Die Riesen vom Ganymed
wir die Ganymeder mit Minerva in Verbindung brin-
gen. Sehen Sie, zuallererst wußten wir ja lediglich, daß eines ihrer Schiffe auf Ganymed bruchgelandet war. Wir konnten überhaupt nicht wissen, wo es hergekommen war.«
»Natürlich. Da haben Sie vollkommen recht. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß die Ganymeder irgend etwas mit Minerva zu tun hatten, nicht wahr? Was hat Sie also am Ende auf die rechte Spur gebracht?«
»Ich muß zugeben, daß es sich um einen erneuten Glücksfall handelte«, sagte Danchekker. »Einige vollständig konservierte Fische wurden in den Nahrungskammern der Überreste einer zerstörten lunarischen Basis auf dem Mond gefunden. Wir konnten erfolgreich nachweisen, daß diese Fische Lebewesen Minervas waren und daß sie von den Lunariern zum Mond gebracht worden waren. Zudem zeigten die Fische in anatomischer Hinsicht Verwandt-schaftsbeziehungen zum Skelett der Ganymeder. Dieser Umstand implizierte natürlich, daß die Ganymeder ebenfalls zusammen mit den Fischen ein und denselben Evolu-tionsstrang besitzen. Da die Fische von Minerva stammten, mußten die Ganymeder ebenfalls von Minerva sein.«
»Daher mußte das Schiff also gekommen sein«, ver-deutlichte Hunt.
»Und von dort mußten auch die Tiere stammen«, fügte Danchekker hinzu.
»Und die einzige Möglichkeit, dorthin zu gelangen, bestand in einem Transport durch die Ganymeder«, beendete Hunt den Gedankengang.
Shannon dachte eine Weile über diese Aussagen nach.
»Ja..., ich verstehe«, sagte er schließlich. »Es ergibt alles einen Sinn. Über den Rest weiß jedes Kind Bescheid. Als Resultat daraus hat es zwei Gruppen tierischen Lebens gegeben – die eine, die fortwährend auf der Erde lebte, und die andere, die auf Minerva von den Ganymedern angesiedelt wurde und die entwickelte Primaten mit einschloß. In den darauffolgenden fünfundzwanzig Millionen Jahren entwickelten sich aus diesen die Lunarier auf Minerva, und deshalb verfügten sie auch über menschliches Aussehen.«
Shannon drückte seine Zigarre aus, legte dann beide Hände platt auf den Tisch und sah die beiden Wissenschaftler an.
»Und die Ganymeder«, fragte er. »Was geschah mit ihnen?
Sie verschwanden vollständig vor fünfundzwanzig Millionen Jahren. Seid ihr Wissenschaftler nahe daran, auch noch diese Frage zu beantworten? Wie wär's mit einem kleinen Informationsvorschuß? Ich interessiere mich sehr dafür.«
Danchekker zeigte ihm demonstrativ seine leeren Hände.
»Glauben Sie mir, ich würde nichts lieber tun, als Ihre Frage beantworten zu können. Aber im Ernst, wir haben in dieser Hinsicht noch keine großen Erfolge aufzuweisen.
Was Sie sagen, ist völlig richtig; nicht allein die Ganymeder, sondern darüber hinaus alle landbewohnenden eingeborenen Lebensformen auf Minerva starben aus oder verschwanden innerhalb sehr kurzer Zeit – relativ ausgedrückt: etwa um diese Zeit. Die importierten irdischen Arten blühten hingegen auf ihrem Terrain auf, und schließlich tauchten die Lunarier auf.« Der Professor streckte erneut seine Handflächen aus. »Was mit den Ganymedern geschah und warum – diese Fragen bleiben ein Geheimnis.
Oh... wir haben da Theorien, oder besser gesagt, wir können mögliche Erklärungen bieten. Die wohl verbreitetste scheint von der Annahme auszugehen, daß ein Anstieg giftiger Substanzen in der atmosphärischen Zusammenset-
zung, insbesondere Kohlendioxid, die Ureinwohner ausrot-tete, den eingewanderten Arten jedoch nichts ausmachte.
Aber um bei der Wahrheit zu bleiben, diese Überlegung ist alles andere als schlüssig. Ich habe gestern mit Ihren Mole-kularbiologen hier an Bord der J5 gesprochen; einige Ergebnisse ihrer jüngsten Arbeiten haben meine Zuversicht in diese Theorie abgeschwächt, die noch vor zwei oder drei Monaten weitaus stärker war.«
Shannon zeigte sich etwas enttäuscht, nahm die Sachlage jedoch hin wie ein Philosoph. Bevor er weiterreden konnte, trat ein Steward in weißer Jacke an den Tisch heran und begann damit, die leeren Kaffeetassen zusammenzustellen und Asche und Krumen vom Tischtuch zu entfernen. Als sie sich in ihre Sessel zurücklehnten, um dem Mann die Arbeit zu erleichtern, blickte Shannon zum Steward auf.
»Guten Morgen, Henry«, sagte er beiläufig. »Wie geht's denn heute so?«
»Oh, ich kann nicht klagen, Sir. Ich habe schon für schlechtere Brotgeber als die UNWO gearbeitet«, antwortete Henry heiter. Hunt nahm neugierig seinen Ostlon-doner Akzent wahr. »Eine
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