Die riskante Affaere
ich.«
»Ach ja.« Verblüfft legte Boyd den Kopf zur Seite. »Macht es Ihnen etwas aus, mir das ein bisschen näher zu erklären?«
»Was erwarten Sie von mir? Verdammt.« Jonah gab seiner Frustration nach und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.
»Als Sie mir diese Frage zum ersten Mal gestellt haben, in fast demselben Ton, waren Sie dreizehn. Damals hat Ihre Lippe auch geblutet.«
Jetzt hatte sich Jonah wieder voll unter Kontrolle. »Ich erinnere mich.«
»Da ich noch nie erlebt habe, dass Sie etwas vergessen, erinnern Sie sich bestimmt auch noch daran, was ich damals gesagt habe. Und ich werde es jetzt wieder sagen: Was erwarten Sie von sich selbst, Jonah?«
»Ich habe bekommen, was ich wollte. Ich führe ein Leben, das ich respektieren kann und das mir gefällt. Und ich weiß, wem ich dieses Leben zu verdanken habe, Fletch. Wem ich alles zu verdanken habe. Ohne Sie wäre ich mit Sicherheit nicht der, der ich heute bin. Sie haben mir Türen geöffnet, Sie haben mich angenommen, einfach so, ohne Grund.«
»He, Moment mal!« Aufrichtig entsetzt hielt Boyd eine Hand hoch. »Stopp.«
»Sie haben mein ganzes Leben verändert, Sie haben mir ein neues Leben geschenkt. Ich weiß sehr genau, wo ich ohne Sie heute wäre. Ich hatte kein Recht, aus der Bekanntschaft mit Ihnen noch einen weiteren Vorteil herauszuschinden.«
»Jetzt übertreiben Sie’s nicht, Jonah«, erwiderte Boyd ruhig. »Ich habe in Ihnen nur einen Straßenjungen mit guten Anlagen gesehen. Dem ich erst mal mächtig eingeheizt habe.«
In Jonahs Augen spiegelte sich seine ganze Gefühlsbewegung wider. »Sie haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin.«
»Oh nein, Jonah, nein. Das haben letzten Endes allein Sie gemacht. Obwohl ich natürlich stolz bin, etwas dazu beigetragen zu haben.«
Boyd sprang von der Werkbank herunter und begann auf und ab zu gehen. So gewann er etwas Zeit, um genauer herauszufinden, was gerade in ihm vorging. Er wusste nicht genau, was er sich von dieser Unterhaltung erwartet hatte, aber ganz sicher hatte er nicht damit gerechnet, innerlich derart aufgewühlt zu sein. Dass er sich wie ein Vater fühlte, der von seinem Sohn ein ihm sehr wertvolles Geschenk bekommt.
»Wenn Sie glauben, mir etwas schuldig zu sein, dann revanchieren Sie sich jetzt, indem Sie offen zu mir sind.« Er drehte sich zu Jonah um. »Haben Sie etwas mit Ally angefangen, weil sie meine Tochter ist?«
»Obwohl sie es ist«, stellte Jonah richtig. »Und irgendwann habe ich es wohl einfach vergessen. Andernfalls hätte ich mich nicht mit ihr eingelassen.«
Boyd nickte, zufrieden mit der Antwort. Der Junge leidet, dachte er. Obwohl Boyd nicht behaupten konnte, dass er übermäßiges Mitleid mit ihm hatte. »Erklären Sie mir, was Sie mit ›einlassen‹ meinen.«
»Um Himmels willen, Fletch.« Jonah trank erschrocken einen Schluck von seinem Bier.
»Das meine ich nicht«, wehrte Boyd eilig ab, bevor er sich selbst einen langen Schluck gönnte. »Darüber sollten wir besser nicht reden, es könnte in eine Schlägerei ausarten.«
»Alles klar. Gut.«
»Ich meine, was empfinden Sie für sie?«
»Ich mag sie.«
Boyd schwieg einen Herzschlag lang, nickte wieder. »Okay.«
Jonah fluchte. Obwohl Boyd ihn um Offenheit gebeten hatte, wich er ständig aus. »Also gut, ich liebe sie. Verdammt.« Er schloss die Augen, malte sich aus, wie er die Dose gegen die Wand warf. Metall klirrte, Bier spritzte … Es half nichts. »Es tut mir leid.« Jonah öffnete die Augen, fand – zumindest teilweise – sein seelisches Gleichgewicht wieder. »Offener geht’s wirklich nicht.«
»Ja, das würde ich auch so sehen.«
»Sie kennen mich. Sie können unmöglich der Meinung sein, dass ich gut genug für sie bin.«
»Das sind Sie natürlich nicht«, sagte Boyd, aber Jonah zuckte mit keiner Wimper. »Sie ist mein kleines Mädchen, Jonah. Kein Mann ist gut genug für sie. Doch da ich Sie kenne, würde ich sagen, dass Sie meinem Wunschbild ziemlich nahe kommen. Ich frage mich nur, warum Sie das überrascht.«
»Ich stecke bis über beide Ohren in Schwierigkeiten«, brummte Jonah. »Und es ist lange her, seit ich zum letzten Mal über beide Ohren in Schwierigkeiten gesteckt habe.«
»So etwas kann einem mit Frauen passieren. Und wenn man an die Richtige gerät, geht man unter und taucht nie wieder ganz auf. Sie ist schön, nicht wahr?«
»Ja. So schön, dass sie mich blendet.«
»Und darüber hinaus ist sie klug und stark und durchsetzungsfähig, Jonah
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