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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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nicht anders. Es war besser, die missliche Liebschaft schnellstens zu vergessen.
    Amorets mehrtägige Abwesenheit vom Hof war nicht unbemerkt geblieben. Zum ersten Mal seit Monaten zeigte der König eine gewisse Verstimmung, weil er sich von seiner Mätresse vernachlässigt fühlte, so dass sie ihm den Grund für ihr Verschwinden erklären musste. Amorets Schwangerschaft ließ sich inzwischen nicht mehr verbergen, und da sie Jeremy versprochen hatte, sich nicht mehr so eng zu schnüren, bat sie Charles, sich noch vor Weihnachten vom Hof zurückziehen zu dürfen. Wie viele Adelige unterhielt sie ein Stadthaus am Strand, einer Verbindungsstraße zwischen Westminster und dem Londoner Stadtkern. Ein wenig enttäuscht stimmte er zu. Er sah ein, dass es angesichts des zunehmenden boshaften Geredes über den königlichen Bastard das Klügste war.
    Amoret bedauerte es sehr, dass sie fortan auf ihre Besuche in der Paternoster Row verzichten musste. Stattdessen kam Jeremy regelmäßig bei ihr vorbei, um nach ihr zu sehen. Alan, der wusste, wie sehr der Priester sich um Lady St. Clair sorgte, schlug schließlich vor, jemanden zu ihr zu schicken, der über sie wachen und ihn im Notfall unverzüglich benachrichtigen solle. Niemand sei dafür besser geeignet als Breandán, fügte der Wundarzt unschuldig hinzu. Außerdem könnten auf diese Weise die Streitereien zwischen dem Iren und dem Gesellen vermieden werden, die immer wieder aufflammten. Jeremy widersprach nicht, obwohl er Alans Hintergedanken durchschaute. Zu seiner Beunruhigung war ihm bisher keine Lösung des Problems eingefallen. Amoret und Breandán hingen so sehr aneinander, dass es grausam gewesen wäre, eine Trennung zu erzwingen. Doch es bestand keine Hoffnung für sie, jemals heiraten zu können. Der König würde einer derart unstandesgemäßen Verbindung nie zustimmen. Und so schob Jeremy die Angelegenheit unschlüssig vor sich her, in der Hoffnung, dass sie sich früher oder später von selbst erledigen würde. Fortan machte sich Breandán also jeden Nachmittag auf den Weg zu Lady St. Clairs Stadthaus, verbrachte dort die Nacht und kehrte morgens wieder zurück, denn tagsüber wurde seine Hilfe in der Chirurgenstube gebraucht.
    Eines Morgens, als Breandán gerade damit beschäftigt war, ein Regal zu reparieren, betrat ein blonder Mann mit kirschrotem Mondgesicht und wippendem Schmerbauch die Offizin und rief ihm in jovialem Ton zu: »He, Bursche, ist Dr. Fauconer im Haus?«
    Der unverkennbare irische Akzent des Besuchers ließ Breandán augenblicklich aufschauen. Ein erfreutes Lächeln breitete sich über sein Gesicht. »Dia duit, a chara«, begrüßte er ihn auf Gälisch.
    »Dia’s Muire duit. Ich nehme an, Ihr seid der junge Ire, dem Fauconer Lesen und Schreiben beigebracht hat. Ich bin Pater Ó Murchú. Ich kümmere mich um die Katholiken in St. Giles-in-the-Fields.«
    »Ich weiß. Es ist schön, einen Landsmann zu treffen, Pater. Kommt mit, ich bringe Euch nach oben.«
    Wie ein Blasebalg schnaufend, kletterte Ó Murchú hinter Breandán die Treppe in den zweiten Stock hinauf. »Ich denke, bevor ich gehe, könnte ich einen kleinen Aderlass vertragen«, bemerkte er mit einer Grimasse.
    Jeremy war über den unerwarteten Besuch ebenso erfreut wie Breandán, der sich taktvoll zurückzog und sie allein ließ.
    »Pádraig, was führt Euch her?«
    »Nun, ich wollte sehen, wie es Euch geht. Bei unserem letzten Gespräch hatte ich nicht das Gefühl, als wenn Ihr wieder mit Euch im Reinen wärt.«
    »Das ist richtig«, gestand Jeremy. »Ich fühle mich nach wie vor hin und her gerissen zwischen meiner Berufung zum Priester und dem Verlangen, als Arzt tätig zu sein.«
    »Zweifelt Ihr an Eurer Berufung?«
    »Nein, meine seelsorgerische Arbeit erfüllt mich. Aber wenn ich körperliches Leiden sehe, dann möchte ich es erleichtern.«
    »Auch wenn Ihr dabei die Seele vernachlässigt?«, fragte Ó Murchú. »Wie hättet Ihr gehandelt, wenn kein Zweifel daran bestanden hätte, dass Meister Ridgeway im Sterben lag und Eure chirurgischen Bemühungen sinnlos gewesen wären? Wem hättet Ihr dann den Vorzug gegeben, dem Arzt oder dem Priester?«
    »Dem Priester. In diesem Fall wäre es mir in erster Linie darum gegangen, seine Seele zu retten.«
    »Also bestand Eure Sünde einzig in Eurer Überzeugung, das Leben des Verletzten bewahren zu können«, stellte der irische Jesuit fest.
    »Sie bestand in meinem Hochmut, in meinem Stolz als Arzt. Ich hätte mich auch irren

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