte er sie ausfindig machen und verhaften? Die Nadel im Heuhaufen. Das Streichholz und der Magnet. Man mußte nur die richtige Methode finden.
    Maximilien holte einen Teelöffel und eine kleine Phiole aus seiner Jackentasche.
    Um eine Ameisenkönigin zu finden, brauchte man normalerweise nur die Brutkammern zu suchen, aber hier gab es keine Brutkammern. War die Königin steril?
    Ihm fiel ein, daß der Staatsanwalt vorgelesen hatte, diese Nr.
    103 hätte eine gelbe Markierung auf der Stirn. Aber in all diesen Häusern konnten sich Hunderte von Ameisen mit gelben Markierungen verstecken. Man mußte dafür sorgen, daß sie ihre Häuser verließen.
    Er stieg in die obere Pyramide hinauf, wühlte in Schränken herum und fand einen Petroleumkanister. In blinder Panik gibt man alle Geheimnisse preis. Wenn er das schwarze Gift über die Stadt ausgoß, würden die Ameisen bestimmt versuchen, ihre Königin zu retten. So degeneriert sie durch den engen Kontakt mit den Menschen auch sein mochten – dieses über Jahrmillionen hinweg genetisch programmierte Verhalten hatten sie mit Sicherheit nicht vergessen. Maximilien goß Petroleum in die rechte Ecke der Stadt, die etwas erhöht lag. Von dort floß die stinkende Flüssigkeit langsam den Hügel hinab, überschwemmte Straßen, Gärten und Häuser. Panik brach aus. Ameisen stürzten aus ihren Häusern und versuchten, sich mit ihren Autos zu retten, doch es gab keine Straßen mehr.
    Der Kanal bot ebenfalls keine Fluchtmöglichkeit, denn sein klares Wasser war dunkel und ölig geworden, und die Dampfer kamen nicht mehr voran, weil die Räder verklebt waren.
    Die Ameisen schienen überrascht zu sein, daß die Finger, die ihnen soviel geholfen hatten, nun eine solche Katastrophe zuließen. Man hatte den Eindruck, als warteten sie auf

Weitere Kostenlose Bücher