Die Ritter des Nordens
schien enttäuscht von mir und schüttelte den Kopf. »Da habt Ihr wieder mal Glück gehabt. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich Euch aus dem Schlamassel ziehen muss. Wie kommt es eigentlich, dass Ihr immer dort anzutreffen seid, wo es gerade Streit gibt?«
»Es war nicht meine Schuld, Mylord.«
»Das sagt Ihr doch jedes Mal.« Seine Stimme klang kalt und todernst. Offenbar war er verärgert, obwohl ich nicht ganz verstand, warum. Schließlich war weder Blut geflossen noch ein Unrecht geschehen. Allenfalls war Berengar in seinem Stolz gekränkt, obwohl es damit ja ohnehin nicht weit her war.
»Was wollt Ihr damit sagen?«, fragte ich, weil ich mich angegriffen fühlte.
Er ging auf meine Frage nicht direkt ein, sondern sagte: »Diese Fehde führt zu nichts Gutem. Das muss jetzt aufhören, und zwar nicht, indem einer von Euch das Messer des anderen in den Rücken bekommt. Glaubt mir: Wenn Ihr diese Sache nicht in Ordnung bringt, macht Ihr alles nur noch schlimmer. Ich erlebe so etwas nicht zum ersten Mal.«
»Mag sein.« Trotzdem verspürte ich wenig Neigung, mich mit Berengar zu arrangieren, vor allem da er den ganzen Streit ja angezettelt hatte. Natürlich hatte ich mir im Laufe der Jahre auch schon andere Leute zum Feind gemacht, aber solch eine offene Feindseligkeit hatte ich noch nie erlebt.
»Wenn Ihr schon einen Feind braucht, dann sucht Euch gefälligst einen aus, der halbwegs berechenbar ist. Warum gebt Ihr Euch überhaupt mit diesem launischen Kerl ab? Der Mann ist doch so von Hass erfüllt, dass er vor nichts zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen.«
»Falls er mir wieder in die Quere kommt, werde ich ihn in die Schranken weisen«, sagte ich.
»Meint Ihr, so wie heute?«
Ich hatte keine Lust, seine Frage zu beantworten. Berengar hatte doch nur Glück gehabt. Wenn mir nicht dieses Ochsengespann in die Quere gekommen wäre oder wenn ich wenigstens das Brett rechtzeitig gesehen hätte, hätte er nie eine Chance bekommen, mich zu töten.
»Egal, was er ausheckt, ich bin bereit«, sagte ich.
Robert seufzte. »Tut, was Ihr nicht lassen könnte, Tancred. Aber ich warne Euch. Wenn Ihr dieses Zerwürfnis nicht in Ordnung bringt – und zwar egal, wie – werdet Ihr am Ende so oder so selbst der Leidtragende sein. Wenn nicht jetzt, dann später.«
Ja, vielleicht später, dachte ich. Später, das konnte alles bedeuten: Wochen, Monate, Jahre, und bis dahin konnten mich auch andere Schicksalschläge treffen, nicht nur Berengars Schwert. Außerdem glaubte ich nicht, dass er die Geduld aufbringen würde, so lange zu warten. Eher würde er bald genug von mir haben und sich jemand anderen suchen, den er belästigen konnte.
Dann richtete Robert den Blick auf Byrhtwald; der Engländer massierte sich immer noch die Schulter, an der ihn Berengars Mann festgehalten hatte. Er schien ziemlich erledigt, war aber offenbar unverletzt geblieben.
»Wer ist das?«, fragte Robert.
Ich nannte ihm den Namen des Engländers. »Ein Freund«, fügte ich dann noch hinzu. »Er besucht uns alle paar Monate in Earnford und hat außer seinen Waren meist auch gute Geschichten im Angebot.«
»Und er zahlt für beides sehr gut«, sagte Byrhtwald lächelnd. »Ihr müsst Tancreds Lehnsherr sein, der Sohn des edlen und berühmten Guillaume Malet.«
»Ganz recht«, sagte Robert, ohne dem Engländer die Hand zu reichen. Wahrscheinlich wusste er nicht recht, ob dessen Lob ernst gemeint war oder ob der Mann sich nur über ihn lustig machen wollte. Tatsächlich hatte Byrthwald einen etwas seltsamen Humor, den auch ich nicht immer verstand, obwohl ich den Engländer inzwischen recht gut kannte.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich ihn und wechselte rasch das Thema, um einen weiteren Streit zu vermeiden.
»Ja, ich bin noch ganz, wenn Ihr das meint«, sagte der Hausierer. »Nur ein paar blaue Flecken, trotzdem wird mir meine Frau deswegen sicher wieder eine Szene machen. Wäre nicht das erste Mal. Sie bekommt jedes Mal richtig Angst, wenn sie hört, dass ich in einen Streit geraten bin. Sie findet nämlich, dass ich für so was inzwischen zu alt bin.«
»Da könnte sie recht haben«, sagte ich. »Aber heute hast du ihren Rat ja beherzigt. Wenigstens bist du vorhin ganz schön schnell gelaufen.«
»Ich dachte, dass Ihr sicher auch ohne mich zurechtkommt und dass ich Euch bloß im Weg stehe. Ich wollte Euch doch nicht den Spaß verderben.«
»Wenn du meinen Rat hören willst, Engländer«, unterbrach ihn Robert, »ich an deiner Stelle
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