Die Richter des Königs (German Edition)
andere Art der Strafe an. Ihr einziges Mittel ist die Abschreckung. Doch jede Abschreckung verliert ihre Wirkung, wenn nicht von Zeit zu Zeit ihre Schärfe demonstriert wird. Also muss eine Auswahl getroffen werden. Man opfert ein paar Verurteilte, um die anderen daran zu erinnern, was sie erwartet, wenn sie wieder straffällig werden. Unglücklicherweise gibt es keine andere Möglichkeit, das Recht in einer Gesellschaft wie der unsrigen zu wahren, in der es an effektiven Ordnungshütern mangelt und die Strafverfolgung allein beim Opfer eines Verbrechens liegt.«
»Ihr wollt damit sagen, dass McMahon möglicherweise als Sündenbock herhalten muss?«, fasste Jeremy bedrückt zusammen.
»Wenn er schuldig gesprochen wird, ja«, bestätigte George Jeffreys. »Und um ehrlich zu sein, zweifle ich nicht, dass genau das eintreten wird. Die Jury kommt aus derselben Schicht wie Sir John. Es sind Kaufleute und Handwerker, denen daran liegt, ihr Eigentum vor Diebesgesindel zu schützen. Sie werden dem Schwur eines Ratsherrn mehr Glauben schenken als den Beteuerungen eines Straftäters, der darüber hinaus auch noch Ausländer ist.
Es gäbe allerdings die Möglichkeit, einen Gnadenerlass vom König zu erwirken. Zu diesem Zweck wird gewöhnlich am Ende einer Sitzung eine Liste in Frage kommender Todeskandidaten zusammengestellt. Aber auch hier werden nur Verurteilte aufgenommen, die vorher ein unbescholtenes Leben geführt haben und deren Hinrichtung den Verlust einer wertvollen Arbeitskraft bedeuten würde. Zudem glaube ich, dass Sir John seinen ganzen Einfluss geltend machen würde, um zu verhindern, dass McMahon begnadigt wird. Immerhin hat er keine Unkosten gescheut, ihn zur Strecke zu bringen. Ihr wisst ja nicht, wie teuer ein solcher Prozess für den Ankläger ist. Es fallen eine Menge Gebühren an, zuerst für die Kautionsversprechen, die er für sich und seine Zeugen eingehen muss, dann für den Gerichtsschreiber, der die Anklageschrift verfasst, und schließlich noch für die Gerichtsdiener, den Pförtner und den Ausrufer, von den Zeugen ganz zu schweigen. Da kommt gut ein Pfund zusammen. Offenbar ist Sir John davon überzeugt, dass McMahon eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.« Jeffreys schüttelte seufzend den Kopf. »Nein, ich fürchte, Euer Ire ist schon so gut wie gehenkt!«
»Ihr habt mir immer noch keinen Rat gegeben, wie ich ihm helfen kann«, erinnerte ihn Jeremy hartnäckig.
»Ihr seid tatsächlich entschlossen, wie es scheint«, stellte der Student überrascht fest. »Warum? Er ist ein armseliger Strauchdieb, nichts weiter als Abschaum. Lasst ihn hängen und spart Euer Geld.«
»Er ist ein Mensch in Not, dem übel mitgespielt wurde. Ich glaube nicht, dass er getan hat, was man ihm vorwirft.«
»Also gut, wenn Ihr unbedingt wollt. Das Einzige, was Ihr tun könnt, ist, dafür zu sorgen, dass McMahon vor Gericht einen anständigen Eindruck macht. Richtet ihn ein wenig her, damit er nicht aussieht wie ein Vagabund. Das äußere Erscheinungsbild und das Auftreten eines Angeklagten haben eine starke Wirkung auf die Geschworenen. Versucht außerdem, wenigstens ein paar Leumundszeugen aufzutreiben. Derjenige, der gar keine vorweisen kann, ist unweigerlich verloren.«
Jeremy hatte dem Studenten gedankt und seine Ratschläge so weit wie möglich in die Tat umgesetzt. Es glückte ihm, zwei Zeugen zu finden, die sich bereit erklärten, gegen Begleichung ihrer Unkosten für den Arbeitsausfall und eine Vergütung für ihre Mühe vor Gericht auszusagen. Der eine war der Kapitän eines Schiffs, für den der Ire eine Weile in den Docks gearbeitet hatte, der andere der Besitzer einer Fechtschule, der Breandán aufgrund seiner außergewöhnlichen Geschicklichkeit in der Handhabung jeglicher Art von Waffen bis kurz vor seiner Verhaftung hin und wieder beschäftigt hatte. Dort unterwies der Ire so manchen tölpelhaften Kaufmannssohn im Gebrauch des Degens. Er hatte diese Kunstfertigkeit während seines Söldnerdaseins erlangt, das ihn als Sechzehnjährigen zuerst in das französische und nach dem Pyrenäenfrieden in das spanische Heer an die portugiesische Front geführt hatte, bevor er nach England gegangen war, um dort Arbeit zu suchen.
Am Tag vor der Gerichtseröffnung brachte Jeremy dem jungen Mann saubere Kleidung, die Alan ihm überlassen hatte, und Seife ins Gefängnis, damit der Ire sich notdürftig waschen konnte. Mit einem Klappmesser machte der Priester sich schließlich daran, den verfilzten Bart
Weitere Kostenlose Bücher