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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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das unser Schicksal sein, gefangen, hier, unter Tonnen von Gestein, eingeschlossen in einem fensterlosen Raum zwischen seltsamen Maschinen und unverständlichen Aufzeichnungen, wo die schlimmsten Albträume lebende, zuckende Gestalt annahmen, dem unvermeidlichen Ende entgegenzudämmern, um, wenn das Wasser zur Neige ging, die Vorräte verzehrt waren, selbst die Luft schal und stickig wurde, wie Tiere im Käfig zu verenden, wenn nicht gar selbst zu Tieren zu werden, die einander an die Kehle gehen …? Die Vorstellung schnürte Kim den Hals zu, und er konnte plötzlich nicht mehr atmen, geschweige denn seinen Gedanken zu Ende führen.
    »Und was gedenken die Herren jetzt zu unternehmen?« Es war Marina, die Hände in die Hüften gestützt, die mit rotem Gesicht in der Mitte des Ganges stand. »Hier, umgeben von der ganzen Weisheit des Zwergengeschlechts, soll es da nicht möglich sein, das, was die Vorfahren schufen, wieder rückgängig zu machen?«
    »Lasst mich!« Es war Gregorin, der sie zur Seite schob. Er stand nur da und schaute die Tür an, als wolle er sie, wie es Kim schien, durch bloße Willenskraft zum Bersten bringen. Und dann hörte der Ffolksmann, der von allen die feinsten Ohren besaß, als Erster den Ton, der aus der Kehle des Zwergen drang; schließlich vernahmen seine Freunde es auch.
    Es war ein tiefer Ton, an der unteren Grenze der Hörschwelle. Die Luft vibrierte davon, und er schien sich selbst durch das Felsgestein fortzupflanzen. Dann lagerte sich eine zweite Schicht von Obertönen darüber, eine dritte und vierte, bis die ganze Welt nur noch von dem einzigen Akkord erfüllt zu sein schien, den Herr Gregorin sang.
    Der Gesang summte in den Knochen, ließ den Schädel erklingen, steigerte sich bis an die Grenze eines roten, pulsierenden Schmerzes …
    Etwas bewegte sich.
    Etwas knackte in der Tür.
    Gewachsenes Holz, das vor Jahrhunderten durch die Kunst und den Gesang der Zwerge in eine Form gezwängt worden war, welche die Ewigkeit überdauern sollte, begann wieder zu arbeiten. Zeit, die im Raum erstarrt war, floss wieder zurück. Tote Fasern erwachten zum Leben. Spannung und Torsion, zum immerwährenden Innehalten verurteilt, wurden erneut von den Gesetzen ereilt, denen jener Stillstand ein Gräuel ist, und schafften sich Bahn.
    Ein Spalt klaffte auf.
    Der Ton brach ab. Gregorin schwankte. Sein Gesicht war aschfahl, und er wäre gestürzt, wenn Marina und Gwrgi, der gedankenschnell hinzugeeilt war, ihn nicht gestützt hätten. In den wenigen Augenblicken, die sein Sang gedauert hatte, schien der Zwerg selbst um Jahre gealtert zu sein.
    »Die Tür«, keuchte Gregorin. »Seht nach … der Tür.«
    Burin war als Erster zur Stelle. Er versuchte die Hand durch den Spalt zu stecken, aber seine fleischigen Finger waren zu dick, um richtigen Halt zu finden. Danach versuchte es Fabian. Er schob und zerrte, doch die Tür rührte sich nicht. Er versuchte den Arm weiter hindurchzuschieben, doch die Enge des Spalts verhinderte dies, und er hatte Mühe, sich wieder zu befreien.
    »Lass mich mal versuchen«, sagte Kim. »Ich habe die dünnsten Arme.« Er schob seine Hand in den Durchbruch und tastete in der Dunkelheit umher. »Hier auf der anderen Seite ist eine Klinke!«, rief er triumphierend. »Ich versuche, sie runterzudrücken.«
    Der Rest war einfach. Zwar knarrte die Tür und ächzte, weil sie in allen Richtungen verzogen war, aber sie hatte genügend Spielraum, dass es den Freunden mit vereinten Kräften gelang, sie so weit aufzuschieben, dass selbst der dickste Zwerg sich hindurchzwängen konnte. Sie waren frei – oder zumindest aus der Gefängniszelle in die Weite des Kerkers gelangt, der ihnen fast schon vorkam wie ein Palast.
    Der Gang auf der anderen Seite war nicht ganz so kahl und trist wie der, durch den sie gekommen waren; zumindest besaß er ein sauber ausgemeißeltes Kraggewölbe anstatt einer bloßen Steindecke. Doch Ornamente gab es keine. Mit einer Ausnahme: Als Kim als Letzter durch den Türspalt geschlüpft war und noch einmal einen Blick zurückwarf, sah er auf der Außenfläche der Tür eine Zwergenglyphe eingegraben.
    »Da!«, sagte er. »Das habe ich doch schon mal gesehen.«
    Gregorin brummte nur etwas Unverständliches, aber Kim erinnerte sich genau: Dieselbe Rune hatte der alte Zwerg seinerzeit auf das Tor im Wald gezeichnet, als er vergeblich versucht hatte, den Eingang zur Zwergenfeste zu öffnen.
    »Es ist das Zeichen des Herrn von Zarakthrôr«, gab Burin ihm zu

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