Die Richter des Königs (German Edition)
Euch auf den Knien liegt, und dann …«
»Was dann?«, fragte Amoret. Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sein harter Griff ihr Schmerzen bereitete, sondern hielt ganz still.
»Ich werde Euch nicht den Gefallen tun und mir wie einem Tanzbären einen Ring durch die Nase ziehen lassen.«
Der Vergleich entlockte ihr ein Lächeln.
»Macht Euch nur lustig«, grollte Breandán. »Ihr glaubt, mit Eurem Geld könnt Ihr Euch alles kaufen. Ich brauche Euch nicht. Und ich werde nicht warten, bis die edle Dame den streunenden Hund satt hat und ihm einen Fußtritt gibt.«
Amoret zog betroffen die Augenbrauen zusammen. »Glaubt Ihr, das sei meine Absicht? Wer hat Euch das eingeredet?«
»Unwichtig. Ich weiß, dass es so ist. Und ich krepiere lieber im Straßenkot, als einer gelangweilten Lady als Hofnarr zu dienen.«
»Ihr irrt Euch. Ihr bedeutet mir mehr als das.«
Er bedachte sie mit einem eisigen Blick, hinter dem er seine innere Zerrissenheit verbarg. »Warum lügt Ihr, Madam? Was könnte ich, ein armer Schlucker, mehr für Euch sein als ein Spielzeug, das eine flüchtige Laune befriedigt?«
Er verlor die Beherrschung über sein Gesicht. Amoret meinte, auf einmal so etwas wie Trauer in seinen Zügen zu lesen. Sie verspürte einen Stich ins Herz, gefolgt von einem warmen Rieseln, das sich in ihren Gliedern ausbreitete. War es möglich, dass er nur deshalb so abweisend war, weil er nicht wollte, dass sie ihm wichtig wurde? Weil er Gefahr lief, etwas für sie zu empfinden, das ihm Angst machte?
»Breandán«, sagte sie sanft. »Seht mich an! Ich benutze Euch nicht. Mir liegt wirklich etwas an Euch.«
Da er weiterhin geradeaus in die Dämmerung starrte, legte sie die Hand auf seine Wange und zwang ihn, den Kopf in ihre Richtung zu wenden. Er ließ es geschehen. Die Härte war aus seinem Blick verschwunden. Da wusste sie, dass sein Widerstand ins Wanken geraten war.
Ganz langsam näherte sie ihr Gesicht dem seinen und sagte leise: »Küsst mich!« Sie spürte sein unschlüssiges Zögern, als Begehren und Misstrauen in ihm stritten. Unbeirrt schob sie sich dichter an ihn heran und streifte mit den Lippen sanft seinen Mundwinkel. Diese sachte, kaum spürbare Berührung ließ Breandán erschauern. Seine Atemzüge wurden schneller, und die Warnrufe seines Verstandes wurden von der Heftigkeit seines Verlangens zum Schweigen gebracht. Seine Lippen pressten sich auf die ihren, öffneten sie. Er spürte ihre Zähne, ihre Zunge, die scheu vor ihm zurückwich, so ungestüm, so zwingend war sein Kuss. Seine Hand legte sich um Amorets Nacken, um sie an einer abwehrenden Bewegung zu hindern, doch sie hatte ihre Überraschung überwunden und erwiderte seine stürmische Zärtlichkeit. Er küsste sie mit der Gier des Verhungernden, der von der Angst getrieben wurde, das Gewonnene wieder zu verlieren. Amoret ließ sich mitreißen, von einem herrlichen Gefühl des Triumphes durchdrungen. Er begehrte sie also doch!
Während er sich widerwillig von ihr löste, spürte sie, wie ein krampfartiges Zittern durch seinen Körper lief. Sie begriff, dass nur die Anwesenheit des Fährmanns, der das Treiben seiner Passagiere neugierig beobachtete, Breandán daran hinderte, sie auf der Stelle zu nehmen. Erst jetzt wurde Amoret klar, dass sie mit ihrem verführerischen Verhalten das Schlimmste in ihm geweckt hatte. Sie hatte seine ohnehin geringe Selbstbeherrschung erschüttert. In seinem Verlangen nach Befriedigung war er ihr ausgeliefert … und das hasste er! Ein Anflug von Angst stieg in ihr auf, als sie seinem zugleich lüsternen und zornigen Blick begegnete. Entschlossen kämpfte Amoret gegen ihre Verunsicherung an. Zum Glück erreichte das Boot kurz darauf die Anlegestelle des Whitehall-Palastes. Breandán besann sich auf seine Pflichten und hielt das Boot ruhig, damit Amoret gefahrlos aussteigen konnte. Als sie wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, sah sie den Iren auffordernd an. Breandán folgte ihr wortlos. Sie spürte seine brennenden Blicke im Rücken, während sie ihm vorausging. Bevor sie den Palast durch den Küchentrakt betraten, versteckte Amoret ihr Gesicht wieder hinter der schwarzen Samtmaske. In den düsteren Gängen der alten Gebäude waren Diener damit beschäftigt, auf Konsolen stehende Kandelaber anzuzünden.
»Nehmt einen der Leuchter«, wies Amoret den Iren an. So würde man ihn auch ohne Livree für einen Diener halten und ihn nicht weiter beachten. Am Hof machte Klatsch schneller die Runde,
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