Die Ringe der Macht
Gelegenheit wartete, auszubrechen. Auf diesen Augenblick musste er vorbereitet sein; er durfte der dunklen Seite seiner selbst nicht die Herrschaft überlassen. Immerhin, er war gewarnt.
Tief atmete er durch, um dem Strom der heilenden Energien in seinem Körper die Wege zu öffnen. Er spürte die Wärme, die von dem Sonnengeflecht in seiner Brust ausging, in seine Gliedmaßen strömen. Aus dieser Ruhe schöpfte er Kraft. Kraft, die er dringend benötigte; denn noch war sein Abenteuer nicht zu Ende …
Die ganze Zeit war das Wesen der Ausstrahlung gefolgt, hatte ein Zerren gespürt und dann das Licht der Sonne gesehen; etwas, dass es noch nicht kannte, nie gesehen hatte, weder vor noch nach seinem langen Schlaf.
Dann war es in den Teich getaucht und hatte der Aura gelauscht, der es gefolgt war. Bekannt, aber doch fremd war sie ihm erschienen. Ähnliches hatte das Wesen in den Schlaf geschickt, und nun hatte dieses ihn geweckt.
Es beobachtete, lernte. Etwas, das die Aura trug, lag bewegungslos am Rande des Wassers und rührte sich nicht. Der Träger sog nur gleichmäßig die Luft ein und stieß sie wieder aus. Warum, blieb dem Wesen fremd. Aber das berührte es auch nicht. Sein einziges Interesse war auf die Aura gerichtet. Es wartete ab.
Dann erhob sich der Träger und ging davon. Das Wesen wartete noch eine Weile, unschlüssig, was zu tun sei, aber als die Aura sich weiter und weiter entfernte, folgte es mit seinen Körpern der Ausstrahlung. Instinktiv verbarg es sich, verteilte seine Körper in weitem Umkreis, nützte jede Deckung, die sich bot, schirmte sich selbst ab, ohne zu wissen, was es tat. Nur eines wusste es: Die Ausstrahlung war gefährlich. Es galt, sie im Auge zu behalten und zu vernichten. Aber erst wollte es lernen. Einmal war es dieser Ausstrahlung gegenübergetreten, ohne zu lernen. Das war falsch gewesen. Nun galt es, es besser zu machen.
Die Aura bewegte sich nicht schnell, aber was dem Wesen zu schaffen machte, waren der offene Himmel, die Sonne, das Gras, die singenden Vögel, die Bäume. Überhaupt, alles war neu für ihn, und an den vielen Eindrücken, die auf es einstürmten, drohte der Geist in ihm fast zu ersticken.
Das Wesen war erstaunt über die Rehe, welche die Flucht vor ihm ergriffen, und beinahe hätte es einen Körper hinterhergeschickt, um die Geschöpfe zu studieren, aber die Aura war wichtiger. Wenn es sie vernichtet hatte, war immer noch Zeit genug, das fortzusetzen, was vor seinem Schlaf nicht gelungen war.
Es beobachtete den Träger der Aura, der unter einer dieser großen Säulen mit der grünen Krone umherrannte und kleine rote Kugeln in sich hineinstopfte. Für ein Wesen, das keinen Hunger kannte, war dies eine nicht zu deutende Handlung. Durch einen der Körper erfuhr es, dass eines jener braunen Vierbeiner, die es eben gesehen hatte, das Grüne, das den Boden bedeckte, ebenso in sich hineinstopfte wie der Träger der Aura die roten Dinge.
Dann legte sich der Träger der Aura nieder. Das Wesen verstand das nicht, aber es nützte die Zeit, die Aura in sich aufzunehmen. Es war wie damals in den dunklen felsigen Höhlen, wo es immer wieder in das feuchte Element hatte hinabtauchen müssen, um neue Schätze für die bärtigen Herren hervorzuholen, bis es eines Tages zu tief grub und eines Wesens ansichtig wurde, das in seinen Geist eindrang. Es erinnerte sich genau, denn dies war einer der einschneidenden Momente in seinem eintönigen Leben gewesen.
›Ich bin Azrathoth‹ , hatte der Fremde gesagt. ›Ich weiß, was zu tun ist.‹
Und es schien dem Fremden wichtig zu sein, dem Wesen einen Namen zu geben, bei dem er es nennen konnte. Und er gab ihm den Namen Sagoth, das heißt Legion.
Sagoth besaß kein Ich. Sagoth war viele. Darum war Sagoth eine perfekte Waffe. Und Sagoth war nun erfüllt von dem Wunsch, den der Fremde ihm eingepflanzt hatte: die Bärtigen, die ihn schufen, zu vernichten.
So war er denn statt mit dem silbernen Erz aus der Tiefe mit dem Wunsch aufgetaucht, zu töten.
Keine Klinge konnte es verletzen. Kein Hieb oder Steinschlag seiner Herren es aufhalten. Es hatte jeden, der ihn die Quere kam, mit seinen kräftigen Händen getötet.
Dann war der Bärtige mit der Aura erschienen. Etwas hatte es eingehüllt, ein Licht, das so war wie der helle Fleck am Himmel. Das Letzte, was Sagoth wusste, war, dass es in den Strudel hinabgestürzt war, umgeben von dem kalten wässrigen Element, in das es so oft hinabgetaucht war, um das silbrige Zeug zu
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