Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
trocken an, nicht ganz sicher, ob er mich verstehen würde.
Doch er verstand mich hervorragend und zog seine Pistole aus dem Gürtel. Maljok, dem schon beim Wort »Pistole« die Kinnlade heruntergefallen war, marschierte ungestüm auf Tom zu.
»Wow! Lass mal sehen!«, gurrte er mit leuchtenden Augen.
Timur und ich tauschten einen Blick aus.
»Du spinnst wohl, Kleiner, das ist kein Spielzeug für dich«, sagte Timur giftig.
Maljok hatte offenbar noch gar nicht registriert, dass sich Toms Pistole auch gegen ihn hätte richten können. Womöglich hielt er sich immer noch für einen Kämpfer der Insel Nr. 36?
»Wie kommt es, dass du mit denen zusammen bist?«, blaffte ich ihn an.
Er zuckte mit den Schultern. »Die Unseren haben sich im Keller versteckt, während Achmet mit seinen Leuten die Burg besetzt hat. Sie haben mich gefragt, warum ich im Kittchen sitze. Chris hat es ihnen offenbar nicht gesagt. Da habe ich ihnen eben irgendeine Geschichte erzählt. Sie haben sich kurz beraten und mir dann vorgeschlagen, auf ihre Seite zu wechseln. Na ja, und...«
»Jaja, ich habe schon verstanden«, polterte Timur. »Wenn Tolik oder Meloman so gehandelt hätten, wäre das in Ordnung gewesen. Aber du hättest die Bande auch allein erledigen können. Zumindest hättest du während der Nachtwache Achmet ins Jenseits befördern und die Unseren befreien können.«
Maljok schüttelte heftig den Kopf und grinste uns zufrieden und selbstsicher an.
»Hätte ich nicht! Ich habe das Kämpfen verlernt«, sagte er beinahe triumphierend.
Wenn Maljok uns nicht anlog, so hatte diese Veränderung bereits am zweiten oder dritten Tag nach seiner Enttarnung stattgefunden. Als er am Morgen in seinem Verlies aufwachte, hatte er eine merkwürdige Leere und ein beklemmendes Verlustgefühl in sich verspürt, so als ob er etwas sehr Wichtiges vergessen hätte. Was dahintersteckte, bemerkte er erst viel später, als er wieder ein Schwert zur Hand nahm und einige Hiebe simulierte. Er konnte sich zwar noch an die Bewegungsabläufe und Kampftechniken erinnern, aber die leichtfüßige Wendigkeit und Schnelligkeit, die ihn zu einem der besten Kämpfer auf den Inseln gemacht hatten, waren ihm abhandengekommen. Offensichtlich konnten die Außerirdischen Fähigkeiten, die sie einem verliehen hatten, auch wieder zurücknehmen.
Während Maljok uns dies alles erzählte, entfernten wir die Balken, mit denen das Kellergatter von außen verrammelt war. Dann stiegen wir die Treppe hinunter, hämmerten gegen die Kellertür und riefen nach unseren Freunden.
Endlich ertönte die gedämpfte Stimme von Chris: »Was wollt ihr?«
»Wir sind’s, macht auf!«, antwortete Timur lakonisch.
Rumpelnd wurden auf der anderen Seite die Barrikaden entfernt. Dann öffnete sich die Tür, in der mit misstrauischer Miene unser Kommandeur erschien. Er kniff die Augen zusammen, geblendet vom Licht unserer Fackel. Einen Augenblick lang musterte er Timur und mich, die Hand am Griff seines Schwerts. Dann lächelte er erleichtert und schloss uns beide gleichzeitig in die Arme. Timur stieß einen Schmerzensseufzer aus, da Chris direkt in seinen zerfetzten Arm gegriffen hatte.
»Ich wusste, dass ihr zurückkommt. Deswegen haben wir auch ausgeharrt.«
Wir traten in den Kellerraum, wo sich hinter Chris Tolik, Meloman, Ilja, Rita und Tanja drängten.
Iljas linker Arm war vollständig verbunden und hing in einer Schlinge, während Melomans rechte Hand bis zu den Fingerspitzen in einem dicken Verband steckte.
Als er meinen fragenden Blick auffing, sagte er seufzend: »Ich musste einen Schwerthieb abwehren - mit der Hand.« Völlig übergangslos fügte er empört hinzu: »Und seit einem Tag sind die Akkus von meinem Disc-Man leer. Wir haben zwar ein Feuer gemacht, aber damit funktioniert das Aufladen nicht.«
Lediglich Tolik trug keinerlei Verband. Als ich jedoch sein Gesicht sah, seine weißen, zerbissenen Lippen und seinen kalten, bösen Blick, war mir schlagartig klar, dass auch er eine Rechnung offen hatte. Die Rache wird fürchterlich, dachte ich.
»Wo ist denn Sershan, der alte Nörgler?«, fragte ich launig und hoffte, Tolik damit ein wenig aufmuntern zu können. Doch im selben Moment begriff ich, dass ich die falsche Frage gestellt hatte.
»Den haben sie als Ersten getötet.«
Toliks Stimme war genauso böse und kalt wie sein Blick. Meine Hände begannen zu zittern, und mit diesem Zittern stieg eine lähmende Verbitterung in mir auf. Sershan, der alte Streithahn und
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