Die Ringe der Macht
ernten.
Dann war da lange Zeit nichts mehr, bis es im Schein des blauen Lichts erwachte und dem Träger der Aura folgte, durch das Wasser und hinaus in diese fremde, unerklärliche Welt.
Allmählich wurde es dunkel, fast so finster wie einst in den Höhlen der Bärtigen, bis auf die kleinen Lichter, die hoch oben in der Dunkelheit aufschienen und ihm in den Augen schmerzten. Der Träger der Aura lag immer noch bewegungslos da. Sollte Sagoth ihn angreifen, ihn ein für alle Male vernichten, wie es die Bärtigen vernichtet hatte? Es entschloss sich dagegen; denn da war immer noch die Aura, von der es nicht wusste, ob sie ihm auch ohne den Träger gefährlich zu werden vermochte.
Einer seiner Körper signalisierte Sagoth, dass da Wesen von der Art des Trägers kamen, und sie taten seltsame Dinge. Sie zupften an irgendwelchen Gegenständen herum, und seltsame Laute drangen an Sagoths Ohr, wie sie die Tiere von sich gäben, die da unter dem hohen Dach, welches nun finster war, herumschwebten. Sie sprangen umher und stopften sich Sachen in den Mund, die wieder anders waren als das grüne Zeug und die roten Kugeln.
Das Wesen, das Legion genannt wurde, nahm alles in sich auf und versuchte, es zu begreifen.
Von irgendwoher hörte er Musik.
Zunächst glaubte Gilfalas, einer Sinnestäuschung zu erliegen, aber tatsächlich drangen Töne an sein Ohr, eine ihm vertraute alte Weise der Elben, leicht und unbeschwert auf einer Laute gespielt. Dann fielen Stimmen in dieses Lied ein, um den Frühling zu besingen:
»Sín tu vinte, tírilinte,
Tíru valle, sinte, talle,
Taralei!
Ara vente, táve, lente,
Taratalle, síve, tinte,
Tandarei!
Alla lante, ráve, elle
An-tavante alta velle,
Tíridei!«
Die letzten beiden Strophen hatte Gilfalas mitgesungen und sich dabei erhoben. Das Lied hatte einen Hauch anders geklungen, als er es gewöhnt war, aber es waren ohne jeden Zweifel Elben, die da sangen, spielten und wahrscheinlich auch tanzten. Ihre Stimmen waren so glockenhell gewesen.
Es folgte ein Tanzlied für Flöten und Zimbeln, das zum Frühlingsfest erklang. Nun, hier war es Frühling, und so war es wohl recht und billig, dieses Stück zu spielen.
Deutlich konnte er zwischen zwei Baumgruppen Lichter erkennen, die im Wind schwankten, bunte Lampions, die für dieses Fest im Gezweig aufgehängt worden waren. Der Duft von Speisen drang zu ihm herüber, von der lauen Brise getragen. Er hörte Lachen und das Klingen von Gläsern.
Gilfalas beschleunigte seinen Schritt, um zu der Festgesellschaft zu stoßen. Fröhliches Stimmengemurmel in elbischer Sprache schallte ihm entgegen.
»Elei, noch ein Gast«, rief eine der farbenfroh gekleideten Gestalten, als Gilfalas entdeckt wurde. »Kommt her, wer immer Ihr seid. Esst, trinkt und tanzt mit uns. Es ist eine besondere Nacht.«
»Jede Nacht ist eine besondere Nacht«, wurde von anderswoher geantwortet. »Aber trotzdem, feiert mit uns.«
Gilfalas trat heran. Mit einem Male wurde ihm bewusst, wie er aussehen musste, müde und abgerissen, in einer seltsamen, unpassenden Kleidung mit einer viel zu kleinen Jacke – Magister Adrions Erbe –, die inzwischen an den Nähten aufgeplatzt war, und einer zerlumpten, von Riemen zusammengehaltenen Hose. Er kam sich grobschlächtig und linkisch vor. Dennoch ließ sich keiner der Feiernden etwas anmerken; ja, sie schienen überhaupt nicht darauf zu achten. Sofort wurde ihm ein gefüllter Teller gereicht, und gleich darauf hielt er auch einen geschliffenen Pokal mit funkelndem Wein in Händen.
»Gilfalas, zu Euren Diensten«, begrüßte der Elbe seine Gastgeber. »Kann mir einer sagen, wo ich hier bin? Wie komme ich zur nächsten Garnison der Legionen des Imperiums?«
Sein Gruß wurde erwidert, aber auf seine Fragen erntete er nur unverständiges Lachen.
Dann wandten sich die Übrigen wieder ihren Vergnügungen zu.
Gilfalas wusste nicht, wie ihm geschah. Keiner beachtete ihn mehr. Nur gelegentlich warf eine der Elbenmaiden ihm neugierige Blicke zu, um dann kichernd zu erröten. Der Elbe hatte sich an einen der Tische gesetzt, die man aufgestellt hatte. Er hatte beschlossen, seine Fragen, nachdem er gegessen hatte, nochmals zu stellen und sich nicht ohne eine Antwort abspeisen zu lassen.
Während Gilfalas aß, hatte er Gelegenheit, die Feiernden zu beobachten. Sie sangen und tanzten ausgelassen, spielten Fang-mich und benahmen sich alles in allem wie Kinder.
Gilfalas bemerkte zu seinem Erstaunen, dass ihn dieses kindische Verhalten ärgerte. Die
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