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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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wiederum Marina die Hand reichte und die wiederum Gwrgi, der den Kreis schloss.
    Kim wusste selber nicht, wie ihm geschah. Er wusste, es war Narretei, was er tat, doch im gleichen Atemzug hatte er das Gefühl, noch nie etwas so Richtiges getan zu haben.
    »Springt!«
    Es gab nichts mehr zu überlegen. Das Letzte, was Kim sah, ehe sie alle in die nachtdunklen Fluten hinabtauchten, war, wie das silberne Licht erlosch und die Tür zum Thronsaal von Zarakthrôr in tausend Stücke zerschellte.
    Die Kreaturen Zarakthrôrs drangen in den Thronsaal ein, erleuchtet vom rötlichen Feuer der Lava, die hinter ihnen zurückwich. Der Feuerschein überzog ihre bleichen Gestalten mit einem Anschein von Wärme, doch selbst er konnte nicht verbergen, wie bleich sie waren und wie missgestalt. Übergroße Köpfe, triefende Augen, sabbernde Münder, fehlende Gliedmaßen. Hier hoppelte einer auf einem Bein; dort zog sich ein anderer mit zwei verkrümmten Armen über den Boden; drüben tastete sich ein Blinder voran, dessen Augäpfel großen weißen Kugeln glichen, da ein Zyklop, dessen einziges Auge in der roten Dämmerung funkelte. Doch am schrecklichsten waren die, die hinter ihnen kamen, Gestalten wie aus dem dunkelsten Albtraum der Nacht, hochgewachsen und stark, doch mit Köpfen, die weder Augen, Mund, Nase noch Ohren besaßen, nur eine konturlose, gewölbte Fläche an Stelle eines Gesichts. Und dennoch bewegten sie sich mit einer geheimen Intelligenz, als wüssten sie genau, mit jedem Schritt, was um sie vorging.
    Die Masse der Leiber flutete um das Wasserbecken herum, dessen tintiger Spiegel still lag wie eh und je; sie brandete an die Stufen des Doppelthrons und hielt dort inne.
    Gregorin saß, einer Statue gleich, neben seinem versteinerten Bruder, reglos wie er. Aber in seinen Augen brannte ein Feuer, das mehr war als nur der Widerschein der äußeren Glut, und an seiner Hand war der Ring, der ihm die Macht gab, zu öffnen und zu schließen, zu binden und zu lösen.
    Die Flut der Leiber vor dem Thron schwappte vor; dann ging eine Bewegung hindurch wie eine Welle, ausgehend von den gesichtslosen Geschöpfen im Hintergrund, und die Gestalten neigten sich, beugten die Knie, so sie es vermochten, und sanken zu Boden, und durch die Menge ging ein Raunen, ein Stöhnen der Verzweiflung und der Hoffnung zugleich:
    »Meister …«

K APITEL X
SCHATTEN ÜBER ELDERLAND
    Kim tauchte hinab in ein Meer aus Farben. Er wusste nicht, wo er war und wie ihm geschah. Eine unwiderstehliche Macht hatte ihn gepackt und riss ihn mit sich fort. Er kam sich vor wie ein Pfeil, der durch einen Nebel aus Regenbogen geschossen wurde. Rot, Blau und Gelb umgaben ihn ebenso wie alle Mischtöne. Noch nie hatte er so intensive und kräftige Farben gesehen.
    Er spürte, wie Burin und Fabian seine Hand und seinen Arm umklammerten, und es kam ihm vor, als versuche etwas, die beiden fortzureißen und mit sich zu nehmen. Und je länger sie an ihm zerrten, desto mehr kam er sich vor wie ein Bauer, der sich abmühte, zwei auseinanderstrebende Ackergäule zu halten.
    Doch plötzlich verschwand das Gefühl, zerrissen zu werden, und beinahe zeitgleich lösten sich die Griffe von seinen Armen.
    In Kims erleichtertes Aufatmen mischte sich alsbald die Sorge um seine Gefährten. Er war nun völlig allein und trieb durch den Strudel von Farben.
    Dann, wie aus heiterem Himmel, war Wind und Vogelgezwitscher in seinen Ohren und Sonnenschein auf seiner Haut, und Kim, der darauf nicht vorbereitet war, landete hart auf weicher Erde, überschlug sich ein paarmal und blieb benommen liegen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ihn die besorgte, doch vertraute Stimme Fabians, der sich über ihn gebeugt hatte. Grasflecken auf der Kleidung des Prinzen zeigten an, dass auch er von der Landung überrascht worden war, sich aber mit dem Geschick des geübten Fechters abgerollt hatte.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Kim, dessen Blick noch nicht völlig klar war.
    »Sieh dich um«, sagte Fabian, dessen Miene Kim nicht zu deuten vermochte. »Gibt es irgendwo auf der Welt noch ein Stück Land wie dieses hier?«
    Kim tat wie geheißen. Sie befanden sich auf einer weiten, gewellten Ebene. Es war ein fruchtbares Land, grüne Wiesen und weite Felder unter den Strahlen einer blassen Herbstsonne, und ein heißer Schauer überfiel ihn. Es könnte … es musste … nein, es war – Elderland; seine Heimat, die sie vor Tagen verlassen hatten.
    »Ja, Kim, du siehst richtig. Das hier ist Elderland.« Fabian klang

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