Die Ritter des Nordens
garantieren. Die Wahl liegt ganz bei Euch.«
Er legte die rechte Hand auf den Schwertknauf und schnippte mit den Fingern seiner Linken seinen Freunden zu. Die Männer stiegen ab, zogen ihre Klingen und bildeten einen Halbkreis um Byrhtwald und mich. Der Karren stand jetzt hinter uns, wo Cwylmend immer noch friedlich von ihrem Heu fraß.
»Ob das klug war, Mylord?«, sagte Byrhtwald.
Die Bemerkung hätte er sich sparen können. »Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
Darauf fiel ihm keine Antwort ein. An seinem Gürtel hing ein langes Jagdmesser. Ich hatte den Engländer noch nie kämpfen sehen und wusste folglich nicht, wie gut er sich auf den Umgang mit seiner Klinge verstand. Doch solange er nicht über geradezu übermenschliche Fähigkeiten verfügte, hatten wir gegen fünf Männer zu zweit ohnehin keine Chance. Im Übrigen war er ziemlich blass um die Nase, was meinen Optimismus nicht unbedingt beflügelte. Wenn Berengar mich wirklich umbringen wollte, würde sich ihm dazu kaum noch einmal eine solche Chance bieten. Trotzdem konnte ich nicht einfach klein beigeben und den Hausierer seinem Schicksal überlassen, zumal ich nicht einmal davon überzeugt war, dass Berengar Wort halten und mich am Ende verschonen würde, falls ich vor ihm kuschte. Nicht nach unseren bisherigen Begegnungen.
»Sagt Euren Männern, sie sollen die Waffen wieder einstecken«, sagte ich zu ihm und hoffte inständig, dass er nichts von meiner Angst mitbekam. »Wir zwei können das auch unter uns regeln.«
Seine Finger krümmten sich um das Heft. »Dazu ist es jetzt zu spät. Ihr habt versucht, mich vor meinen Männern zu entehren, sonst wäre es ja gar nicht so weit gekommen.«
»Ich – Euch entehrt?«, sagte ich. »Aber Ihr habt diesen Streit doch angefangen. Ihr wart es doch, der …«
Bevor ich den Satz beenden konnte, hatte er das Schwert schon gezogen. Bevor ich wusste, wie mir geschah, stieß er einen lauten Schrei aus und fuchtelte mir mit der Klinge vor der Nase herum. Ich konnte gerade noch zur Seite hechten, bevor das Schwert direkt neben mir die Luft durchschnitt und dann in Byrhtwalds Karren stecken blieb. Während Berengar verzweifelt versuchte, sein Schwert aus dem Holz herauszuziehen, rappelte ich mich wieder hoch und konnte gerade noch rechtzeitig die Klinge ziehen, um den Schlag eines seiner Männer zu parieren, dessen Waffe laut klirrend auf meine traf. Ich drückte seine Klinge nach unten weg, machte gleichzeitig einen Ausfallschritt und rammte ihm meine freie Hand ins Gesicht. Er verlor das Gleichgewicht, stolperte seitlich über das Bänkchen mit den Ölgefäßen und landete rücklings im Dreck. Blut tropfte ihm vom Kinn.
Bevor der Mann wieder aufstehen oder einer der anderen die Waffe gegen mich erheben konnte, rannte ich auf die andere Seite des Karrens. Oben auf der Plane hatte Byrhtwald diverse Kupfertöpfe abgestellt. Ich schnappte mir einen davon und versuchte Berengar, der sich zähneknirschend und mit rotem Kopf immer noch mit seinem Schwert abmühte, damit am Kopf zu treffen. Doch er bückte sich rechtzeitig, und der Topf segelte haarscharf an seinem Kopf vorbei und fiel krachend zu Boden. Er ließ sein Schwert, wo es war, zog sein Messer und rannte auf der einen Seite um den Wagen herum, während zwei seiner Kumpane von der anderen Seite kamen.
Da ich wusste, dass ich mich unmöglich gegen alle drei gleichzeitig behaupten konnte, ergriff ich die Flucht. Auf der anderen Seite der Verkaufsstände mündeten mehrere Seitenstraßen und kleine Gassen auf den Marktplatz. Ich entschied mich für eine davon und drängte mich eilig zwischen den Leuten hindurch, die mir im Weg standen, während ich gleichzeitig versuchte, nicht über die Kisten und Fässer am Boden zu stolpern. Ein paar Hühner flatterten auf, sodass zahlreiche Federn in die Luft stoben. Ringsum fingen Männer und Frauen an zu kreischen. Dann hörte ich hinter mir einen Schrei; als ich über die Schulter blickte, sah ich, wie Berengar und seine Leute eine junge Frau beiseiteschoben. Etliche Marktleute und ihre Kunden suchten hinter Karren oder Verkaufsständen Zuflucht, während andere angesichts der blitzenden Klingen davonrannten und ihre Waren und Tiere einfach im Stich ließen.
Berengar forderte die Leute lautstark auf, mich festzuhalten, doch die dachten natürlich gar nicht daran, ihr Leben für etwas aufs Spiel zu setzen, womit sie überhaupt nichts zu schaffen hatten. Ich lief zwischen den Verkaufsständen hindurch, bog am Ende der
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