Die Ringe der Macht
rettendes Seil, an das er sich klammerte, um sich mit eigener Kraft aus dem Strudel der Panik zu ziehen, die ihn gepackt hatte. Er stemmte sich gegen die Flut. Zu spät. Die Strömung war zu stark. Das Wasser riss ihn mit sich. Wild mit Armen und Beinen rudernd, versuchte er Halt zu finden – und prallte gegen ein Hindernis.
Er griff um sich, bekam etwas zu packen, das sich wie nasse, krause Wolle anfühlte.
»Raus aus meinem Bart!«, fluchte Burin.
Der Zwerg stand wie ein Fels in der Brandung. Wasser schäumte und toste um ihn her. Kim schaute sich gehetzt nach allen Seiten um. Wo war die Kreuzung, die Marina ihnen angekündigt hatte? Links und rechts gab es nur glatte Felswände.
»Was –?«, setzte er zu einer Frage an, bekam aber den Mund voll Wasser und musste spucken.
»Und hopp!«, sagte Burin und schleuderte ihn nach oben.
Kim, überzeugt, mit dem Kopf gegen die Decke zu prallen, riss instinktiv die Arme hoch und bekam eine Felskante zu fassen. Wie ein Tier, das keinen anderen Gedanken mehr hat als zu überleben, krabbelte er weiter, zog sich auf dem harten, glitschigen Fels vorwärts, bis er die Beine über die Kante ziehen konnte, und blieb hustend und würgend liegen.
Neben sich sah er Marina, die ebenfalls auf dem felsigen Grund lag und von Krämpfen geschüttelt wurde. Dann blickte er sich um.
Gwrgi kam aus der Tiefe geschossen, wie von einem Katapult geschleudert.
Dann schoben sich Fabians Arme und sein Kopf aus der Öffnung im Boden. Aus eigener Kraft stemmte der Prinz sich hoch und schwang sich über die Kante.
Erst jetzt wurde Kim klar, dass sie sich in einem anderen Gang befanden, der sich vor und hinter ihm in die Tiefe erstreckte, bis er sich im Dämmerlicht verlor. Im Boden dieses Ganges klaffte ein sicherlich fünf mal fünf Ffuß großes quadratisches Loch.
Kim blickte unwillkürlich hinab. Drunten schäumte der Wildbach – quer zu der Laufrichtung des Ganges, in dem sie sich befanden.
Die Wegkreuzung! Marina hatte doch recht behalten. Nur dass sich der Gang, welcher den Stollen kreuzte, durch den sie gekommen waren, nicht auf derselben Ebene befand, sondern ein Stück höher. Und das war ihre Rettung gewesen.
»Los, helft mir, verdammt noch mal!«, kam Burins Stimme aus der Tiefe.
Fabian lag schon auf dem Boden, über die Öffnung gebeugt. Kim ließ sich neben ihn fallen und spähte über den Rand. Drunten sah er Burin in den schäumenden Wassern, die Arme emporgestreckt. Er schien in der Luft zu stehen, doch selbst das reichte nicht, um die rettende Felskante greifen zu können.
»Nimm meine Hände!«
Fabian fasste Burin an den Unterarmen, doch der Zwerg war schwer, schwerer als ein Mensch. Erst als Kim mit zupackte, gelang es ihnen mit einer gemeinsamen Anstrengung, den Zwerg so weit hochzuziehen, dass er sich mit einem Gewaltakt seiner mächtigen Muskeln selber in Sicherheit bringen konnte.
»Gregorin!«, keuchte Burin, als er bei ihnen war. »Er ist noch unten.«
Da begriff Kim: Burin hatte auf Gregorins Schultern gestanden, als er nach ihnen gerufen hatte. Er bückte sich hinab in die Öffnung. Nichts war zu sehen außer tosendem Wasser.
Doch da! Eine Hand, die aus den Wirbeln ragte.
»Gwrgi kann das«, quäkte es plötzlich hinter ihnen. »Gwrgi taucht!«
Tollkühn warf sich der Sumpfling, an den keiner mehr gedacht hatte, in die Tiefe. Fabian packte gedankenschnell zu und bekam eines von Gwrgis Beinen zu fassen, dann das andere.
War da ein Schrei in der Tiefe? »Ziiieht!«
Das Gewicht, das plötzlich an ihm zerrte, ließ Fabian über den Boden schlittern. Doch Burin hatte ihn bereits gepackt und hielt ihn fest. Kim und Marina griffen ebenfalls zu, und langsam, Innch für Innch, zogen sie Fabian von dem wässrigen Schlund, der in der Tiefe brodelte, fort und dann Gwrgi und schließlich Gregorin.
Alle lagen sie keuchend und würgend auf dem nassen Felsboden, und lange Zeit sprach keiner ein Wort, sondern dankte nur stumm den Mächten, welche es auch sein mochten, die sie vor dem Tod in der reißenden Flut bewahrt hatten.
»Wenn noch einmal jemand sagt«, meinte Kim schließlich, »Zwergenwerk sei für die Ewigkeit, dann … dann …« Ihm fehlten die Worte.
»Dass der Gang ausgerechnet jetzt einbrechen musste, wo wir drinsteckten!«, seufzte Fabian. »Bald glaube ich, es liegt ein Fluch auf unserer Mission.«
»Das war kein Zufall«, sagte Marina. Alle sahen sie an. »Ich weiß nicht, was es war, aber ich fühle es. Irgendetwas hat den Stein zum Bersten
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