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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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zu einem Häuflein Elend zusammengekauert; Marina im Schutze der massiven Gestalt Burins, in dessen Mantel und Haar Wassertröpfchen wie Kristalle glitzerten; Fabian mit rotgeränderten Augen in den Wind starrend.
    War da nicht ein Geräusch wie von Marschtritt und Waffengeklirr? Kim lauschte, aber das Heulen des Windes in seinen Ohren übertönte jeden anderen Laut.
    Dann ein Schrei, vom Wind verweht.
    »Lauft!«, drang Gilfalas’ Stimme zu ihnen herauf, und schon erschien der Elbe in geschmeidig schnellem Lauf auf dem Plateau. »Lauft! Der Feind kommt!«
    Keiner rührte sich; Schrecken hatte sich wie ein Panzer aus Eis um ihre Körper gelegt, lähmte Hände und Füße, Herz und Sinn. Irgendetwas musste geschehen, aber keiner machte den Anfang.
    »Was nun?«, fragte Kim schließlich, und seine Stimme zitterte.
    »Rüber!«, krächzte Fabian. »Wir müssen …«
    Doch ehe noch einer von ihnen darauf reagieren konnte, sahen sie mit eigenen Augen, was Gilfalas erspäht hatte.
    Wohl zwanzig, dreißig Schritt hinter dem Elben kamen sie gelaufen: ein Dunkelelbe und eine Horde von vielleicht einem Dutzend Bolgs mit gezückten Schwertern und Kriegskeulen. Vom Wind getragen, hallte der Klang ihrer genagelten Stiefel auf dem blanken Felsen.
    »Das schaffen wir nie!«, entfuhr es Fabian, und es folgte eine Serie von Flüchen, als er sein Schwert zog. »Bring Marina rüber, Kim. Unsere einzige Hoffnung liegt im Kampf. Lauf!«
    »Aber …«, wollte Kim protestieren, während er an seinem Dolch nestelte.
    »Lass das!«, polterte Fabian. »Sieh zu, dass ihr beide in Sicherheit kommt, und falls wir nicht folgen, bringt die Botschaft ins Imperium! Irgendjemand von uns muss es schaffen!«
    Kim schob Knipper zurück in die Scheide und wollte sich umwenden, aber der Anblick der heranstürmenden Feinde ließ ihn erstarren.
    Die ungeschlachten Bolgs trampelten über den Boden. Ihre Klauenhände umfassten ihre Waffen, ihre braune, lederartige Haut glänzte kupfern im Licht der untergehenden Sonne. An der Spitze der Bolgs jedoch lief er.
    Der Dunkelelbe.
    Er war so anders als seine Schergen. Er lief mit der gleichen Eleganz und Geschmeidigkeit wie Gilfalas. Seine Füße schienen kaum den Boden zu berühren. Wie ein schwarzes Feuer brannten die Augen in dem bleichen Gesicht, und für einen Moment schienen sie Kim festzunageln, sodass er glaubte, keinen Schritt mehr gehen zu können.
    »Komm!«, rief Marina und zerrte Kim am Arm. Das riss den Ffolksmann aus seiner Erstarrung. Er wandte sich um und folgte Marina zur Brücke.
    So schnell es ging, kletterten sie die paar Ffuß hinunter zu dem Stützbalken; das Gestein bot zum Glück genug Halt für Hände und Füße. Dann machten sie sich Schritt für Schritt daran, den gähnenden Abgrund zu überqueren.
    Kim setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, Marina folgte ihm dicht auf den Fersen. Er wagte nicht hinunterzusehen, ebenso wenig, sich umzuschauen, weil ihm beides nur Angst machen würde. Und Furcht konnte er sich nicht leisten, nicht jetzt. Kim dankte dem heiligen Vater, dass er nicht unter Höhenangst litt, wie sie unter den Familien des Plattlands weit verbreitet war. Doch er wollte nicht das Unheil herausfordern und hielt den Blick starr vor sich auf den Balken geheftet.
    So einfach, wie Burin sich das gedacht hatte, war es nicht, über den Abgrund zu kommen. Der Balken hatte die Grundlage der Brückenkonstruktion gebildet, und die verrotteten Stützbalken, an denen hier und da noch morsche Bretter hingen, bildeten Barrieren, die mühsam umgangen oder zur Seite geräumt werden mussten. Der Wind riss und zerrte an den Kleidern, und jedes Mal wenn Kim ein neues Hindernis überwand, fürchtete er, mit dem brüchigen Holz in die unauslotbaren Tiefen der Schlucht gerissen zu werden.
    Hinter sich hörte er das Klirren von Stahl gegen Stahl. Wilde Rufe und Kommandos hallten zu ihnen hinüber. Dann die ersten Schreie. Der Kampf war entbrannt, und Kim sandte ein inbrünstiges Gebet zum Vater, dass er seine schützende Hand über seine Gefährten und Freunde halten möge. Gleichzeitig entschuldigte sich Kim dafür, lange den Gottesdienst nicht besucht zu haben. Er schwor, es wieder regelmäßig zu tun.
    Sie mochten die Mitte erreicht haben, als Kim sich kurz umwandte, um nach Marina zu sehen. Ihm gefror das Blut in den Adern.
    Ein Bolg!
    Eine der Kreaturen kam zwischen den Brückenpfeilern herabgestiegen.
    »Marina!«, befahl Kim. »Geh an mir vorbei! Versuch die andere Seite zu erreichen!

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