Die Ritter des Nordens
Reihe scharf ab und blieb gerade lange genug stehen, um einen niedrigen Tisch umzuwerfen, auf dem mehrere offene Körbe mit Aalen und anderen Fischen standen.
Als ich überlegte, wo Byrhtwald geblieben sein mochte, hörte ich seine Stimme. Er stand ein Stück die Straße aufwärts und rief nach mir. Während Berengar und seine Mannen noch mit dem umgestürzten Tisch und den zappelnden Fischen beschäftigt waren, rannte ich schon wieder hinter dem Hausierer her. Für einen Mann seines Alters und seiner Statur war er noch erstaunlich flink auf den Beinen und schlängelte sich sehr geschickt zwischen den Ständen und Marktbesuchern hindurch. Dann tauchte ein Stück weiter vorne die Werkstatt des Hufschmieds auf, aus der dichter weißer Rauch ins Freie quoll.
»Hier entlang!«, sagte Byrhtwald, bevor er in die Rauchwolke eintauchte und dann in einer Gasse zwischen Schmiede und Gerberei verschwand.
Ich rannte hustend und keuchend hinter ihm her und versuchte, mein Gesicht notdürftig vor dem Rauch zu schützen. Meine Augen brannten, doch dann war ich auch schon auf der anderen Seite …
… und kollidierte geradewegs mit einem Ochsengespann, das einen mit Holz beladenen Wagen durch die Gasse zog. Das Tier, mit dem ich zusammengestoßen war, schnaubte unwillig, und der Besitzer beschimpfte mich mit Worten, die ich nicht verstand. Leider blieb mir keine Zeit, mich bei dem Mann zu entschuldigen, obwohl mir sogar spontan die richtigen englischen Worte einfielen. Als der erste Schreck verflogen war, drehte ich mich abrupt um und rannte wieder los, prallte dabei aber mit dem Kopf gegen ein Brett, das seitlich aus dem Wagen ragte. Ich fluchte vor Schmerz, verlor auf dem weichen Boden den Halt unter den Füßen und lag plötzlich bäuchlings in Matsch und Viehdung. Dickes warmes Blut lief mir über die Stirn und dann zwischen den Augen hindurch an der Nase entlang. Ich war benommen und wusste nicht recht, was passiert war. Als ich vorsichtig mein Gesicht betastete, sah ich, dass meine Finger blutverschmiert waren.
Dann tauchten in der Rauchwolke vor mir mehrere schemenhafte Gestalten auf. Der Mann mit dem Ochsengespann hatte angehalten, wurde jedoch barsch angewiesen, augenblicklich weiterzufahren. Dann näherte sich mir eine der Gestalten, doch ich wusste nicht, wen ich vor mir hatte. Zuerst dachte ich, dass der Hausierer noch einmal umgekehrt war, um mich zu holen, doch dann stand die Gestalt direkt vor mir, und ich blickte dem Mann direkt ins Gesicht, ein von Wut und Hass entstelltes Gesicht.
Berengar. Er stand mit dem Schwert in der Hand drohend über mir. Die Spitze der Klinge war auf meine Brust gerichtet. Aber ich hätte ohnehin nicht aufstehen können, dazu war ich noch viel zu benommen. Ich hatte höllische Kopfschmerzen und spürte schon, dass sich auf meiner Stirn eine dicke Beule bildete. Das Schwert war mir bei meinem Sturz aus der Hand geglitten und lag mehr als eine Armlänge von mir entfernt in einer Pfütze. Unmöglich, die Waffe schnell genug zu erreichen, um noch etwas gegen Berengar auszurichten.
»So gefällt es mir: der große Tancred a Dinant endlich vor mir im Dreck.« Er spuckte mir ins Gesicht, doch ich konnte die Augen noch zumachen und den Kopf zur Seite drehen, sodass mich der Schleim nur an der Wange traf. »Habt Ihr mir etwas zu sagen?«
»Nur, dass Ihr es mit meinen Männern zu tun bekommt, wenn Ihr mich jetzt erstecht«, sagte ich wesentlich selbstbewusster, als ich es nach Lage der Dinge eigentlich hätte sein dürfen. »Wenn sie erfahren, was Ihr hier getan habt, jagen sie Euch wie den räudigen Köter, der Ihr seid. Und wenn sie Euch erst haben, knüpfen sie Euch am nächsten Baum auf, reißen Euch die Eingeweide aus dem Leib und lassen Euch zappeln, während sie Eure Innereien vor Eurer Nase rösten. Und dann …«
»Schnauze!« Er berührte mit der Schwertspitze meinen Hals, und ich spürte den kalten Stahl auf der Haut. »Vor Euren Männern habe ich genauso wenig Angst wie vor Euch.« Doch das Zittern in seiner Stimme verriet seine Unsicherheit.
»Und was ist mit Fitz Osbern?«, fragte ich, um ihn abzulenken und zugleich die Ruhe zu bewahren. Ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. »Er wird nicht gerade begeistert sein, wenn er hört, dass Ihr hier auf der Straße Blut vergießt.«
Die Verzweiflung packte mich, und ich hoffte inständig, dass wenigstens Byrhtwald entkommen war und Hilfe holte. Doch dann sah ich, dass einer von Berengars Leuten – ein gewisser Frederic, wie
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