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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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wohin reiten wir?«
    Aber Dyfnwal hatte genug von meinen Fragen; er gab mir einen Schlag zwischen die Schulterblätter, um mir zu signalisieren, dass ich gefälligst den Mund halten und weitergehen sollte. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich denken sollte. Seit Wochen hatte ich immer wieder gehört, dass Eadric mit den Walisern verbündet sei und dass beide Seiten sich sogar durch Eide aneinandergebunden hatten. Und nun sah es plötzlich so aus, als ob dieses Bündnis längst nicht so eng war, wie ich vermutet hatte. Was Dyfnwal über Eadric gesagt hatte, klang jedenfalls, als ob die Waliser den Mann nicht besonders schätzten.
    In den folgenden Stunden konnte ich nichts weiter aus Dyfnwal herausbringen. Später gaben mir die Männer wenigstens ein Stück Brot und einen Schluck Ale. Das reichte zwar nicht, um meinen Hunger und Durst zu stillen, war aber besser als gar nichts. Also aß und trank ich ohne Murren.
    So zogen wir fast zwei Tage durch Täler und dichte Wälder, ohne unterwegs einem einzigen Menschen zu begegnen. Die Waliser hatten mir die Schuhe weggenommen; wahrscheinlich trug sie jetzt einer von ihnen. Meine nackten Füße waren geschwollen, zerkratzt und an manchen Stellen blutig verletzt, sodass jeder Schritt eine Qual war. Als ich wieder einmal darüber nachdachte, wie weit der Weg noch sein mochte, sah ich vor uns eine Hügelkette, die mir irgendwie bekannt vorkam. Und dann wusste ich plötzlich wieder, wo wir waren.
    Kurz darauf kamen wir auf einem Hügel an, und ich sah unter uns das Ziel: eine mit hohen Mauern und stabilen Palisaden bewehrte Festung. Die Anlage war auf einer Seite durch einen Fluss gesichert, auf den übrigen drei Seiten durch einen tiefen Graben. Als wir näher kamen, sah ich, dass über dem Tor mehrere abgeschnittene Menschenköpfe angebracht waren – nach den kurzgeschnittenen Haaren und den glattrasierten Wangen zu urteilen, Franzosen. Daneben hatten die Waliser Maredudds und Ithels zerfetzte Schlangenflagge an einen Balken genagelt. Noch vor wenigen Tagen hatten die beiden davon geträumt, die Festung anzugreifen und ihre Flagge an der Burg der Männer aufzupflanzen, die ihnen den Thron geraubt hatten. Doch das war jetzt Vergangenheit. Und nun war ich an diesen Ort zurückgekehrt, doch nicht etwa an der Spitze einer Armee, sondern als Gefangener.
    Ich war wieder in Mathrafal.

Zweiundzwanzig
    •
    D ie Männer führten mich durch einen weiträumigen Hof, der seitlich von Flechtzäunen und Lehmhütten gesäumt wurde, zu einem leerstehenden Lagerhaus. Es roch nach Holzkohle und Fisch, weshalb ich vermutete, dass sich die Küchen in der Nähe befinden mussten. Bevor sie mich dort allein ließen, fesselten sie mich noch an Händen und Füßen und banden mich dann an einer Eisenstange fest, die in die Mauer eingelassen war.
    Robert und seine Begleiter mussten nach meinen Schätzungen mittlerweile die großen Hügel erreicht haben. Bis zur Ankunft in Eoferwic lagen jetzt noch einige anstrengende Tage vor ihnen. Denkbar war aber auch, dass sie die Reiseroute inzwischen geändert hatten, weil sie von dem Vormarsch der Northumbrier erfahren hatten. Wahrscheinlich hielten sie mich für tot, und vielleicht würde ich auch selbst schon bald den Tod herbeisehnen, wenn Eadric auftauchen und mich an den Ætheling ausliefern sollte.
    Im Übrigen waren Robert und seine Begleiter gewiss nicht die Einzigen, die Grund hatten, sich wegen ihrer ungewissen Zukunft Sorgen zu machen. Sooft ich an Leofrun daheim in Earnford dachte, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich träumte davon, sie in den Armen zu halten, mit ihr in unserer Kammer auf der mit Federn gefüllten Matratze zu liegen. Ich sah ihr Gesicht vor mir: ihre rosa Wangen mit den hübschen Grübchen, ihre Ohren, die sie selbst für zu groß erachtete, ihr volles kastanienbraunes Haar, das ihr in üppigen Wellen über die Schultern fiel, wenn sie ihre Zöpfe löste. Bereits im zarten Alter von siebzehn Sommern war sie die wundervollste und sanftmütigste Frau, die ich je gekannt hatte. Und zudem war sie mir seit dem Tag, da ich sie zum ersten Mal gesehen, sie einem Sklavenhändler abgekauft und mit nach Earnford genommen hatte, in unverbrüchlicher Treue ergeben.
    Earnford, mein Zuhause. Aber meine Liebe galt dort nicht etwa nur der stattlichen Halle, sondern vor allem den Menschen, die dort lebten: dem weisen Father Erchembald, der mir genau wie Leofrun einige Brocken Englisch beigebracht hatte; ferner Ædda, der inzwischen trotz

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