Die Richter des Königs (German Edition)
hektisch vom Bock und packte seine tänzelnden Pferde am Zaumzeug, um sie zu beruhigen.
Mit rasendem Herzen hastete Amoret über die Straße und erreichte das Unglücksgefährt vor den anderen Schaulustigen. Zwischen den Hinterhufen der Zugtiere und den Vorderrädern entdeckte sie einen reglos auf dem Boden zusammengekrümmten Körper. Er ist tot!, dachte sie entsetzt. Er muss tot sein! Heilige Jungfrau, wie konntest du etwas so Schreckliches geschehen lassen?
Im Fallen hatte Alan offenbar instinktiv versucht, seinen Kopf zu schützen, denn sein linker Arm bedeckte noch immer sein Gesicht. Etwas Spitzes, Blutiges hatte sich durch den Ärmelstoff gebohrt. Es war der Splitter eines gebrochenen Knochens. Sein Genick lag fast unmittelbar vor dem schweren Rad der Kutsche. Machten die Pferde auch nur einen kleinen Schritt vorwärts, würde ihm die eisenummantelte Felge unweigerlich die Halswirbel zermalmen.
Ohne an die Gefahr zu denken, kniete Amoret sich auf das Pflaster und versuchte, ihre Hände unter seine Achseln zu schieben, um ihn von dem Rad wegzuziehen. Aber er war zu schwer für sie.
»So helft mir doch!«, rief sie den Umstehenden zu, die endlich ihre Erstarrung überwanden und ihr zu Hilfe kamen. Als sie ihn bewegten, begann Alan zu röcheln und öffnete die Augen. Er musste unerträgliche Schmerzen haben. Die Zugpferde stampften mit ihren beschlagenen Hufen nervös auf den Boden. Noch bevor die Helfer den Verletzten außer Reichweite ziehen konnten, streifte ihn einer der Gäule am Bein. Wieder röchelte er nur, als habe er keine Kraft, zu schreien. Amoret bat die Leute, ihn so wenig wie möglich zu berühren.
Kurz darauf entdeckte sie zu ihrer Erleichterung Pater Blackshaw und Sir Orlando Trelawney zwischen den Menschen. Jeremy sagte kein Wort. Entsetzen breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er an der Seite seines Freundes auf die Knie fiel und seine Verletzungen zu untersuchen begann. Amoret sah, dass seine Hände zitterten. Sie saß hinter Alan auf dem Boden und hielt ihm mit beiden Händen den Kopf, um ihn an unkontrollierten Bewegungen zu hindern. Dabei bemerkte sie, dass Blut aus seinem Mund quoll und über seine Wangen rann. Kurz darauf lief ein krampfartiges Beben durch seinen Körper. Er fing an zu husten und spie noch mehr Blut aus.
Für einen Moment hielt der Priester zögernd inne. Amoret, die ihn angstvoll beobachtete, sah seine Hand wie in einem Reflex an seine Seite zucken, zu der Tasche, in der er die Utensilien zum Spenden der Sakramente verwahrte. Er trug sie immer bei sich, wenn er unterwegs war. Die junge Frau begriff, was diese Geste bedeutete, und das Herz wurde ihr schwer.
Doch plötzlich besann sich Jeremy, riss sich seinen Leinenkragen vom Hals und wand ihn um Alans linken Arm, oberhalb des offenen Bruchs, um die Blutung einzudämmen.
»Ich brauche eine Trage!«, rief er wild, ohne den Blick von seinem Freund zu nehmen. »Eine Tür, irgendetwas, womit man ihn transportieren kann!« In seiner Stimme schwang ein Ton der Verzweiflung, den Amoret noch nie bei ihm gehört hatte, aber auch eine verbissene Entschlossenheit, die ihr gut tat.
»Ich kümmere mich darum«, rief Breandán, der sich gerade hinter Amoret durch die Menge gedrängt hatte. Während der Ire zur Chirurgenstube eilte, wandte sich Sir Orlando an die Umstehenden: »Weiß jemand, was passiert ist?«
Noch immer bleich vor Schreck trat der Kutscher des Hackney vor. »Es war nicht meine Schuld!«, beteuerte er. »Der Mann lief mir direkt vor mein Gespann. Ich konnte nichts tun, um das Unglück zu verhindern.«
»Er sagt die Wahrheit«, bezeugte ein Mann mit einem hohen Puritanerhut. »Keiner von beiden war schuld. Ich habe deutlich gesehen, dass Meister Ridgeway gestoßen wurde.«
»Er wurde absichtlich vor die Kutsche gestoßen?«, wiederholte Trelawney ungläubig. »Habt Ihr gesehen, von wem?«
»Ich konnte nicht erkennen, wer es war. Er hatte die Kapuze seines Mantels über das Gesicht gezogen.«
»Wisst Ihr, ob es ein Mann oder eine Frau war?«
Der Zeuge legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Um ehrlich zu sein, nein.«
»Habt Ihr vielleicht beobachtet, wohin die Person gegangen ist?«, fragte der Richter weiter.
»Es tut mir Leid, Sir. Der Unbekannte war so schnell verschwunden, dass ich nicht einmal sagen könnte, in welche Richtung er sich gewandt hat.«
»Ich danke Euch trotzdem. Hat sonst noch irgendjemand etwas gesehen?«
Inzwischen hatten Breandán und John eine Tür gebracht und legten
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