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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Brust getroffen, wäre sie ebenso tödlich gewesen wie ein Fleischermesser. Alan fühlte kalten Schweiß auf der Stirn. Die Sinnlosigkeit der Attacke ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Warum hatte man versucht, ihn, einen bescheidenen Wundarzt, umzubringen? Es bestand wohl kein Zweifel, dass der Anschlag ihm persönlich gegolten hatte, denn die fingierte Nachricht war eindeutig an ihn und keinen anderen gerichtet gewesen. Für einen flüchtigen Moment streifte ihn der Gedanke, dass es sich um die Rache eines betrogenen Ehegatten handeln könnte. Außer Meister Bloundel gab es immerhin noch eine ganze Reihe, die einen Grund hatten, ihm zu schaden. Doch kurz darauf verwarf Alan diese Vermutung wieder. Keiner dieser braven Bürger war ein kaltblütiger Mörder. Man hätte ihn zur Rede gestellt oder ihn bei der Zunft angezeigt, aber ihm nicht bei Nacht und Nebel mit einem gezückten Messer aufgelauert. Nein, dahinter musste mehr stecken. Alan dachte an den Juristenmörder, der in London sein Unwesen trieb, und fragte sich, ob dieser Anschlag etwas mit ihm zu tun haben könnte. Auch wenn er nicht verstand, weshalb dieser Kerl es auf ihn abgesehen haben sollte, ging Alan der Gedanke nicht aus dem Kopf. Ein Überfall aus dem Hinterhalt, das passte zu diesem niederträchtigen Mordbuben. Obgleich er Alan entwaffnet hatte, war der Feigling geflohen. Offenbar konnte er seinen Opfern nicht in die Augen sehen, besonders, wenn diese größer waren als er selbst. Der Größenunterschied war der einzige Anhaltspunkt, der Alan von dem Zusammentreffen im Gedächtnis geblieben war. Verärgert biss sich Alan auf die Lippen. Er hatte Glück gehabt und den Anschlag überlebt, er hatte dem Mörder gegenübergestanden, und doch konnte er nichts dazu beitragen, ihn zu entlarven. Auf jeden Fall war es besser, Richter Trelawney und Jeremy schnellstens zu warnen.
    Trotz des Nebels kam der Hackney zügig voran. Der Stau auf der Fleet Street hatte sich aufgelöst, und es waren nur noch wenige Fuhrwerke unterwegs. Als die Kutsche das Ludgate hinter sich gelassen hatte und endlich in die Paternoster Row einbog, steckte Alan den Kopf aus dem Fenster, um nach Trelawneys Vierspänner Ausschau zu halten. Er atmete auf, als er vor dem Haus des Apothekers tatsächlich eine Kutsche stehen sah, die das Wappen des Richters trug. Alan rief dem Fahrer des Hackney zu, er solle anhalten. Eilig stieg er aus, bezahlte und wartete, bis die Mietkutsche wieder anfuhr und ihm den Weg auf die andere Straßenseite freigab.
    Alan wollte sich gerade in Bewegung setzen, als er fluchend innehielt. Ein von zwei Pferden gezogener Hackney näherte sich in eiligem Tempo. Es blieb Alan nichts anderes übrig, als ihn vorbeizulassen. Nervös sah er zur gegenüberliegenden Apotheke hinüber, auf der Suche nach Jeremy oder dem Richter, konnte jedoch keinen von beiden erkennen. Sicher befanden sie sich noch im Innern des Ladens.
    Plötzlich verspürte er einen heftigen Stoß zwischen die Schulterblätter. Er verlor das Gleichgewicht und fiel nach vorne, geradewegs vor die heranrollende Mietkutsche. Ein schriller Schrei hallte in seinen Ohren wider, vermischt mit dem Schnauben und Stampfen der Pferde. Dann erlosch alles.

 Fünfundzwanzigstes Kapitel 
    A moret sah von dem Buch auf, in dem sie seit einer Stunde las, und rieb sich die schmerzenden Augen. Durch das Fenster fiel nur wenig Tageslicht in die Kammer, und die einzelne Unschlittkerze auf dem Tisch vor ihr nährte nur eine kümmerliche Flamme.
    Ein Wunder, dass Pater Blackshaw sich nicht schon längst die Augen verdorben hat, dachte sie sorgenvoll. Ich muss ihm unbedingt einen Bund Bienenwachskerzen mitbringen.
    Sie richtete sich auf und ließ ihre steif gewordenen Schultern kreisen, so weit es das Mieder erlaubte. Sie konnte unmöglich auch nur einen Moment länger an diesem Tisch sitzen und lesen. Welch ein Pech aber auch, dass ausgerechnet heute alle Welt unterwegs war, und dann auch noch bei diesem ungemütlichen Wetter.
    Amoret trat ans Fenster und sah auf die Paternoster Row hinaus. Durch den milchigen Dunst konnte sie gerade noch die Häuser auf der anderen Straßenseite erkennen. Gelangweilt verließ sie Jeremys Kammer und stieg die schmale Treppe in die Offizin hinab. Der Geselle und der Lehrjunge waren mit Putzen und Aufräumen beschäftigt. Amoret vermutete, dass Breandán oder der Jesuit nun bald zurückkehren würden, und entschloss sich, in der Werkstatt zu warten. Bisher hatte sie noch nie die Gelegenheit

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