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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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ihnen verlorenging.
    »Ich weiß nicht; es mag uns einen halben Tag kosten, wenn wir uns in dem Gewirr von Gängen nicht verlaufen.«
    »Scheiße«, sagte Fabian, dem selbst das ausgeschmückte Fluchen vergangen war.
    »Dir scheint die Gesellschaft des einfachen Volkes nicht zu bekommen«, dröhnte Burin, der zu Kims Freude seinen Humor wiedergefunden zu haben schien. »Dein Wortschatz verliert erheblich an Qualität. Außerdem frage ich mich, ob du auch die Bedeutung all dieser schlimmen Worte kennst.«
    »Dicker, sei lieb. Ich möchte ein wenig Volkstümlichkeit pflegen«, erwiderte der Kronprinz. »Es mag nicht schaden, den allzu feinen Hochadel bei Hofe von Zeit zu Zeit mit einem erweiterten Vokabular in Erstaunen zu versetzen.«
    Sie erreichten die Tür, durch die sie ins Labor gelangt waren, aber auch diese hatte auf der Innenseite keinen Griff, und als Gregorin dagegen drückte, ruckte und rührte sich nichts.
    »Auch zu«, sagte er tonlos. »Wir sind eingesperrt.«
    Fabian zerquetschte wieder einen Fluch zwischen den Lippen. Burin schenkte sich eine Bemerkung und fluchte herzhaft mit.
    »Was soll das? Es scheint, als hätte jemand Vorsichtsmaßnahmen getroffen, dass aus diesem Labor keiner ausbricht. Aber wer sollte hier schon ausbrechen außer ein paar senilen Alchemisten!« Fabian machte sich mit Worten Luft.
    »Fest steht, wir müssen hier raus. Ich glaube, Prinz, du, dein Schwert, meine Axt und ich sollten uns mal mit der Tür auf der anderen Seite befassen.«
    »Gut, versuchen wir unser Glück.«
    Kim fühlte sich überflüssig, während Burin und Fabian die Tür aufzubrechen versuchten, sodass er fast mechanisch begann, die Pergamente aufzulesen.
    Das meiste war verschmiert und unleserlich. Hier musste ein echter Barbar oder eine ganze Horde davon gewütet haben.
    Aber bald hatte Kim ein Blatt gefunden, das einen noch lesbaren Text enthielt, nachdem es von seiner Staubschicht befreit war. Es war nicht mit Zwergenglyphen beschrieben, sondern in einer Gelehrtenschrift, wie sie seit Jahrhunderten nicht mehr gebräuchlich war, und auch die Sprache war eine altertümliche Form der den Völkern gemeinsamen Zunge. Kim war dieser dank seiner Studien in Allathurion mächtig, und so begann er zu entziffern:
    »… Wesen der eignen Arth zu schöpfen imer bestrebt gewest, vnd darumb nit davon ab gelassen, dem Elixir deß Lebens nach zu forschen, welchselbes die eynen Steyn der YJeisen, die andren Waßer der Jugendt genennet & widerum andre im Feuer oder in der Lufft gesucht haben. Yndt nach dem ich viele Essentzen gemenget und gescheidet, umb den fleuchtigen Cheyst in fester Form zu fixiren, ist numero dass Geheymniß deß Meysters in greiffbare Näh …«
    Hier brach der Text ab; besser gesagt, die Schrift war so verschmiert, dass sie sich nicht mehr entziffern ließ.
    Kim las den Abschnitt noch einmal, aber er hatte sich nicht geirrt. Hier in dieser Halle hatte man versucht, es den Werken des göttlichen Paares gleichzutun. Aber warum Wesen der eigenen Art schaffen, wo es dazu doch nicht einer Maschine bedurfte? Kim erinnerte sich da an einige romantische Stunden mit Arabella Kießling im Park bei Aldswick, die seinen Forscherdrang auf mehr als nur theoretische Weise befriedigt hatten.
    Kim versuchte andere Unterlagen zu finden, die ihn weiterführten. Doch entweder waren die Seiten unleserlich, oder es waren nur Wortfetzen darauf zu erkennen. Da war die Rede von den »Zahlen der Gematria, die da sindt i crystallum, ij aurum, iij argentum, vij m.ria mixta« – eins für Kristall, zwei für Gold, drei für Silber und sieben für einen gemischten Stoff –, und an anderer Stelle spürte man die Verzweiflung zwischen den verwischten Zeilen, als die Rede davon war, dass »wider blos eyn ohnfertig Wesen auß der Bruthstätten endtstiegen, wie um mihr und meynen Unterpfangen zu trutzen«. Dann, als Kim endlich wieder ein längeres Textstück fand, war auf der Seite nur die detaillierte Auflistung der Bestandteile einer Mixtur zu finden:
    »Jn eyner schwachen Lößung von Amianth vnd Alaun:
iij Theile aurum potabile viz. trinck Gold,
v Theile aqua regia viz. königs Waßer; bestehnd zu gleychen Maßen auß Sylphyr- & Saltzsäure.
ij Theile vinum ardens viz. glühnd Wein; dass ist Cupfervitriol defla grirt mit …«
    Und so weiter, bis die Liste an einer Stelle endete, wo das Pergament regelrecht zerfressen war, wie verätzt von einer alchemischen Substanz.
    Kim war in seinem Element. Er war auf der Suche nach Wissen.

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