Die Ringe der Macht
die Tür erschütterte. Eine kreisförmige Welle breitete sich vom Zentrum des Teiches zu den Rändern aus, wo sie zurückgeworfen wurde und in der Mitte wieder zusammenlief.
»Sie sind wieder da – und sie haben einen Türöffner mitgebracht«, brummte Burin.
»Wir müssen hier raus«, sagte Fabian. »Wenn sie die Tür zerstört haben, können wir nur noch hoffen, unser Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.«
»Steinholz brennt«, quäkte Gwrgi. Und gleich darauf erschütterte der nächste Schlag die Tür, die schon merklich nachgab. Ein Knacken und Knistern wurde laut.
»Die haben auch noch den Lavastrom auf die Tür losgelassen!«, entfuhr es Kim.
»Erzmeister«, begann Burin und sah sich verwirrt um, da Gregorin nicht mehr neben ihnen stand. Alle hatten wie gebannt auf die Tür gestarrt.
Der Zwerg war die Stufen zur Empore hinaufgestiegen und sah die Gefährten ernst an.
»Hamagregorin«, sagte Burin hastig, »wir können nur noch in die Untererde fliehen. Bitte, öffnet das Tor, denn auch Ihr tragt einen Ring, und nur er kann uns den Weg auftun.«
»Nein!«, sprach Gregorin. »Das werde ich nicht.«
»Warum, um alles in der Welt?«, fauchte Fabian.
»Mein Bruder hat mich gerufen. Ich bin dazu bestimmt, mit ihm das Tor zu bewachen. So lautet mein Auftrag. Der Meister der Untererde erteilte ihn mir vor langer Zeit, und ich werde ihn erfüllen.«
»Aber begreift Ihr denn nicht? Die Zeiten haben sich geändert. Der Banngürtel ist gebrochen. Die Dunkelelben sind über uns! Bitte helft uns, Burin und mir, die wir selber Ringträger sind, und Gilfalas, der sich für uns opferte, sonst wird dies das Ende der Freien Völker der Mittelreiche bedeuten«, flehte Fabian.
Hamagregorin hob die Hand, die den Ring trug, in dessen Zentrum das Juwel erglänzte.
»Es ist zu spät. Mein Schicksal ist es nun, zu Stein zu werden, um ewig mit meinem Bruder zu wachen«, und mit diesen Worten schloss er die Augen.
Fabian wollte auf ihn zugehen, ihn schütteln und anschreien, aber Burin hielt den Prinzen zurück.
»Es hat keinen Sinn«, sagte er. »Hamagregorin hat beschlossen zu sterben, und keine Macht der Welt außer dem Meister und ihm selbst kann verhindern, dass er wieder zu dem wird, aus dem er entstand: Stein.«
»Aber …«, wollte Fabian noch einwenden, sah jedoch selbst ein, dass es sinnlos war.
Von der Tür her breitete sich Brandgeruch aus. Das Knacken und Knistern wurde lauter.
»Was ist mit deinem Ring?«, wandte sich Kim an Burin. »Kann er uns nicht helfen?«
»Erinnerst du dich an das Gedicht über die Ringe?«, fragte der Zwerg. »Die Drei der Menschenkinder, ›dass sie die Mittelreiche nach ihrem Belieben durchstreiftem?«
»Ja«, antwortete Kim, »ich kenne das Gedicht.«
»Dann sollte dir eines klar sein: Erinnere dich an unsere Wanderung. Wir wussten von Fabians Ring; er ist der erste der Drei. Dann hatte Gilfalas einen; es ist der zweite. Und ich selbst habe den dritten. Es sind die Ringe der Mittelreiche. Ihre Macht ist nur hier wirksam. Mit ihnen können wir nicht zwischen den Welten wandeln. Und selbst wenn wir es könnten, weiß doch keiner von uns genau, wie man ihre Macht weckt. Als ich das Tor zum Thronsaal aufstieß, folgte ich einer Eingebung, wie meine beiden Gefährten zuvor.«
Fabian zog es vor zu fluchen. Marina sah hilflos Burin und dann die anderen an. Gwrgi wirkte völlig unbeteiligt, was Kim stutzig machte; aber wie so oft in den letzten Tagen hatte er keine Zeit, länger darüber nachzudenken.
Ach, kam es ihm in den Sinn, wenn doch Magister Adrion hier wäre! Er wüsste vielleicht einen Weg aus unserer Not.
Kim blickte auf den kleinen, unscheinbaren Ring an seiner Hand und hörte wie aus weiter Ferne Magister Adrions Stimme.
»Vielleicht wird er dir Glück bringen. Er wird dich an mich erinnern, wenn die Not am größten ist, und einem jeden einen Weg zu dem Ort öffnen, wo er am meisten gebraucht wird.«
» Mein Ring«, sagte er.
»Was ist?«, fragte Fabian.
»Magister Adrion hat es mir gesagt. Ich hatte es ganz vergessen. Mein Ring könnte uns einen Weg dahin öffnen, wo wir gebraucht werden«, sagte er nur.
»Bist du sicher?«, fragte Fabian.
»Nein«, sagte Kim. »Aber es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als den Versuch zu wagen.«
»Fasst euch bei den Händen; wir bilden einen Kreis um den Teich«, sagte Fabian. »Ich will nicht, dass einer von uns versehentlich zurückbleibt.«
Er fasste Kim bei der Hand, während Burin seine andere Hand nahm, der
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