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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Geschichte, wurden Prophezeiungen und Legenden zur Wirklichkeit, wenngleich es selten klar war, ob eine Weissagung wirklich die Zukunft bestimmte oder ob sie nur dadurch wahr wurde, dass die, die daran glaubten, ihrem Gebot folgten.
    »Die Prophezeiung besagt klar, dass wir Euch das hier zu geben haben«, und mit diesen Worten griff Tr’ang in sein Wams und zog etwas hervor, das Kim nicht sogleich erkennen konnte. Der Häuptling trat vor Fabian, und mit einer beinahe feierlichen Geste überreichte er dem Prinzen die Gabe.
    »Seid bedankt«, antwortete dieser und betrachtete das Geschenk näher.
    Es war die Haut einer Schlange. Sie war, wenn Kim, dem seine Arbeit im Museum nun zustatten kam, das richtig sah, uralt. Ganz vorsichtig entrollte sie der Prinz. Die helle, brüchige Innenseite wies eine Zeichnung auf: Linien, fein wie dünne Federstriche, deren Netzwerk sich zu Konturen zusammenfügte: Da waren die Küste, der Sumpf, die Muren, der Sporn und die hohen Berge des Sichelgebirges, die sich auftürmten bis zu den Regionen des Ewigen Eises. Und dicht unterhalb des höchsten Gipfels zog sich eine kaum sichtbare Linie entlang …
    »Der Steig!«, entfuhr es Kim. »Das ist der Steig.«
    »Was ist der Steig?«, fragte Gilfalas.
    »Vor über siebenhundert Jahren«, erklärte der Ffolksmann aufgeregt, »setzten Alderon und Yadira, ein junges Paar, als Erste aus dem Ffolk einen Fuß nach Elderland. Sie waren es auch, die dem Ffolk den Weg dorthin wiesen. Dieser Marsch ging über den Steig, einen steilen Pass, der über das Sichelgebirge führt; aber wo er sich befindet, ist seit Jahrhunderten vergessen. Das hier ist der Steig! Das ist unser Weg ins Imperium!« Er folgte dem Weg mit dem Finger auf der alten Karte, bis er plötzlich an das Ende kam. Hier war die poröse Schlangenhaut abgebrochen. »Aber es geht hier nur bis auf die Höhe. Der Rest fehlt.«
    »Auch ich kenne diesen Pass«, murmelte Burin beinahe geistesabwesend, als lägen ihm ganz andere Gedanken auf der Seele. »Er ist auf alten Zwergenkarten eingezeichnet. Wir nennen ihn Akranzör, die hohe Schwelle. Allerdings kenne ich nur die Teile, welche die Südseite zeigen …«
    »Was war denn dort, dass auch die Zwerge den Pass kennen?«, fragte Fabian.
    »Nur eine alte Handelsstation unterhalb der Höhe«, sagte Burin, aber Kim hatte da seine Zweifel. Er konnte den Finger nicht in die Kerbe legen, wie man in Elderland sagte, aber irgendwo wisperte es in den Blättern. Ihr Freund Burin, der sonst über alles und jedes witzelte, war ungewöhnlich ernst. Er schien etwas vor ihnen zu verbergen.
    »Gut, dann hätten wir einen Weg«, beschloss Fabian. »Seit Jahrhunderten gilt das Sichelgebirge als unpassierbar; also wird der Feind gar nicht auf den Gedanken kommen, dass wir diese Route wählen könnten. Wann brechen wir auf?« Das war Gwrgis Stichwort.
    »Herr«, begann er und seine Stimme quäkte, obwohl er sie gesenkt hatte, »Gwrgi haben Fehler gemacht. Gwrgi dich und deine Gefährten aus Sumpf führen.«
    Kurz blickte Fabian in die Runde, und als alle – bis auf Marina – genickt hatten, ergriff er das Wort.
    »Also gut. Wann?«
    »Sonnenaufgang«, meinte Gwrgi. »Sumpf sein verändert, und Gwrgi nicht wollen euch in Irre führen. Nicht wieder. Weg gefährlich.«
    »Wir verlassen uns auf dich«, sagte Fabian. Kim glaubte von Marina ein Zischen zu hören.
    »Deshalb«, ergriff Tr’ang das Wort, »war Gwrgi hier zugegen. Ihn hat die Legende als Führer durch die Sümpfe bestimmt.«
    Als Kim diese Worte hörte, bekam er den unangenehmen Eindruck, dass die Legende das Schicksal der Sumpflinge wesentlich detaillierter beschrieb, als Tr’ang es ihnen gesagt hatte.
    Was mochte der Häuptling vor ihnen verbergen? Vielleicht das Schicksal des Stammes …
    Der Häuptling und Gwrgi zogen sich zurück. Auch eine Einladung Fabians konnte sie nicht umstimmen. Gleich nachdem die beiden Sumpflinge den Raum verlassen hatten, kehrten die Frauen zurück, räumten das Geschirr ab, richteten Nachtlager und verschwanden so stumm, wie sie gekommen waren.
    Die Gefährten rauchten in der behaglichen Atmosphäre ihre Pfeifen zu Ende. Ein Gespräch kam nicht mehr auf, nur vereinzelt wurden Bemerkungen getauscht. Jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach, und selbst Burin heiterte sie nicht mit flotten Sprüchen auf. Kim fragte sich, ob das wohl etwas mit der Karte zu tun hatte, und konnte sich selbst keine Antwort darauf geben. Als die letzte Glut in den Pfeifen verloschen war,

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